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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

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hervor blühende Lilien-Zweig.
um den Schinpf als um den Schaden. Der Mann ward tod-
kranck von Kummer und Gewissens-Marter, ließ dem Pfarrer ent-
bieten; er bete ihn als ein Sterbender um der Hoch-heiligen Lie-
bes-Wunden willen des Seligmachers, er soll sich doch seiner
Seelen erbarmen, ihn vom Bann loßbinden und das heilige
Abendmahl reichen, ihn also noch vor seinem End mit dem Leib und
Blut Christi erquicken. Allein der Tyrannische Zorn-Teufel ließ
ihm keine Erbärmde zu in sein Hertz, er wolte nicht hingehen.
Mithin starb der Mann in Höllen-Angst hin. Acht Tag nach sei-
nem Tod hörte der Pfarrer an seiner Studier-Stuben-Thüren an-
klopfen; als er aufmachte, war es des Manns Geist der ihm winckte
vor GOttes Gericht; darab er so sehr erschrack, daß er erkranck-
te und innert wenig Tagen ein verzweiffeltes Ende gewann. Ey
welcher Christen-Mensch mag doch dem Höllen-Mörder im gering-
sten mit Zorn, Rachgier zu willen leben.

Muß JEsus nicht solchen verfluchten Zorn-Bränden den RuckenDas E-
xempel
JEsu solle
uns trei-
ben allen
Grollen
fahren zu
lassen.

wenden; JEsus der höchste Monarch der Engeln und Menschen,
des Himmels und der Erden empfieng Schmach und theilte Gnad
aus gleich der Sonne, die ihre Krafft und Gutthat erweiset auch
unter Verhüllung des Gewölcks, gleich einem Baum, der seine
Früchte auch dem, so ihn plaget, zuwirfft. Höre JEsus bittet am
Creutzes-Stamm; Vater, mein ewiger Vater! ich dein eingebohr-
ner Sohn bitte um eine Gnade ehe ich sterbe. Was denn mein ge-
liebter Sohn? verzeihe, schone, vergieb. Wem? dem, so mich
zum Tod verurtheilt. Wem? dem so mir diese Händ und Füsse an
dieses Marter-Holtz gehefftet. Ja! sagt der Vater, mein Sohn!
ich will verzeihen, wem? dem der dich gegeisselt und mit Dörnen
gecrönet. O Blut-schwitzender Heiland! so viel Wunden du an
deinem heiligsten Leib empfangen, so viele Zungen sinds, die um
Gnade ruffen für mich deinen ärgsten Beleidiger. Höre Sünder!
JEsus verzeihet allen, wo wirs begehren, und du wilt nicht einem
verzeihen; JEsus GOttes Sohn thuts, und du Sünden-Greuel
weigerst dich! JEsus höret nicht auf gnädig zu seyn, du nicht zu
zörnen, JESUS thuts ungebeten, da weder Jud noch Heid
um Vergebung anhielt, und du schlagst es aus, obschon du von

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hervor bluͤhende Lilien-Zweig.
um den Schinpf als um den Schaden. Der Mann ward tod-
kranck von Kummer und Gewiſſens-Marter, ließ dem Pfarrer ent-
bieten; er bete ihn als ein Sterbender um der Hoch-heiligen Lie-
bes-Wunden willen des Seligmachers, er ſoll ſich doch ſeiner
Seelen erbarmen, ihn vom Bann loßbinden und das heilige
Abendmahl reichen, ihn alſo noch vor ſeinem End mit dem Leib und
Blut Chriſti erquicken. Allein der Tyranniſche Zorn-Teufel ließ
ihm keine Erbaͤrmde zu in ſein Hertz, er wolte nicht hingehen.
Mithin ſtarb der Mann in Hoͤllen-Angſt hin. Acht Tag nach ſei-
nem Tod hoͤrte der Pfarrer an ſeiner Studier-Stuben-Thuͤren an-
klopfen; als er aufmachte, war es des Manns Geiſt der ihm winckte
vor GOttes Gericht; darab er ſo ſehr erſchrack, daß er erkranck-
te und innert wenig Tagen ein verzweiffeltes Ende gewann. Ey
welcher Chriſten-Menſch mag doch dem Hoͤllen-Moͤrder im gering-
ſten mit Zorn, Rachgier zu willen leben.

