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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 3. Leipzig, 1703.

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Galante Gedichte.
III.
Der Graff von N. N. an seine
Gemahlin.
WAerstu treuloseste! die du wohl eh gewesen/
Und hätte dich dein stoltz mir nicht verhaßt gemacht/
So soltestu anitzt in diesem brieffe lesen/
Wie mein getreuer geist für deine wohlfahrt wacht.
Wenn dein verkehrter sinn mich annoch wolte kennen/
Ja wäre dir nur mein gedächtniß eingeprägt/
So wolt ich für dein heil durch fluht und flammen rennen/
So lange war mes blut sich in den adern regt.
Jch wolte deinen ruhm/ und guten nahmen retten;
Solt auch mein leben selbst dadurch zu grunde gehn.
Jch trüge williglich gefängniß/ band und ketten/
Würd ich dein hertze nur dadurch vergnüget sehn.
Es solte weder frost noch hitze mich abschrecken/
Mir solte schnee und gluth gleich unempfindlich seyn/
Jch schlieff auff dürrem sand/ ließ mich den himmel decken/
Blieb eintzig deine gunst mein früher sonnensch ein/
Jch wolte nicht ein haar des königs ungunst achten/
Wär auch sein schwerer zorn im höchsten grad entbrandt.
Wenn alle stetnen gleich sich mir zu henckern machten/
So würde meine treu doch niemahls umgewandt.
Mein auge solte dich wie seinen apffel lieben/
Mein leben solte seyn der odem deiner brust.
Dein unglück solte mich bis in den tod betrüben/
Jch neunte für dein heyl zu sterben/ eine lust/
Jch schreibe/ wehrter schatz/ verhärte deine sinnen/
Laß doch den angel fahrn/ der leicht dich fangen kan.
Jch bitte/ siehe doch des königes beginnen
Mit augen der vernunfft ohn liebes blendung an.
Versuch den Nectar nicht der nach der wollust schmecket/
Weil seine liebligkeit verdeckten wermuth hegt:
Durch Weyrauch/ dessen brandt ein geiles hertz anstecket/
Wird eine keusche seel mit asch und dampff belegt.
Es
C 2
Galante Gedichte.
III.
Der Graff von N. N. an ſeine
Gemahlin.
WAerſtu treuloſeſte! die du wohl eh geweſen/
Und haͤtte dich dein ſtoltz mir nicht verhaßt gemacht/
So ſolteſtu anitzt in dieſem brieffe leſen/
Wie mein getreuer geiſt fuͤr deine wohlfahrt wacht.
Wenn dein verkehrter ſinn mich annoch wolte kennen/
Ja waͤre dir nur mein gedaͤchtniß eingepraͤgt/
So wolt ich fuͤr dein heil durch fluht und flammen rennen/
So lange war mes blut ſich in den adern regt.
Jch wolte deinen ruhm/ und guten nahmen retten;
Solt auch mein leben ſelbſt dadurch zu grunde gehn.
Jch truͤge williglich gefaͤngniß/ band und ketten/
Wuͤrd ich dein hertze nur dadurch vergnuͤget ſehn.
Es ſolte weder froſt noch hitze mich abſchrecken/
Mir ſolte ſchnee und gluth gleich unempfindlich ſeyn/
Jch ſchlieff auff duͤrrem ſand/ ließ mich den himmel decken/
Blieb eintzig deine gunſt mein fruͤher ſonnenſch ein/
Jch wolte nicht ein haar des koͤnigs ungunſt achten/
Waͤr auch ſein ſchwerer zorn im hoͤchſten grad entbrandt.
Wenn alle ſtetnen gleich ſich mir zu henckern machten/
So wuͤrde meine treu doch niemahls umgewandt.
Mein auge ſolte dich wie ſeinen apffel lieben/
Mein leben ſolte ſeyn der odem deiner bruſt.
Dein ungluͤck ſolte mich bis in den tod betruͤben/
Jch neunte fuͤr dein heyl zu ſterben/ eine luſt/
Jch ſchreibe/ wehrter ſchatz/ verhaͤrte deine ſinnen/
Laß doch den angel fahrn/ der leicht dich fangen kan.
Jch bitte/ ſiehe doch des koͤniges beginnen
Mit augen der vernunfft ohn liebes blendung an.
Verſuch den Nectar nicht der nach der wolluſt ſchmecket/
Weil ſeine liebligkeit verdeckten wermuth hegt:
Durch Weyrauch/ deſſen brandt ein geiles hertz anſtecket/
Wird eine keuſche ſeel mit aſch und dampff belegt.
Es
C 2
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[35/0043] Galante Gedichte. III. Der Graff von N. N. an ſeine Gemahlin. WAerſtu treuloſeſte! die du wohl eh geweſen/ Und haͤtte dich dein ſtoltz mir nicht verhaßt gemacht/ So ſolteſtu anitzt in dieſem brieffe leſen/ Wie mein getreuer geiſt fuͤr deine wohlfahrt wacht. Wenn dein verkehrter ſinn mich annoch wolte kennen/ Ja waͤre dir nur mein gedaͤchtniß eingepraͤgt/ So wolt ich fuͤr dein heil durch fluht und flammen rennen/ So lange war mes blut ſich in den adern regt. Jch wolte deinen ruhm/ und guten nahmen retten; Solt auch mein leben ſelbſt dadurch zu grunde gehn. Jch truͤge williglich gefaͤngniß/ band und ketten/ Wuͤrd ich dein hertze nur dadurch vergnuͤget ſehn. Es ſolte weder froſt noch hitze mich abſchrecken/ Mir ſolte ſchnee und gluth gleich unempfindlich ſeyn/ Jch ſchlieff auff duͤrrem ſand/ ließ mich den himmel decken/ Blieb eintzig deine gunſt mein fruͤher ſonnenſch ein/ Jch wolte nicht ein haar des koͤnigs ungunſt achten/ Waͤr auch ſein ſchwerer zorn im hoͤchſten grad entbrandt. Wenn alle ſtetnen gleich ſich mir zu henckern machten/ So wuͤrde meine treu doch niemahls umgewandt. Mein auge ſolte dich wie ſeinen apffel lieben/ Mein leben ſolte ſeyn der odem deiner bruſt. Dein ungluͤck ſolte mich bis in den tod betruͤben/ Jch neunte fuͤr dein heyl zu ſterben/ eine luſt/ Jch ſchreibe/ wehrter ſchatz/ verhaͤrte deine ſinnen/ Laß doch den angel fahrn/ der leicht dich fangen kan. Jch bitte/ ſiehe doch des koͤniges beginnen Mit augen der vernunfft ohn liebes blendung an. Verſuch den Nectar nicht der nach der wolluſt ſchmecket/ Weil ſeine liebligkeit verdeckten wermuth hegt: Durch Weyrauch/ deſſen brandt ein geiles hertz anſtecket/ Wird eine keuſche ſeel mit aſch und dampff belegt. Es C 2

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Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 3. Leipzig, 1703, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte03_1703/43>, abgerufen am 22.12.2024.