heimnisse nicht mittheilen! Sie schonen des Man¬ nes, der um ihre Heimlichkeiten weiß, nur so lange, als sie Seiner ohnumgänglich bedürfen; aber sie fürchten ihn, und suchen sich von ihm loszumachen, sobald sie können, mögte man ih¬ nen auch noch so deutlich zeigen, daß man un¬ fähig ist, dies Uebergewicht und ihr Zutrauen zu misbrauchen.
8.
Ueberhaupt darf man auf die Dankbarkeit der mehrsten Vornehmen und Reichen, so wie auf ihre Versprechungen, nicht bauen. Opfre ihnen also nichts auf! Sie fühlen den Werth davon nicht, glauben alle andre Menschen seyen ihnen einen solchen Tribut schuldig, für den Schutz, für die gnädigen Blicke, ja! für eine ungestöhrte Existenz, oder man wolle dadurch kleine Vortheile erringen. Schenke ihnen also auch nichts! Das heisst einen Tropfen köstlichen Balsams in einen Eymer trüben Wassers fallen lassen. Ich besaß ein altes kostbares Gemälde; ein geschickter Maler schätzte den Werth desselben auf hundert Pistolen. Die Hälfte dieser Summe, die ich leicht dafür bekommen haben würde, wäre
bey
heimniſſe nicht mittheilen! Sie ſchonen des Man¬ nes, der um ihre Heimlichkeiten weiß, nur ſo lange, als ſie Seiner ohnumgaͤnglich beduͤrfen; aber ſie fuͤrchten ihn, und ſuchen ſich von ihm loszumachen, ſobald ſie koͤnnen, moͤgte man ih¬ nen auch noch ſo deutlich zeigen, daß man un¬ faͤhig iſt, dies Uebergewicht und ihr Zutrauen zu misbrauchen.
8.
Ueberhaupt darf man auf die Dankbarkeit der mehrſten Vornehmen und Reichen, ſo wie auf ihre Verſprechungen, nicht bauen. Opfre ihnen alſo nichts auf! Sie fuͤhlen den Werth davon nicht, glauben alle andre Menſchen ſeyen ihnen einen ſolchen Tribut ſchuldig, fuͤr den Schutz, fuͤr die gnaͤdigen Blicke, ja! fuͤr eine ungeſtoͤhrte Exiſtenz, oder man wolle dadurch kleine Vortheile erringen. Schenke ihnen alſo auch nichts! Das heiſſt einen Tropfen koͤſtlichen Balſams in einen Eymer truͤben Waſſers fallen laſſen. Ich beſaß ein altes koſtbares Gemaͤlde; ein geſchickter Maler ſchaͤtzte den Werth deſſelben auf hundert Piſtolen. Die Haͤlfte dieſer Summe, die ich leicht dafuͤr bekommen haben wuͤrde, waͤre
bey
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heimniſſe nicht mittheilen! Sie ſchonen des Man¬
nes, der um ihre Heimlichkeiten weiß, nur ſo
lange, als ſie Seiner ohnumgaͤnglich beduͤrfen;
aber ſie fuͤrchten ihn, und ſuchen ſich von ihm
loszumachen, ſobald ſie koͤnnen, moͤgte man ih¬
nen auch noch ſo deutlich zeigen, daß man un¬
faͤhig iſt, dies Uebergewicht und ihr Zutrauen
zu misbrauchen.
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Ueberhaupt darf man auf die Dankbarkeit
der mehrſten Vornehmen und Reichen, ſo wie
auf ihre Verſprechungen, nicht bauen. Opfre
ihnen alſo nichts auf! Sie fuͤhlen den Werth
davon nicht, glauben alle andre Menſchen ſeyen
ihnen einen ſolchen Tribut ſchuldig, fuͤr den
Schutz, fuͤr die gnaͤdigen Blicke, ja! fuͤr eine
ungeſtoͤhrte Exiſtenz, oder man wolle dadurch
kleine Vortheile erringen. Schenke ihnen alſo
auch nichts! Das heiſſt einen Tropfen koͤſtlichen
Balſams in einen Eymer truͤben Waſſers fallen
laſſen. Ich beſaß ein altes koſtbares Gemaͤlde;
ein geſchickter Maler ſchaͤtzte den Werth deſſelben
auf hundert Piſtolen. Die Haͤlfte dieſer Summe,
die ich leicht dafuͤr bekommen haben wuͤrde, waͤre
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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/34>, abgerufen am 30.12.2024.
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