mannen - - Jn Wahrheit, liebste Freundinn, ich kann nicht sagen, was gewisse Leute an Hick- mannen sehen können, weswegen sie allezeit Lob- reden auf ihn halten, und ihn anpreisen. Und ist es wohl zu vermuthen, daß ich, die kaum von einer Mutter Einrede leiden konnte, sie von ei- nem Manne annehmen sollte? - - Noch dazu von einem, der weder mehr Witz, noch mehr Ver- stand hat, als ich selbst? Der dennoch mein Füh- rer seyn soll! - - Das wird er gewiß seyn, ver- muthe ich: aber mehr durch die Uebermuth seines Willens, als durch den Vorzug seines Rathes. Es ist vergebens, daran zu gedenken - - Jch kann keine Frau von irgend einem Manne seyn, den ich bis itzo kenne. - - Dieß berühre ich itzt um so viel mehr: weil ich weiß, daß sie bey der Lebensgefahr meiner Mutter desto eher in mich dringen werden, mich in eine andere Art des Schu- tzes zu begeben, wenn ich ihrer beraubt werden sollte. Jedoch nicht mehr von dieser Sache, oder, daß ich mich recht ausdrücke, von irgend einer andern: denn ich werde genöthigt bey meiner Mutter zu seyn, welche mich nicht aus den Augen lassen kann.
Mittwoch. den 30ten Aug.
Meine Mutter hat, Gott Lob! eine gute Nacht gehabt und befindet sich viel besser. Jhr Fieber hat nach der Arzney nachgelassen. Also kann ich nun noch einmal frey und geruhig an Sie schreiben, in Hoffnung, daß es mit Jhnen
auch
T 4
mannen ‒ ‒ Jn Wahrheit, liebſte Freundinn, ich kann nicht ſagen, was gewiſſe Leute an Hick- mannen ſehen koͤnnen, weswegen ſie allezeit Lob- reden auf ihn halten, und ihn anpreiſen. Und iſt es wohl zu vermuthen, daß ich, die kaum von einer Mutter Einrede leiden konnte, ſie von ei- nem Manne annehmen ſollte? ‒ ‒ Noch dazu von einem, der weder mehr Witz, noch mehr Ver- ſtand hat, als ich ſelbſt? Der dennoch mein Fuͤh- rer ſeyn ſoll! ‒ ‒ Das wird er gewiß ſeyn, ver- muthe ich: aber mehr durch die Uebermuth ſeines Willens, als durch den Vorzug ſeines Rathes. Es iſt vergebens, daran zu gedenken ‒ ‒ Jch kann keine Frau von irgend einem Manne ſeyn, den ich bis itzo kenne. ‒ ‒ Dieß beruͤhre ich itzt um ſo viel mehr: weil ich weiß, daß ſie bey der Lebensgefahr meiner Mutter deſto eher in mich dringen werden, mich in eine andere Art des Schu- tzes zu begeben, wenn ich ihrer beraubt werden ſollte. Jedoch nicht mehr von dieſer Sache, oder, daß ich mich recht ausdruͤcke, von irgend einer andern: denn ich werde genoͤthigt bey meiner Mutter zu ſeyn, welche mich nicht aus den Augen laſſen kann.
Mittwoch. den 30ten Aug.
