Das heißt mir nun einmal Verstand; ich schreibe Ihnen ein bisgen philosophisch, und flugs soll ich ein unru- higes Gewissen haben. O! mein liebes Kind, mein Gewissen schläft auf einem sammtnen Küssen so ruhig wie mein jäh- riges Mädgen, und ein Plumet a la Reine wird es nicht beschweren. Aber mein Mann hat mir seinen Beutel ver- schlossen, und dieses war der Knote, der mir letzthin das Herz abschlang. Ich mogte Ihnen nur nicht alles so deut- lich schreiben, weil ich mich vor ihnen schämte; jetzt aber zwingt mich die Noth, Ihnen meine ganze Verlegenheit zu entdecken. Ich thue Ihnen also hiemit kund und zu wis- sen, wie mein Mann des Morgens, als ich Ihnen den letzten Brief geschrieben habe, gestiefelt und gespornt in mein Cabinet gekommen sey, und mir eine ganz unerwar- tete aber recht feyerliche Erklärung nachstehenden wörtlichen Inhalts gethan habe. Hier, fieng er an, liebe Amalie, ist die Rechnung von deinem neuen Wagen, sie beläuft sich auf 1800 Livres; zugleich habe ich dir hiemit einen Aufsatz von meiner jährlichen Einnahme und Ausgabe, wovon sich die erstere nicht vermehren, und die andre, da sie blos das nothwendigste enthält, nicht vermindern läßt, zur Nach- richt vorlegen wollen, damit du selbst darnach bestimmen mügest, was wir zu thun und zu lassen haben. Diesem füge ich noch einen Auszug von demjenigen bey, was du seit den drey Jahren, die wir verheyrathet sind, auf neue Moden verwandt hast; er wird dir zeigen, daß wir in so kurzer Zeit fünftausend Thaler mehr ausgegeben als einge- nommen haben.
Aber
Alſo kann man der Mode
II. Amaliens Antwort.
Das heißt mir nun einmal Verſtand; ich ſchreibe Ihnen ein bisgen philoſophiſch, und flugs ſoll ich ein unru- higes Gewiſſen haben. O! mein liebes Kind, mein Gewiſſen ſchlaͤft auf einem ſammtnen Kuͤſſen ſo ruhig wie mein jaͤh- riges Maͤdgen, und ein Plumet à la Reine wird es nicht beſchweren. Aber mein Mann hat mir ſeinen Beutel ver- ſchloſſen, und dieſes war der Knote, der mir letzthin das Herz abſchlang. Ich mogte Ihnen nur nicht alles ſo deut- lich ſchreiben, weil ich mich vor ihnen ſchaͤmte; jetzt aber zwingt mich die Noth, Ihnen meine ganze Verlegenheit zu entdecken. Ich thue Ihnen alſo hiemit kund und zu wiſ- ſen, wie mein Mann des Morgens, als ich Ihnen den letzten Brief geſchrieben habe, geſtiefelt und geſpornt in mein Cabinet gekommen ſey, und mir eine ganz unerwar- tete aber recht feyerliche Erklaͤrung nachſtehenden woͤrtlichen Inhalts gethan habe. Hier, fieng er an, liebe Amalie, iſt die Rechnung von deinem neuen Wagen, ſie belaͤuft ſich auf 1800 Livres; zugleich habe ich dir hiemit einen Aufſatz von meiner jaͤhrlichen Einnahme und Ausgabe, wovon ſich die erſtere nicht vermehren, und die andre, da ſie blos das nothwendigſte enthaͤlt, nicht vermindern laͤßt, zur Nach- richt vorlegen wollen, damit du ſelbſt darnach beſtimmen muͤgeſt, was wir zu thun und zu laſſen haben. Dieſem fuͤge ich noch einen Auszug von demjenigen bey, was du ſeit den drey Jahren, die wir verheyrathet ſind, auf neue Moden verwandt haſt; er wird dir zeigen, daß wir in ſo kurzer Zeit fuͤnftauſend Thaler mehr ausgegeben als einge- nommen haben.
