Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 1. Berlin, 1956.

Bild:
<< vorherige Seite

sehr, mir noch einmal zu schreiben und mir den Brief in Bayreuth
(unter der Adresse: abzugeben in der Sonne oder bei Mehringer) oder,
wärs zu spät, in Hof zukommen zu lassen.

Die Flotowin hielt mich leider für satirisch, wofür ich mich von
niemand unlieber als von Mädgen ansehen lasse. Aber was kan man5
in der ersten Zusammenkunft und unter Müllers Augen anders
machen als Satiren? Das weibliche Geschlecht weis sich weder in den
Ernst noch in den Scherz des mänlichen zu schicken; es misversteht fast
[414]alles, Komplimente ausgenommen; freilich giebt es noch klügere, die
um uns nicht zu misverstehen, uns -- überhören und taub sind, um10
nicht blind zu sein.

Wenn Sie jezt wieder (wie allemal) böse werden: so beweisen Sie
was ich sage -- wenn Sie gut bleiben: so widerlegen Sie es.

Ich bin unter der Hofnung der Widerlegung -- unter der Er-
wartung der Antwort -- unter der Freude auf unsere erste Wieder-15
erblickung

Ihr
Freund
Richter
436. An Frau Kammerkommissar Meyer in Bayreuth.20
[Kopie]

Ich schreibe dieses Vormittags, eh' ich das Vergnügen habe, Sie
lachen zu sehen. Ich wil diesem Brief erst in Hof das Postskript bei-
fügen, worin ich Ihnen für die Gütigkeit danke, die ich heute Nach-
mittags von Ihnen empfangen werde. Ich bin, bis ich zu Ihnen und25
nach Hof komme, hier in der Sonne etc. -- Wünsche, daß die Apotheke
[?] nur im 1ten, nicht 2ten Stokwerk wohne. Da eine Frau von allem
dem Man die Hälfte abgiebt: so machen Sie es auch mit Ihrer
Fröhlichkeit so.



437. An Buchhändler Matzdorff in Berlin.30
[Kopie]

Schon auf meiner Reise, die zu freudig war als daß sie sich nicht
an einem Grabe hätte endigen sollen etc. -- Ich, der ich in wenigen
Jahren 3 Freunde verlor, bin jezt so sehr an den bittersten Kummer

ſehr, mir noch einmal zu ſchreiben und mir den Brief in Bayreuth
(unter der Adreſſe: abzugeben in der Sonne oder bei Mehringer) oder,
wärs zu ſpät, in Hof zukommen zu laſſen.

Die Flotowin hielt mich leider für ſatiriſch, wofür ich mich von
niemand unlieber als von Mädgen anſehen laſſe. Aber was kan man5
in der erſten Zuſammenkunft und unter Müllers Augen anders
machen als Satiren? Das weibliche Geſchlecht weis ſich weder in den
Ernſt noch in den Scherz des mänlichen zu ſchicken; es misverſteht faſt
[414]alles, Komplimente ausgenommen; freilich giebt es noch klügere, die
um uns nicht zu misverſtehen, uns — überhören und taub ſind, um10
nicht blind zu ſein.

Wenn Sie jezt wieder (wie allemal) böſe werden: ſo beweiſen Sie
was ich ſage — wenn Sie gut bleiben: ſo widerlegen Sie es.

Ich bin unter der Hofnung der Widerlegung — unter der Er-
wartung der Antwort — unter der Freude auf unſere erſte Wieder-15
erblickung

Ihr
Freund
Richter
436. An Frau Kammerkommiſſar Meyer in Bayreuth.20
[Kopie]

Ich ſchreibe dieſes Vormittags, eh’ ich das Vergnügen habe, Sie
lachen zu ſehen. Ich wil dieſem Brief erſt in Hof das Poſtſkript bei-
fügen, worin ich Ihnen für die Gütigkeit danke, die ich heute Nach-
mittags von Ihnen empfangen werde. Ich bin, bis ich zu Ihnen und25
nach Hof komme, hier in der Sonne ꝛc. — Wünſche, daß die Apotheke
[?] nur im 1ten, nicht 2ten Stokwerk wohne. Da eine Frau von allem
dem Man die Hälfte abgiebt: ſo machen Sie es auch mit Ihrer
Fröhlichkeit ſo.