Muß JEſus nicht ſolchen verfluchten Zorn-Braͤnden den RuckenDas E-
xempel
JEſu ſolle
uns trei-
ben allen
Grollen
fahren zu
laſſen.

wenden; JEſus der hoͤchſte Monarch der Engeln und Menſchen,
des Himmels und der Erden empfieng Schmach und theilte Gnad
aus gleich der Sonne, die ihre Krafft und Gutthat erweiſet auch
unter Verhuͤllung des Gewoͤlcks, gleich einem Baum, der ſeine
Fruͤchte auch dem, ſo ihn plaget, zuwirfft. Hoͤre JEſus bittet am
Creutzes-Stamm; Vater, mein ewiger Vater! ich dein eingebohr-
ner Sohn bitte um eine Gnade ehe ich ſterbe. Was denn mein ge-
liebter Sohn? verzeihe, ſchone, vergieb. Wem? dem, ſo mich
zum Tod verurtheilt. Wem? dem ſo mir dieſe Haͤnd und Fuͤſſe an
dieſes Marter-Holtz gehefftet. Ja! ſagt der Vater, mein Sohn!
ich will verzeihen, wem? dem der dich gegeiſſelt und mit Doͤrnen
gecroͤnet. O Blut-ſchwitzender Heiland! ſo viel Wunden du an
deinem heiligſten Leib empfangen, ſo viele Zungen ſinds, die um
Gnade ruffen fuͤr mich deinen aͤrgſten Beleidiger. Hoͤre Suͤnder!
JEſus verzeihet allen, wo wirs begehren, und du wilt nicht einem
verzeihen; JEſus GOttes Sohn thuts, und du Suͤnden-Greuel
weigerſt dich! JEſus hoͤret nicht auf gnaͤdig zu ſeyn, du nicht zu
zoͤrnen, JESUS thuts ungebeten, da weder Jud noch Heid
um Vergebung anhielt, und du ſchlagſt es aus, obſchon du von

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[745/0841] hervor bluͤhende Lilien-Zweig. um den Schinpf als um den Schaden. Der Mann ward tod- kranck von Kummer und Gewiſſens-Marter, ließ dem Pfarrer ent- bieten; er bete ihn als ein Sterbender um der Hoch-heiligen Lie- bes-Wunden willen des Seligmachers, er ſoll ſich doch ſeiner Seelen erbarmen, ihn vom Bann loßbinden und das heilige Abendmahl reichen, ihn alſo noch vor ſeinem End mit dem Leib und Blut Chriſti erquicken. Allein der Tyranniſche Zorn-Teufel ließ ihm keine Erbaͤrmde zu in ſein Hertz, er wolte nicht hingehen. Mithin ſtarb der Mann in Hoͤllen-Angſt hin. Acht Tag nach ſei- nem Tod hoͤrte der Pfarrer an ſeiner Studier-Stuben-Thuͤren an- klopfen; als er aufmachte, war es des Manns Geiſt der ihm winckte vor GOttes Gericht; darab er ſo ſehr erſchrack, daß er erkranck- te und innert wenig Tagen ein verzweiffeltes Ende gewann. Ey welcher Chriſten-Menſch mag doch dem Hoͤllen-Moͤrder im gering- ſten mit Zorn, Rachgier zu willen leben. Muß JEſus nicht ſolchen verfluchten Zorn-Braͤnden den Rucken wenden; JEſus der hoͤchſte Monarch der Engeln und Menſchen, des Himmels und der Erden empfieng Schmach und theilte Gnad aus gleich der Sonne, die ihre Krafft und Gutthat erweiſet auch unter Verhuͤllung des Gewoͤlcks, gleich einem Baum, der ſeine Fruͤchte auch dem, ſo ihn plaget, zuwirfft. Hoͤre JEſus bittet am Creutzes-Stamm; Vater, mein ewiger Vater! ich dein eingebohr- ner Sohn bitte um eine Gnade ehe ich ſterbe. Was denn mein ge- liebter Sohn? verzeihe, ſchone, vergieb. Wem? dem, ſo mich zum Tod verurtheilt. Wem? dem ſo mir dieſe Haͤnd und Fuͤſſe an dieſes Marter-Holtz gehefftet. Ja! ſagt der Vater, mein Sohn! ich will verzeihen, wem? dem der dich gegeiſſelt und mit Doͤrnen gecroͤnet. O Blut-ſchwitzender Heiland! ſo viel Wunden du an deinem heiligſten Leib empfangen, ſo viele Zungen ſinds, die um Gnade ruffen fuͤr mich deinen aͤrgſten Beleidiger. Hoͤre Suͤnder! JEſus verzeihet allen, wo wirs begehren, und du wilt nicht einem verzeihen; JEſus GOttes Sohn thuts, und du Suͤnden-Greuel weigerſt dich! JEſus hoͤret nicht auf gnaͤdig zu ſeyn, du nicht zu zoͤrnen, JESUS thuts ungebeten, da weder Jud noch Heid um Vergebung anhielt, und du ſchlagſt es aus, obſchon du von Men- Das E- xempel JEſu ſolle uns trei- ben allen Grollen fahren zu laſſen. B b b b b

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 745. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/841>, abgerufen am 24.11.2024.