Diese letzte Anwendung erhielt die größte Ausdehnung und Mannichfaltigkeit, als das Christenthum zur Ober- herrschaft gelangte. Das so ausgebildete Rechtsinstitut erhielt in den Germanischen Staaten nicht nur Fortdauer, sondern selbst weitere Entwicklung, da ihm hier, bey dem loseren Staatsverband, die entschiedene Neigung der Na- tionen zu willkührlichen Vereinen aller Art entgegen kam. In neueren Zeiten hat das Uebergewicht centraler Staats- gewalt die Corporationen wieder mehr in den Hintergrund gedrängt, wie dieses schon oben (§ 86) an dem Beyspiel der Universitäten bemerkt worden ist; doch ist das Wesen der juristischen Personen dadurch nicht verändert worden.
Nach dieser vorläufigen Uebersicht sollen nunmehr die wichtigsten Fälle der im Römischen Recht vorkommenden juristischen Personen zusammen gestellt werden.
I.Gemeinden.
Ganz Italien, seitdem es unter Römischer Herrschaft stand, zerfiel in eine große Anzahl von Stadtgebieten, so daß Städte lange Zeit die einzigen selbstständigen Gemein- den waren. Alle diese Städte wurden zugleich als wirk- liche Staaten gedacht, nur von Rom abhängig; ja viele derselben (die Municipien) waren früher unabhängig ge- wesen, und erst später in diese Abhängigkeit gekommen. Diese Ansicht der Städte ist unsrem heutigen Recht im Ganzen fremd, und kommt nur in seltenen Ausnahmen vor. -- Aus den Rechtsquellen sind dafür folgende Aus- drücke zu bemerken.
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. II. Perſonen.
Dieſe letzte Anwendung erhielt die größte Ausdehnung und Mannichfaltigkeit, als das Chriſtenthum zur Ober- herrſchaft gelangte. Das ſo ausgebildete Rechtsinſtitut erhielt in den Germaniſchen Staaten nicht nur Fortdauer, ſondern ſelbſt weitere Entwicklung, da ihm hier, bey dem loſeren Staatsverband, die entſchiedene Neigung der Na- tionen zu willkührlichen Vereinen aller Art entgegen kam. In neueren Zeiten hat das Uebergewicht centraler Staats- gewalt die Corporationen wieder mehr in den Hintergrund gedrängt, wie dieſes ſchon oben (§ 86) an dem Beyſpiel der Univerſitäten bemerkt worden iſt; doch iſt das Weſen der juriſtiſchen Perſonen dadurch nicht verändert worden.
Nach dieſer vorläufigen Ueberſicht ſollen nunmehr die wichtigſten Fälle der im Römiſchen Recht vorkommenden juriſtiſchen Perſonen zuſammen geſtellt werden.
I.Gemeinden.
Ganz Italien, ſeitdem es unter Römiſcher Herrſchaft ſtand, zerfiel in eine große Anzahl von Stadtgebieten, ſo daß Städte lange Zeit die einzigen ſelbſtſtändigen Gemein- den waren. Alle dieſe Städte wurden zugleich als wirk- liche Staaten gedacht, nur von Rom abhängig; ja viele derſelben (die Municipien) waren früher unabhängig ge- weſen, und erſt ſpäter in dieſe Abhängigkeit gekommen. Dieſe Anſicht der Städte iſt unſrem heutigen Recht im Ganzen fremd, und kommt nur in ſeltenen Ausnahmen vor. — Aus den Rechtsquellen ſind dafür folgende Aus- drücke zu bemerken.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0262"n="248"/><fwplace="top"type="header">Buch <hirendition="#aq">II.</hi> Rechtsverhältniſſe. Kap. <hirendition="#aq">II.</hi> Perſonen.</fw><lb/><p>Dieſe letzte Anwendung erhielt die größte Ausdehnung<lb/>
und Mannichfaltigkeit, als das Chriſtenthum zur Ober-<lb/>
