beiderlei Jenseitigkeit, in der innerlichen und äußerlichen, zu¬ gleich: denn der "Geist Gottes" ist nach christlicher Anschau¬ ung auch "Unser Geist" und "wohnet in Uns". *)Er wohnt im Himmel und wohnt in Uns; Wir armen Dinger sind eben nur seine "Wohnung", und wenn Feuerbach noch die himmlische Wohnung desselben zerstört, und ihn nöthigt, mit Sack und Pack zu Uns zu ziehen, so werden Wir, sein irdisches Logis, sehr überfüllt werden.
Doch nach dieser Ausschweifung, die Wir Uns, gedächten Wir überhaupt nach dem Schnürchen zu gehen, auf spätere Blätter hätten versparen müssen, um eine Wiederholung zu vermeiden, kehren Wir zur ersten Schöpfung des Geistes, dem Geiste selbst, zurück.
Der Geist ist etwas anderes als Ich. Dieses Andere aber, was ist's?
§ 2. Die Besessenen.
Hast Du schon einen Geist gesehen? "Nein, Ich nicht, aber Meine Großmutter." Siehst Du, so geht Mir's auch: Ich selbst habe keinen gesehen, aber Meiner Großmutter liefen sie aller Wege zwischen die Beine, und aus Vertrauen zur Ehr¬ lichkeit Unserer Großmutter glauben Wir an die Existenz von Geistern.
Aber hatten Wir denn keine Großväter, und zuckten die nicht jederzeit die Achseln, so oft die Großmutter von ihren Gespenstern erzählte? Ja, es waren das ungläubige Männer und die Unserer guten Religion viel geschadet haben, diese Auf¬
*) Z. B. Römer 8, 9; 1 Corinther 3, 16; Johannes 20, 22 und un¬ zählige andere Stellen.
beiderlei Jenſeitigkeit, in der innerlichen und äußerlichen, zu¬ gleich: denn der „Geiſt Gottes“ iſt nach chriſtlicher Anſchau¬ ung auch „Unſer Geiſt“ und „wohnet in Uns“. *)Er wohnt im Himmel und wohnt in Uns; Wir armen Dinger ſind eben nur ſeine „Wohnung“, und wenn Feuerbach noch die himmliſche Wohnung deſſelben zerſtört, und ihn nöthigt, mit Sack und Pack zu Uns zu ziehen, ſo werden Wir, ſein irdiſches Logis, ſehr überfüllt werden.
Doch nach dieſer Ausſchweifung, die Wir Uns, gedächten Wir überhaupt nach dem Schnürchen zu gehen, auf ſpätere Blätter hätten verſparen müſſen, um eine Wiederholung zu vermeiden, kehren Wir zur erſten Schöpfung des Geiſtes, dem Geiſte ſelbſt, zurück.
Der Geiſt iſt etwas anderes als Ich. Dieſes Andere aber, was iſt's?
§ 2. Die Beſeſſenen.
Haſt Du ſchon einen Geiſt geſehen? „Nein, Ich nicht, aber Meine Großmutter.“ Siehſt Du, ſo geht Mir's auch: Ich ſelbſt habe keinen geſehen, aber Meiner Großmutter liefen ſie aller Wege zwiſchen die Beine, und aus Vertrauen zur Ehr¬ lichkeit Unſerer Großmutter glauben Wir an die Exiſtenz von Geiſtern.
Aber hatten Wir denn keine Großväter, und zuckten die nicht jederzeit die Achſeln, ſo oft die Großmutter von ihren Geſpenſtern erzählte? Ja, es waren das ungläubige Männer und die Unſerer guten Religion viel geſchadet haben, dieſe Auf¬
*) Z. B. Römer 8, 9; 1 Corinther 3, 16; Johannes 20, 22 und un¬ zählige andere Stellen.
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beiderlei Jenſeitigkeit, in der innerlichen und äußerlichen, zu¬
gleich: denn der „Geiſt Gottes“ iſt nach chriſtlicher Anſchau¬
ung auch „Unſer Geiſt“ und „wohnet in Uns“. *)Er wohnt
im Himmel und wohnt in Uns; Wir armen Dinger ſind
eben nur ſeine „Wohnung“, und wenn Feuerbach noch die
himmliſche Wohnung deſſelben zerſtört, und ihn nöthigt, mit
Sack und Pack zu Uns zu ziehen, ſo werden Wir, ſein irdiſches
Logis, ſehr überfüllt werden.
Doch nach dieſer Ausſchweifung, die Wir Uns, gedächten
Wir überhaupt nach dem Schnürchen zu gehen, auf ſpätere
Blätter hätten verſparen müſſen, um eine Wiederholung zu
vermeiden, kehren Wir zur erſten Schöpfung des Geiſtes, dem
Geiſte ſelbſt, zurück.
Der Geiſt iſt etwas anderes als Ich. Dieſes Andere
aber, was iſt's?
§ 2. Die Beſeſſenen.
Haſt Du ſchon einen Geiſt geſehen? „Nein, Ich nicht, aber
Meine Großmutter.“ Siehſt Du, ſo geht Mir's auch: Ich
ſelbſt habe keinen geſehen, aber Meiner Großmutter liefen ſie
aller Wege zwiſchen die Beine, und aus Vertrauen zur Ehr¬
lichkeit Unſerer Großmutter glauben Wir an die Exiſtenz von
Geiſtern.
Aber hatten Wir denn keine Großväter, und zuckten die
nicht jederzeit die Achſeln, ſo oft die Großmutter von ihren
Geſpenſtern erzählte? Ja, es waren das ungläubige Männer
und die Unſerer guten Religion viel geſchadet haben, dieſe Auf¬
*)
Z. B. Römer 8, 9; 1 Corinther 3, 16; Johannes 20, 22 und un¬
zählige andere Stellen.
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Stirner, Max: Der Einzige und sein Eigenthum. Leipzig, 1845, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stirner_einzige_1845/53>, abgerufen am 21.12.2024.
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