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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

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Der unter den Stech-Disteln
Menschen, von Heiligen, von Engeln, von Himmel und Höll,
von Propheten und Aposteln, ja von GOtt selbsten darum gebetten
wirst. Kan auch was halsstarrigers seyn als dieses? ein Christ ist
niemands Feind, oder wann ers ist, so ist er schon kein Christ
mehr. Sagt Tertullian.

Der Grol-
le schlies-
set einen
aus dem
Himmel,

§. 17. Also stirbst du mit des Teufels Pitschafft auf deiner See-
le, folglich wird er das Seinige nehmen; dann was wolten solche
Greuel im Himmel thun? Dieses heilige Liebe-Land wäre ihnen die
gröste Pein; ist also dem kein Räumlein im Paradis bestellt, der
nur ein Stäublein Grolls im Hertzen behält.

erwecket
ihme und
andern
Plag.

§. 18. Ein Zorn-müthiger ist ihm selbs und anderen zur Plag auf
der Welt, wie Jsmael; Zorn macht das Leben bitter und verdrieß-
lich, verbrennet Gras und Blumen, und ist eine rechte Vor-
Höll.

Eine vornehme Dame sahe zwey böse Weiber zancken, empfieng
solchen Abscheu ab dem Zorn, daß sie dachte: ja du wilt dich nim-
mer erzürnen, das war des Morgens: Beym Mittag-Essen er-
zörnte sie sich mit ihrem Ehe-Herrn; schlug aber bald in sich, er-
schrack und schämte sich sehr, schloß sich ein in ihr Cabinet seufftzete
und weinete bitterlich.

Das neunte Capitel.
Wie m[a]n dem Haß, Neid, Zorn und Rachgier stenren, und die Liebe
befördern könne.
Von dem
liebrei-
chen JEsu

§. 1. Hingegen baden JESU Augen in Milch, seine Lippen
trieffen von lauter Liebe; er ware eines über die massen freundlich
holdseligen Wesens, nahme sich der jungen Kinder und selbst der
forchtsamen Sünder so sehr an, daß seine Verwandten meynten,
er wurde von Sinnen kommen; a wie er sich in seinem Leiden ver-
halten, ist uns GOTT Lob, auch wohl bekannt.

§. 2.
a Marc. III. 21.

Der unter den Stech-Diſteln
Menſchen, von Heiligen, von Engeln, von Himmel und Hoͤll,
von Propheten und Apoſteln, ja von GOtt ſelbſten darum gebetten
wirſt. Kan auch was halsſtarrigers ſeyn als dieſes? ein Chriſt iſt
niemands Feind, oder wann ers iſt, ſo iſt er ſchon kein Chriſt
mehr. Sagt Tertullian.

Der Grol-
le ſchlieſ-
ſet einen
aus dem
Himmel,

§. 17. Alſo ſtirbſt du mit des Teufels Pitſchafft auf deiner See-
le, folglich wird er das Seinige nehmen; dann was wolten ſolche
Greuel im Himmel thun? Dieſes heilige Liebe-Land waͤre ihnen die
groͤſte Pein; iſt alſo dem kein Raͤumlein im Paradis beſtellt, der
nur ein Staͤublein Grolls im Hertzen behaͤlt.

erwecket
ihme und
andern
Plag.

§. 18. Ein Zorn-muͤthiger iſt ihm ſelbs und anderen zur Plag auf
der Welt, wie Jſmael; Zorn macht das Leben bitter und verdrieß-
lich, verbrennet Gras und Blumen, und iſt eine rechte Vor-
Hoͤll.

Eine vornehme Dame ſahe zwey boͤſe Weiber zancken, empfieng
ſolchen Abſcheu ab dem Zorn, daß ſie dachte: ja du wilt dich nim-
mer erzuͤrnen, das war des Morgens: Beym Mittag-Eſſen er-
zoͤrnte ſie ſich mit ihrem Ehe-Herrn; ſchlug aber bald in ſich, er-
ſchrack und ſchaͤmte ſich ſehr, ſchloß ſich ein in ihr Cabinet ſeufftzete
und weinete bitterlich.

Das neunte Capitel.
Wie m[a]n dem Haß, Neid, Zorn und Rachgier ſtenren, und die Liebe
befoͤrdern koͤnne.
Von dem
liebrei-
chen JEſu

§. 1. Hingegen baden JESU Augen in Milch, ſeine Lippen
trieffen von lauter Liebe; er ware eines uͤber die maſſen freundlich
holdſeligen Weſens, nahme ſich der jungen Kinder und ſelbſt der
forchtſamen Suͤnder ſo ſehr an, daß ſeine Verwandten meynten,
er wurde von Sinnen kommen; a wie er ſich in ſeinem Leiden ver-
halten, iſt uns GOTT Lob, auch wohl bekannt.

§. 2.
a Marc. III. 21.
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[746/0842] Der unter den Stech-Diſteln Menſchen, von Heiligen, von Engeln, von Himmel und Hoͤll, von Propheten und Apoſteln, ja von GOtt ſelbſten darum gebetten wirſt. Kan auch was halsſtarrigers ſeyn als dieſes? ein Chriſt iſt niemands Feind, oder wann ers iſt, ſo iſt er ſchon kein Chriſt mehr. Sagt Tertullian. §. 17. Alſo ſtirbſt du mit des Teufels Pitſchafft auf deiner See- le, folglich wird er das Seinige nehmen; dann was wolten ſolche Greuel im Himmel thun? Dieſes heilige Liebe-Land waͤre ihnen die groͤſte Pein; iſt alſo dem kein Raͤumlein im Paradis beſtellt, der nur ein Staͤublein Grolls im Hertzen behaͤlt. §. 18. Ein Zorn-muͤthiger iſt ihm ſelbs und anderen zur Plag auf der Welt, wie Jſmael; Zorn macht das Leben bitter und verdrieß- lich, verbrennet Gras und Blumen, und iſt eine rechte Vor- Hoͤll. Eine vornehme Dame ſahe zwey boͤſe Weiber zancken, empfieng ſolchen Abſcheu ab dem Zorn, daß ſie dachte: ja du wilt dich nim- mer erzuͤrnen, das war des Morgens: Beym Mittag-Eſſen er- zoͤrnte ſie ſich mit ihrem Ehe-Herrn; ſchlug aber bald in ſich, er- ſchrack und ſchaͤmte ſich ſehr, ſchloß ſich ein in ihr Cabinet ſeufftzete und weinete bitterlich. Das neunte Capitel. Wie man dem Haß, Neid, Zorn und Rachgier ſtenren, und die Liebe befoͤrdern koͤnne. §. 1. Hingegen baden JESU Augen in Milch, ſeine Lippen trieffen von lauter Liebe; er ware eines uͤber die maſſen freundlich holdſeligen Weſens, nahme ſich der jungen Kinder und ſelbſt der forchtſamen Suͤnder ſo ſehr an, daß ſeine Verwandten meynten, er wurde von Sinnen kommen; a wie er ſich in ſeinem Leiden ver- halten, iſt uns GOTT Lob, auch wohl bekannt. §. 2. a Marc. III. 21.

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 746. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/842>, abgerufen am 21.11.2024.