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Salzmann, Christian Gotthilf: Ueber die heimlichen Sünden der Jugend. Leipzig, 1785.

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Zu den entferntern Ursachen rechne ich
zuerst das Klosterleben, das sonst so hoch
gepriesen wurde, und noch itzo in manchen
Provinzen eine gewisse Würde behauptet.
Der Römische Bischof, der viele Jahrhun-
derte lang der maechtige Beförderer der Un-
wissenheit, Dummheit und des Aberglau-
bens, war, der Hass und Verfolgung den
Christen predigte, machte auch die wirk-
samsten Anstalten, die Christenheit anzuwei-
sen, alle Arten viehischer Ausschweifungen
zu erfinden und auszuüben. Denn er be-
fahl denen, die nach Heiligkeit strebten, den
Müssiggang, verbot ihnen den Ehestand,
gab dadurch den natürlichen, an sich un-
schuldigen und wohlthaetigen, Neigungen,
die uns der Schöpfer einpflanzte, eine sol-
che Wildheit und Unbaendigkeit, dass die
Vernunft, die ohne diess damals nicht viel
sagen wollte, indem dem Römischen Bischo-
fe ungemein viel daran gelegen war, sie in
Unthaetigkeit zu lassen, und ihr Aufstreben
z[][h]emmen, nichts gegen Sie auszurichten

ver-

Zu den entferntern Urſachen rechne ich
zuerſt das Kloſterleben, das ſonſt ſo hoch
geprieſen wurde, und noch itzo in manchen
Provinzen eine gewiſſe Würde behauptet.
Der Römiſche Biſchof, der viele Jahrhun-
derte lang der mæchtige Beförderer der Un-
wiſſenheit, Dummheit und des Aberglau-
bens, war, der Haſs und Verfolgung den
Chriſten predigte, machte auch die wirk-
ſamſten Anſtalten, die Chriſtenheit anzuwei-
ſen, alle Arten viehiſcher Ausſchweifungen
zu erfinden und auszuüben. Denn er be-
fahl denen, die nach Heiligkeit ſtrebten, den
Müſſiggang, verbot ihnen den Eheſtand,
gab dadurch den natürlichen, an ſich un-
ſchuldigen und wohlthætigen, Neigungen,
die uns der Schöpfer einpflanzte, eine ſol-
che Wildheit und Unbændigkeit, daſs die
Vernunft, die ohne dieſs damals nicht viel
ſagen wollte, indem dem Römiſchen Biſcho-
fe ungemein viel daran gelegen war, ſie in
Unthætigkeit zu laſſen, und ihr Aufſtreben
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[98/0108] Zu den entferntern Urſachen rechne ich zuerſt das Kloſterleben, das ſonſt ſo hoch geprieſen wurde, und noch itzo in manchen Provinzen eine gewiſſe Würde behauptet. Der Römiſche Biſchof, der viele Jahrhun- derte lang der mæchtige Beförderer der Un- wiſſenheit, Dummheit und des Aberglau- bens, war, der Haſs und Verfolgung den Chriſten predigte, machte auch die wirk- ſamſten Anſtalten, die Chriſtenheit anzuwei- ſen, alle Arten viehiſcher Ausſchweifungen zu erfinden und auszuüben. Denn er be- fahl denen, die nach Heiligkeit ſtrebten, den Müſſiggang, verbot ihnen den Eheſtand, gab dadurch den natürlichen, an ſich un- ſchuldigen und wohlthætigen, Neigungen, die uns der Schöpfer einpflanzte, eine ſol- che Wildheit und Unbændigkeit, daſs die Vernunft, die ohne dieſs damals nicht viel ſagen wollte, indem dem Römiſchen Biſcho- fe ungemein viel daran gelegen war, ſie in Unthætigkeit zu laſſen, und ihr Aufſtreben z_ hemmen, nichts gegen Sie auszurichten ver-

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Zitationshilfe: Salzmann, Christian Gotthilf: Ueber die heimlichen Sünden der Jugend. Leipzig, 1785, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/salzmann_suenden_1785/108>, abgerufen am 27.04.2024.