Je größer einen Kreis du hast zu übersehn, Je minder kann dein Blick in alles Einzle gehn.
Ein Menschenkönig und die Kön'gin der Gedanken, Sich wähnend unumschränkt, erkennen diese Schranken.
Sie nicht, die unteren Organe sehn das Kleinste, Die mittlern Mittleres, sie erst das Allgemeinste.
Und was von untenauf man mittelbar vernimmt, Wird auch von obenher nur mittelbar bestimmt.
Nur Gott ist die Vernunft, die keine Schrank' umzieht, Die selbst unmittelbar ins Einzle Alles sieht.
77.
Reichthums Vermehrung kann die Armuth nicht vermindern, Solang das Recht nicht wird ungleiche Theilung hindern.
In einem Land, wo reich die Reichen sind allein, Werden die Armen nur um desto ärmer seyn.
76.
Je groͤßer einen Kreis du haſt zu uͤberſehn, Je minder kann dein Blick in alles Einzle gehn.
Ein Menſchenkoͤnig und die Koͤn'gin der Gedanken, Sich waͤhnend unumſchraͤnkt, erkennen dieſe Schranken.
Sie nicht, die unteren Organe ſehn das Kleinſte, Die mittlern Mittleres, ſie erſt das Allgemeinſte.
Und was von untenauf man mittelbar vernimmt, Wird auch von obenher nur mittelbar beſtimmt.
Nur Gott iſt die Vernunft, die keine Schrank' umzieht, Die ſelbſt unmittelbar ins Einzle Alles ſieht.
77.
Reichthums Vermehrung kann die Armuth nicht vermindern, Solang das Recht nicht wird ungleiche Theilung hindern.
In einem Land, wo reich die Reichen ſind allein, Werden die Armen nur um deſto aͤrmer ſeyn.
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0289"n="279"/><divn="2"><head>76.</head><lb/><lgtype="poem"><lgn="1"><l>Je groͤßer einen Kreis du haſt zu uͤberſehn,</l><lb/><l>Je minder kann dein Blick in alles Einzle gehn.</l></lg><lb/><lgn="2"><l>Ein Menſchenkoͤnig und die Koͤn'gin der Gedanken,</l><lb/><l>Sich waͤhnend unumſchraͤnkt, erkennen dieſe Schranken.</l></lg><lb/><lgn="3"><l>Sie nicht, die unteren Organe ſehn das Kleinſte,</l><lb/><l>Die mittlern Mittleres, ſie erſt das Allgemeinſte.</l></lg><lb/><lgn="4"><l>Und was von untenauf man mittelbar vernimmt,</l><lb/><l>Wird auch von obenher nur mittelbar beſtimmt.</l></lg><lb/><lgn="5"><l>Nur Gott iſt die Vernunft, die keine Schrank' umzieht,</l><lb/><l>Die ſelbſt unmittelbar ins Einzle Alles ſieht.</l></lg><lb/></lg></div><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="2"><head>77.</head><lb/><lgtype="poem"><lgn="1"><l>Reichthums Vermehrung kann die Armuth nicht vermindern,</l><lb/><l>Solang das Recht nicht wird ungleiche Theilung hindern.</l></lg><lb/><lgn="2"><l>In einem Land, wo reich die Reichen ſind allein,</l><lb/><l>Werden die Armen nur um deſto aͤrmer ſeyn.</l></lg><lb/></lg></div><milestonerendition="#hr"unit="section"/></div></body></text></TEI>
[279/0289]
76.
Je groͤßer einen Kreis du haſt zu uͤberſehn,
Je minder kann dein Blick in alles Einzle gehn.
Ein Menſchenkoͤnig und die Koͤn'gin der Gedanken,
Sich waͤhnend unumſchraͤnkt, erkennen dieſe Schranken.
Sie nicht, die unteren Organe ſehn das Kleinſte,
Die mittlern Mittleres, ſie erſt das Allgemeinſte.
Und was von untenauf man mittelbar vernimmt,
Wird auch von obenher nur mittelbar beſtimmt.
Nur Gott iſt die Vernunft, die keine Schrank' umzieht,
Die ſelbſt unmittelbar ins Einzle Alles ſieht.
77.
Reichthums Vermehrung kann die Armuth nicht vermindern,
Solang das Recht nicht wird ungleiche Theilung hindern.
In einem Land, wo reich die Reichen ſind allein,
Werden die Armen nur um deſto aͤrmer ſeyn.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 5. Leipzig, 1839, S. 279. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane05_1839/289>, abgerufen am 22.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.