Meine Mutter hat, Gott Lob! eine gute Nacht gehabt und befindet ſich viel beſſer. Jhr Fieber hat nach der Arzney nachgelaſſen. Alſo kann ich nun noch einmal frey und geruhig an Sie ſchreiben, in Hoffnung, daß es mit Jhnen
auch
T 4
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0301"n="295"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/>
mannen ‒‒ Jn Wahrheit, liebſte Freundinn,<lb/>
ich kann nicht ſagen, was gewiſſe Leute an Hick-<lb/>
mannen ſehen koͤnnen, weswegen ſie allezeit Lob-<lb/>
reden auf ihn halten, und ihn anpreiſen. Und<lb/>
iſt es wohl zu vermuthen, daß ich, die kaum von<lb/>
einer Mutter Einrede leiden konnte, ſie von ei-<lb/>
nem Manne annehmen ſollte? ‒‒ Noch dazu<lb/>
von einem, der weder mehr Witz, noch mehr Ver-<lb/>ſtand hat, als ich ſelbſt? Der dennoch mein Fuͤh-<lb/>
rer ſeyn ſoll! ‒‒ Das wird er gewiß ſeyn, ver-<lb/>
muthe ich: aber mehr durch die Uebermuth ſeines<lb/>
Willens, als durch den Vorzug ſeines Rathes.<lb/>
Es iſt vergebens, daran zu gedenken ‒‒ Jch<lb/>
kann keine Frau von irgend einem Manne ſeyn,<lb/>
den ich bis itzo kenne. ‒‒ Dieß beruͤhre ich itzt<lb/>
um ſo viel mehr: weil ich weiß, daß ſie bey der<lb/>
Lebensgefahr meiner Mutter deſto eher in mich<lb/>
dringen werden, mich in eine andere Art des Schu-<lb/>
tzes zu begeben, wenn ich ihrer beraubt werden<lb/>ſollte. Jedoch nicht mehr von dieſer Sache, oder,<lb/>
daß ich mich recht ausdruͤcke, von irgend einer<lb/>
andern: denn ich werde genoͤthigt bey meiner<lb/>
Mutter zu ſeyn, welche mich nicht aus den Augen<lb/>
laſſen kann.</p></div><lb/><divn="3"><dateline><hirendition="#et">Mittwoch. den 30ten Aug.</hi></dateline><lb/><p><hirendition="#in">M</hi>eine Mutter hat, Gott Lob! eine gute Nacht<lb/>
gehabt und befindet ſich viel beſſer. Jhr<lb/>
Fieber hat nach der Arzney nachgelaſſen. Alſo<lb/>
kann ich nun noch einmal frey und geruhig an<lb/>
Sie ſchreiben, in Hoffnung, daß es mit Jhnen<lb/><fwplace="bottom"type="sig">T 4</fw><fwplace="bottom"type="catch">auch</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[295/0301]
mannen ‒ ‒ Jn Wahrheit, liebſte Freundinn,
ich kann nicht ſagen, was gewiſſe Leute an Hick-
mannen ſehen koͤnnen, weswegen ſie allezeit Lob-
reden auf ihn halten, und ihn anpreiſen. Und
iſt es wohl zu vermuthen, daß ich, die kaum von
einer Mutter Einrede leiden konnte, ſie von ei-
nem Manne annehmen ſollte? ‒ ‒ Noch dazu
von einem, der weder mehr Witz, noch mehr Ver-
ſtand hat, als ich ſelbſt? Der dennoch mein Fuͤh-
rer ſeyn ſoll! ‒ ‒ Das wird er gewiß ſeyn, ver-
muthe ich: aber mehr durch die Uebermuth ſeines
Willens, als durch den Vorzug ſeines Rathes.
Es iſt vergebens, daran zu gedenken ‒ ‒ Jch
kann keine Frau von irgend einem Manne ſeyn,
den ich bis itzo kenne. ‒ ‒ Dieß beruͤhre ich itzt
um ſo viel mehr: weil ich weiß, daß ſie bey der
Lebensgefahr meiner Mutter deſto eher in mich
dringen werden, mich in eine andere Art des Schu-
tzes zu begeben, wenn ich ihrer beraubt werden
ſollte. Jedoch nicht mehr von dieſer Sache, oder,
daß ich mich recht ausdruͤcke, von irgend einer
andern: denn ich werde genoͤthigt bey meiner
Mutter zu ſeyn, welche mich nicht aus den Augen
laſſen kann.
Mittwoch. den 30ten Aug.
Meine Mutter hat, Gott Lob! eine gute Nacht
gehabt und befindet ſich viel beſſer. Jhr
Fieber hat nach der Arzney nachgelaſſen. Alſo
kann ich nun noch einmal frey und geruhig an
Sie ſchreiben, in Hoffnung, daß es mit Jhnen
auch
T 4
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 295. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/301>, abgerufen am 26.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.