Tirily! Tirily! ich lebe! Ich fühle den süßen Schmerz der Existenz, ich fühle alle Freuden und Qualen der Welt, ich leide für das Heil des ganzen Menschengeschlechts, ich büße dessen Sün¬ den, aber ich genieße sie auch.
Und nicht blos mit den Menschen, auch mit den Pflanzen fühle ich, ihre tausend grünen Zungen erzählen mir allerliebste Geschichten, sie wissen, daß ich nicht menschenstolz bin, und mir den niedrigsten Wiesenblümchen eben so gern spreche, wie mit den höchsten Tannen. Ach, ich
CapitelVI.
Tirily! Tirily! ich lebe! Ich fuͤhle den ſuͤßen Schmerz der Exiſtenz, ich fuͤhle alle Freuden und Qualen der Welt, ich leide fuͤr das Heil des ganzen Menſchengeſchlechts, ich buͤße deſſen Suͤn¬ den, aber ich genieße ſie auch.
Und nicht blos mit den Menſchen, auch mit den Pflanzen fuͤhle ich, ihre tauſend gruͤnen Zungen erzaͤhlen mir allerliebſte Geſchichten, ſie wiſſen, daß ich nicht menſchenſtolz bin, und mir den niedrigſten Wieſenbluͤmchen eben ſo gern ſpreche, wie mit den hoͤchſten Tannen. Ach, ich
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0049"n="41"/></div><divn="2"><head><hirendition="#g">Capitel</hi><hirendition="#aq">VI</hi>.<lb/></head><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p>Tirily! Tirily! ich lebe! Ich fuͤhle den ſuͤßen<lb/>
Schmerz der Exiſtenz, ich fuͤhle alle Freuden und<lb/>
Qualen der Welt, ich leide fuͤr das Heil des<lb/>
ganzen Menſchengeſchlechts, ich buͤße deſſen Suͤn¬<lb/>
den, aber ich genieße ſie auch.</p><lb/><p>Und nicht blos mit den Menſchen, auch mit<lb/>
den Pflanzen fuͤhle ich, ihre tauſend gruͤnen<lb/>
Zungen erzaͤhlen mir allerliebſte Geſchichten, ſie<lb/>
wiſſen, daß ich nicht menſchenſtolz bin, und mir<lb/>
den niedrigſten Wieſenbluͤmchen eben ſo gern<lb/>ſpreche, wie mit den hoͤchſten Tannen. Ach, ich<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[41/0049]
Capitel VI.
Tirily! Tirily! ich lebe! Ich fuͤhle den ſuͤßen
Schmerz der Exiſtenz, ich fuͤhle alle Freuden und
Qualen der Welt, ich leide fuͤr das Heil des
ganzen Menſchengeſchlechts, ich buͤße deſſen Suͤn¬
den, aber ich genieße ſie auch.
Und nicht blos mit den Menſchen, auch mit
den Pflanzen fuͤhle ich, ihre tauſend gruͤnen
Zungen erzaͤhlen mir allerliebſte Geſchichten, ſie
wiſſen, daß ich nicht menſchenſtolz bin, und mir
den niedrigſten Wieſenbluͤmchen eben ſo gern
ſpreche, wie mit den hoͤchſten Tannen. Ach, ich
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 3. Hamburg, 1830, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder03_1830/49>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.