Aber
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0018"n="4"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Alſo kann man der Mode</hi></fw><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><divn="2"><head><hirendition="#aq">II.</hi><lb/><hirendition="#g">Amaliens Antwort.</hi></head><lb/><p>Das heißt mir nun einmal Verſtand; ich ſchreibe Ihnen<lb/>
ein bisgen philoſophiſch, und flugs ſoll ich ein unru-<lb/>
higes Gewiſſen haben. O! mein liebes Kind, mein Gewiſſen<lb/>ſchlaͤft auf einem ſammtnen Kuͤſſen ſo ruhig wie mein jaͤh-<lb/>
riges Maͤdgen, und ein <hirendition="#aq">Plumet à la Reine</hi> wird es nicht<lb/>
beſchweren. Aber mein Mann hat mir ſeinen Beutel ver-<lb/>ſchloſſen, und dieſes war der Knote, der mir letzthin das<lb/>
Herz abſchlang. Ich mogte Ihnen nur nicht alles ſo deut-<lb/>
lich ſchreiben, weil ich mich vor ihnen ſchaͤmte; jetzt aber<lb/>
zwingt mich die Noth, Ihnen meine ganze Verlegenheit zu<lb/>
entdecken. Ich thue Ihnen alſo hiemit kund und zu wiſ-<lb/>ſen, wie mein Mann des Morgens, als ich Ihnen den<lb/>
letzten Brief geſchrieben habe, geſtiefelt und geſpornt in<lb/>
mein Cabinet gekommen ſey, und mir eine ganz unerwar-<lb/>
tete aber recht feyerliche Erklaͤrung nachſtehenden woͤrtlichen<lb/>
Inhalts gethan habe. Hier, fieng er an, liebe Amalie,<lb/>
iſt die Rechnung von deinem neuen Wagen, ſie belaͤuft ſich<lb/>
auf 1800 Livres; zugleich habe ich dir hiemit einen Aufſatz<lb/>
von meiner jaͤhrlichen Einnahme und Ausgabe, wovon ſich<lb/>
die erſtere nicht vermehren, und die andre, da ſie blos das<lb/>
nothwendigſte enthaͤlt, nicht vermindern laͤßt, zur Nach-<lb/>
richt vorlegen wollen, damit du ſelbſt darnach beſtimmen<lb/>
muͤgeſt, was wir zu thun und zu laſſen haben. Dieſem<lb/>
fuͤge ich noch einen Auszug von demjenigen bey, was du<lb/>ſeit den drey Jahren, die wir verheyrathet ſind, auf neue<lb/>
Moden verwandt haſt; er wird dir zeigen, daß wir in ſo<lb/>
kurzer Zeit fuͤnftauſend Thaler mehr ausgegeben als einge-<lb/>
nommen haben.</p><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Aber</fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[4/0018]
Alſo kann man der Mode
II.
Amaliens Antwort.
Das heißt mir nun einmal Verſtand; ich ſchreibe Ihnen
ein bisgen philoſophiſch, und flugs ſoll ich ein unru-
higes Gewiſſen haben. O! mein liebes Kind, mein Gewiſſen
ſchlaͤft auf einem ſammtnen Kuͤſſen ſo ruhig wie mein jaͤh-
riges Maͤdgen, und ein Plumet à la Reine wird es nicht
beſchweren. Aber mein Mann hat mir ſeinen Beutel ver-
ſchloſſen, und dieſes war der Knote, der mir letzthin das
Herz abſchlang. Ich mogte Ihnen nur nicht alles ſo deut-
lich ſchreiben, weil ich mich vor ihnen ſchaͤmte; jetzt aber
zwingt mich die Noth, Ihnen meine ganze Verlegenheit zu
entdecken. Ich thue Ihnen alſo hiemit kund und zu wiſ-
ſen, wie mein Mann des Morgens, als ich Ihnen den
letzten Brief geſchrieben habe, geſtiefelt und geſpornt in
mein Cabinet gekommen ſey, und mir eine ganz unerwar-
tete aber recht feyerliche Erklaͤrung nachſtehenden woͤrtlichen
Inhalts gethan habe. Hier, fieng er an, liebe Amalie,
iſt die Rechnung von deinem neuen Wagen, ſie belaͤuft ſich
auf 1800 Livres; zugleich habe ich dir hiemit einen Aufſatz
von meiner jaͤhrlichen Einnahme und Ausgabe, wovon ſich
die erſtere nicht vermehren, und die andre, da ſie blos das
nothwendigſte enthaͤlt, nicht vermindern laͤßt, zur Nach-
richt vorlegen wollen, damit du ſelbſt darnach beſtimmen
muͤgeſt, was wir zu thun und zu laſſen haben. Dieſem
fuͤge ich noch einen Auszug von demjenigen bey, was du
ſeit den drey Jahren, die wir verheyrathet ſind, auf neue
Moden verwandt haſt; er wird dir zeigen, daß wir in ſo
kurzer Zeit fuͤnftauſend Thaler mehr ausgegeben als einge-
nommen haben.
Aber
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Für das DTA wurde die „Neue verbesserte und verme… [mehr]
Für das DTA wurde die „Neue verbesserte und vermehrte Auflage“ des 3. Teils von Justus Mösers „Patriotischen Phantasien“ zur Digitalisierung ausgewählt. Sie erschien 1778, also im selben Jahr wie die Erstauflage dieses Bandes, und ist bis S. 260 seitenidentisch mit dieser. Die Abschnitte LX („Gedanken über den westphälischen Leibeigenthum“) bis LXVIII („Gedanken über den Stillestand der Leibeignen“) sind Ergänzungen gegenüber der ersten Auflage.
Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien03_1778/18>, abgerufen am 03.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.