437. An Buchhändler Matzdorff in Berlin.30
[Kopie]

Schon auf meiner Reiſe, die zu freudig war als daß ſie ſich nicht
an einem Grabe hätte endigen ſollen ꝛc. — Ich, der ich in wenigen
Jahren 3 Freunde verlor, bin jezt ſo ſehr an den bitterſten Kummer

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="letter" n="1">
        <div>
          <p><pb facs="#f0422" n="394"/>
&#x017F;ehr, mir noch einmal zu &#x017F;chreiben und mir den Brief in Bayreuth<lb/>
(unter der Adre&#x017F;&#x017F;e: abzugeben in der Sonne oder bei Mehringer) oder,<lb/>
wärs zu &#x017F;pät, in Hof zukommen zu la&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
          <p>Die Flotowin hielt mich leider für &#x017F;atiri&#x017F;ch, wofür ich mich von<lb/>
niemand unlieber als von Mädgen an&#x017F;ehen la&#x017F;&#x017F;e. Aber was kan man<lb n="5"/>
in der er&#x017F;ten Zu&#x017F;ammenkunft und unter Müllers Augen anders<lb/>
machen als Satiren? Das weibliche Ge&#x017F;chlecht weis &#x017F;ich weder in den<lb/>
Ern&#x017F;t noch in den Scherz des mänlichen zu &#x017F;chicken; es misver&#x017F;teht fa&#x017F;t<lb/><note place="left"><ref target="1922_Bd#_414">[414]</ref></note>alles, Komplimente ausgenommen; freilich giebt es noch klügere, die<lb/>
um uns nicht zu misver&#x017F;tehen, uns &#x2014; überhören und taub &#x017F;ind, um<lb n="10"/>
nicht blind zu &#x017F;ein.</p><lb/>
          <p>Wenn Sie jezt wieder (wie allemal) bö&#x017F;e werden: &#x017F;o bewei&#x017F;en Sie<lb/>
was ich &#x017F;age &#x2014; wenn Sie gut bleiben: &#x017F;o widerlegen Sie es.</p><lb/>
          <p>Ich bin unter der Hofnung der Widerlegung &#x2014; unter der Er-<lb/>
wartung der Antwort &#x2014; unter der Freude auf un&#x017F;ere er&#x017F;te Wieder-<lb n="15"/>
erblickung</p><lb/>
          <closer>
            <salute> <hi rendition="#right">Ihr<lb/>
Freund<lb/>
Richter</hi> </salute>
          </closer>
        </div>
      </div><lb/>
      <div type="letter" n="1">
        <head>436. An <hi rendition="#g">Frau Kammerkommi&#x017F;&#x017F;ar Meyer in Bayreuth.</hi><lb n="20"/>
</head>
        <note type="editorial"><metamark>[</metamark>Kopie<metamark>]</metamark></note>
        <dateline> <hi rendition="#right"><hi rendition="#aq">Bayreuth d. 14 Jul.</hi> 1793 <metamark>[</metamark>Sonntag<metamark>]</metamark>.</hi> </dateline><lb/>
        <p>Ich &#x017F;chreibe die&#x017F;es Vormittags, eh&#x2019; ich das Vergnügen habe, Sie<lb/>
lachen zu &#x017F;ehen. Ich wil die&#x017F;em Brief er&#x017F;t in Hof das Po&#x017F;t&#x017F;kript bei-<lb/>
fügen, worin ich Ihnen für die Gütigkeit danke, die ich heute Nach-<lb/>
mittags von Ihnen empfangen werde. Ich bin, bis ich zu Ihnen und<lb n="25"/>
nach Hof komme, hier in der Sonne &#xA75B;c. &#x2014; Wün&#x017F;che, daß die Apotheke<lb/><metamark>[?]</metamark> nur im 1<hi rendition="#sup">ten</hi>, nicht 2<hi rendition="#sup">ten</hi> Stokwerk wohne. Da eine Frau von allem<lb/>
dem Man die Hälfte abgiebt: &#x017F;o machen Sie es auch mit Ihrer<lb/>
