Mittelpunkte der Grösse zusammenstossen, und gegen den gesammten Umkreis der Schlagader, aller Orten aufge- richtet worden. Einige sind unter ihnen länger, andre kürzer: denn wollte man sie alle gleich gros machen, so würde man sie zu Halbmessern einer Kugel machen. Die also länger sind, deren ihr äusserstes Ende ist vom Mit- telpunkte der Grösse am weitsten entfernt, folglich wird er in dieser Gegend von einer kleinern Gewalt gebeugt, und daselbst schwächer seyn. Jndem diese Gegend also von andern Kügelchen angeschlagen wird, so kann dieses gebogne und schwächere Ende abbrechen und abgerieben werden, bis allenthalben ein gleich grosser Wiederstand gleich grosser Hebel übrig ist, bei denen kein Grund vor- handen ist, warum einer vor dem andern abgerieben werden sollte: das ist nun aber eine Kugel. So erzält die Theorie, denn das Gesichte siehet in der That nichts im Blute, was nicht kuglig wäre. Auf diese Art ver- wandeln sich zwar die grossen Theilchen in Kügelchen, aber die kleinen abgeriebne Abschabsel erlangen, vermöge eben denselben Ursachen, eine von allen Seiten gleich- mäßig wiederstehende Figur. Solchergestalt wird das Blut, indem aus grossen Stoffen kleine entstehen, in der That verdünnt.
Jndessen wird dieses alles deutlicher erfolgen, wenn die Gewalt des Herzens grösser ist, wenn die Blutstoffe von festerm Wesen, und die Schlagadern, an denen sie sich reiben, von härtern Bestandtheilen zusammengesezzt sind.
§. 2. Wie sich das Reiben in den Aesten verhalte.
Jn den grossen Aesten verhält sich beinahe alles nach einerlei Vorgange. Es nimmt freilich die Geschwindig- keit des Blutes ab (g), und folglich ist auch daselbst in so fern das Reiben kleiner. Jndessen gibt es doch auch
andre
(g) 6. Buch. 1. Abschnitt. §. 9. u. f.
Sechſtes Buch. Die Wirkung des
Mittelpunkte der Groͤſſe zuſammenſtoſſen, und gegen den geſammten Umkreis der Schlagader, aller Orten aufge- richtet worden. Einige ſind unter ihnen laͤnger, andre kuͤrzer: denn wollte man ſie alle gleich gros machen, ſo wuͤrde man ſie zu Halbmeſſern einer Kugel machen. Die alſo laͤnger ſind, deren ihr aͤuſſerſtes Ende iſt vom Mit- telpunkte der Groͤſſe am weitſten entfernt, folglich wird er in dieſer Gegend von einer kleinern Gewalt gebeugt, und daſelbſt ſchwaͤcher ſeyn. Jndem dieſe Gegend alſo von andern Kuͤgelchen angeſchlagen wird, ſo kann dieſes gebogne und ſchwaͤchere Ende abbrechen und abgerieben werden, bis allenthalben ein gleich groſſer Wiederſtand gleich groſſer Hebel uͤbrig iſt, bei denen kein Grund vor- handen iſt, warum einer vor dem andern abgerieben werden ſollte: das iſt nun aber eine Kugel. So erzaͤlt die Theorie, denn das Geſichte ſiehet in der That nichts im Blute, was nicht kuglig waͤre. Auf dieſe Art ver- wandeln ſich zwar die groſſen Theilchen in Kuͤgelchen, aber die kleinen abgeriebne Abſchabſel erlangen, vermoͤge eben denſelben Urſachen, eine von allen Seiten gleich- maͤßig wiederſtehende Figur. Solchergeſtalt wird das Blut, indem aus groſſen Stoffen kleine entſtehen, in der That verduͤnnt.
Jndeſſen wird dieſes alles deutlicher erfolgen, wenn die Gewalt des Herzens groͤſſer iſt, wenn die Blutſtoffe von feſterm Weſen, und die Schlagadern, an denen ſie ſich reiben, von haͤrtern Beſtandtheilen zuſammengeſezzt ſind.
§. 2. Wie ſich das Reiben in den Aeſten verhalte.
Jn den groſſen Aeſten verhaͤlt ſich beinahe alles nach einerlei Vorgange. Es nimmt freilich die Geſchwindig- keit des Blutes ab (g), und folglich iſt auch daſelbſt in ſo fern das Reiben kleiner. Jndeſſen gibt es doch auch
andre
(g) 6. Buch. 1. Abſchnitt. §. 9. u. f.
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Sechſtes Buch. Die Wirkung des
Mittelpunkte der Groͤſſe zuſammenſtoſſen, und gegen den
geſammten Umkreis der Schlagader, aller Orten aufge-
richtet worden. Einige ſind unter ihnen laͤnger, andre
kuͤrzer: denn wollte man ſie alle gleich gros machen, ſo
wuͤrde man ſie zu Halbmeſſern einer Kugel machen. Die
alſo laͤnger ſind, deren ihr aͤuſſerſtes Ende iſt vom Mit-
telpunkte der Groͤſſe am weitſten entfernt, folglich wird
er in dieſer Gegend von einer kleinern Gewalt gebeugt,
und daſelbſt ſchwaͤcher ſeyn. Jndem dieſe Gegend alſo
von andern Kuͤgelchen angeſchlagen wird, ſo kann dieſes
gebogne und ſchwaͤchere Ende abbrechen und abgerieben
werden, bis allenthalben ein gleich groſſer Wiederſtand
gleich groſſer Hebel uͤbrig iſt, bei denen kein Grund vor-
handen iſt, warum einer vor dem andern abgerieben
werden ſollte: das iſt nun aber eine Kugel. So erzaͤlt
die Theorie, denn das Geſichte ſiehet in der That nichts
im Blute, was nicht kuglig waͤre. Auf dieſe Art ver-
wandeln ſich zwar die groſſen Theilchen in Kuͤgelchen,
aber die kleinen abgeriebne Abſchabſel erlangen, vermoͤge
eben denſelben Urſachen, eine von allen Seiten gleich-
maͤßig wiederſtehende Figur. Solchergeſtalt wird das
Blut, indem aus groſſen Stoffen kleine entſtehen, in der
That verduͤnnt.
Jndeſſen wird dieſes alles deutlicher erfolgen, wenn
die Gewalt des Herzens groͤſſer iſt, wenn die Blutſtoffe
von feſterm Weſen, und die Schlagadern, an denen ſie ſich
reiben, von haͤrtern Beſtandtheilen zuſammengeſezzt ſind.
§. 2.
Wie ſich das Reiben in den Aeſten verhalte.
Jn den groſſen Aeſten verhaͤlt ſich beinahe alles nach
einerlei Vorgange. Es nimmt freilich die Geſchwindig-
keit des Blutes ab (g), und folglich iſt auch daſelbſt in
ſo fern das Reiben kleiner. Jndeſſen gibt es doch auch
andre
(g) 6. Buch. 1. Abſchnitt. §. 9. u. f.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 444. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/464>, abgerufen am 22.02.2025.
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