herrſchaft gelangte. Das ſo ausgebildete Rechtsinſtitut<lb/>
erhielt in den Germaniſchen Staaten nicht nur Fortdauer,<lb/>ſondern ſelbſt weitere Entwicklung, da ihm hier, bey dem<lb/>
loſeren Staatsverband, die entſchiedene Neigung der Na-<lb/>
tionen zu willkührlichen Vereinen aller Art entgegen kam.<lb/>
In neueren Zeiten hat das Uebergewicht centraler Staats-<lb/>
gewalt die Corporationen wieder mehr in den Hintergrund<lb/>
gedrängt, wie dieſes ſchon oben (§ 86) an dem Beyſpiel<lb/>
der Univerſitäten bemerkt worden iſt; doch iſt das Weſen<lb/>
der juriſtiſchen Perſonen dadurch nicht verändert worden.</p><lb/><p>Nach dieſer vorläufigen Ueberſicht ſollen nunmehr die<lb/>
wichtigſten Fälle der im Römiſchen Recht vorkommenden<lb/>
juriſtiſchen Perſonen zuſammen geſtellt werden.</p><lb/><divn="4"><head><hirendition="#aq">I.</hi><hirendition="#g">Gemeinden</hi>.</head><lb/><p>Ganz Italien, ſeitdem es unter Römiſcher Herrſchaft<lb/>ſtand, zerfiel in eine große Anzahl von Stadtgebieten, ſo<lb/>
daß Städte lange Zeit die einzigen ſelbſtſtändigen Gemein-<lb/>
den waren. Alle dieſe Städte wurden zugleich als wirk-<lb/>
liche Staaten gedacht, nur von Rom abhängig; ja viele<lb/>
derſelben (die Municipien) waren früher unabhängig ge-<lb/>
weſen, und erſt ſpäter in dieſe Abhängigkeit gekommen.<lb/>
Dieſe Anſicht der Städte iſt unſrem heutigen Recht im<lb/>
Ganzen fremd, und kommt nur in ſeltenen Ausnahmen<lb/>
vor. — Aus den Rechtsquellen ſind dafür folgende Aus-<lb/>
drücke zu bemerken.</p><lb/></div></div></div></div></body></text></TEI>
[248/0262]
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. II. Perſonen.
Dieſe letzte Anwendung erhielt die größte Ausdehnung
und Mannichfaltigkeit, als das Chriſtenthum zur Ober-
herrſchaft gelangte. Das ſo ausgebildete Rechtsinſtitut
erhielt in den Germaniſchen Staaten nicht nur Fortdauer,
ſondern ſelbſt weitere Entwicklung, da ihm hier, bey dem
loſeren Staatsverband, die entſchiedene Neigung der Na-
tionen zu willkührlichen Vereinen aller Art entgegen kam.
In neueren Zeiten hat das Uebergewicht centraler Staats-
gewalt die Corporationen wieder mehr in den Hintergrund
gedrängt, wie dieſes ſchon oben (§ 86) an dem Beyſpiel
der Univerſitäten bemerkt worden iſt; doch iſt das Weſen
der juriſtiſchen Perſonen dadurch nicht verändert worden.
Nach dieſer vorläufigen Ueberſicht ſollen nunmehr die
wichtigſten Fälle der im Römiſchen Recht vorkommenden
juriſtiſchen Perſonen zuſammen geſtellt werden.
I. Gemeinden.
Ganz Italien, ſeitdem es unter Römiſcher Herrſchaft
ſtand, zerfiel in eine große Anzahl von Stadtgebieten, ſo
daß Städte lange Zeit die einzigen ſelbſtſtändigen Gemein-
den waren. Alle dieſe Städte wurden zugleich als wirk-
liche Staaten gedacht, nur von Rom abhängig; ja viele
derſelben (die Municipien) waren früher unabhängig ge-
weſen, und erſt ſpäter in dieſe Abhängigkeit gekommen.
Dieſe Anſicht der Städte iſt unſrem heutigen Recht im
Ganzen fremd, und kommt nur in ſeltenen Ausnahmen
vor. — Aus den Rechtsquellen ſind dafür folgende Aus-
drücke zu bemerken.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840/262>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.