Fröhlichkeit &#x017F;o.</p>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <div type="letter" n="1">
        <head>437. An <hi rendition="#g">Buchhändler Matzdorff in Berlin.</hi><lb n="30"/>
</head>
        <note type="editorial"><metamark>[</metamark>Kopie<metamark>]</metamark></note>
        <dateline> <hi rendition="#right"><metamark>[</metamark>Schwarzenbach, 16. Juli 1793<metamark>]</metamark></hi> </dateline><lb/>
        <p>Schon auf meiner Rei&#x017F;e, die zu freudig war als daß &#x017F;ie &#x017F;ich nicht<lb/>
an einem Grabe hätte endigen &#x017F;ollen &#xA75B;c. &#x2014; Ich, der ich in wenigen<lb/>
Jahren 3 Freunde verlor, bin jezt &#x017F;o &#x017F;ehr an den bitter&#x017F;ten Kummer<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[394/0422] ſehr, mir noch einmal zu ſchreiben und mir den Brief in Bayreuth (unter der Adreſſe: abzugeben in der Sonne oder bei Mehringer) oder, wärs zu ſpät, in Hof zukommen zu laſſen. Die Flotowin hielt mich leider für ſatiriſch, wofür ich mich von niemand unlieber als von Mädgen anſehen laſſe. Aber was kan man 5 in der erſten Zuſammenkunft und unter Müllers Augen anders machen als Satiren? Das weibliche Geſchlecht weis ſich weder in den Ernſt noch in den Scherz des mänlichen zu ſchicken; es misverſteht faſt alles, Komplimente ausgenommen; freilich giebt es noch klügere, die um uns nicht zu misverſtehen, uns — überhören und taub ſind, um 10 nicht blind zu ſein. [414] Wenn Sie jezt wieder (wie allemal) böſe werden: ſo beweiſen Sie was ich ſage — wenn Sie gut bleiben: ſo widerlegen Sie es. Ich bin unter der Hofnung der Widerlegung — unter der Er- wartung der Antwort — unter der Freude auf unſere erſte Wieder- 15 erblickung Ihr Freund Richter 436. An Frau Kammerkommiſſar Meyer in Bayreuth. 20 Bayreuth d. 14 Jul. 1793 [Sonntag]. Ich ſchreibe dieſes Vormittags, eh’ ich das Vergnügen habe, Sie lachen zu ſehen. Ich wil dieſem Brief erſt in Hof das Poſtſkript bei- fügen, worin ich Ihnen für die Gütigkeit danke, die ich heute Nach- mittags von Ihnen empfangen werde. Ich bin, bis ich zu Ihnen und 25 nach Hof komme, hier in der Sonne ꝛc. — Wünſche, daß die Apotheke [?] nur im 1ten, nicht 2ten Stokwerk wohne. Da eine Frau von allem dem Man die Hälfte abgiebt: ſo machen Sie es auch mit Ihrer Fröhlichkeit ſo. 437. An Buchhändler Matzdorff in Berlin. 30 [Schwarzenbach, 16. Juli 1793] Schon auf meiner Reiſe, die zu freudig war als daß ſie ſich nicht an einem Grabe hätte endigen ſollen ꝛc. — Ich, der ich in wenigen Jahren 3 Freunde verlor, bin jezt ſo ſehr an den bitterſten Kummer

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T14:52:17Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T14:52:17Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe01_1956
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe01_1956/422
Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 1. Berlin, 1956, S. 394. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe01_1956/422>, abgerufen am 27.04.2024.