5] Memoires sur le rang et la preseance entre les sou- verains de l'Europe et entre leurs Ministres repre- sentans suivant leurs differens caracteres. Par Mr. Roußet pour servir de supplement a l' Ambaßadeur et ses fonctions de Mr. de Wicquefort. a Amsterd. 1746. 4. Sind eigentlich blos eine Uebersetzung der vornehmsten Kapitel des Zwanzig, aber in einer etwas geänderten Ordnung. Selten sind einige Zusätze von dem, was seit 1709 vorgefallen, hinzugekommen.
§. 4. Ursprung und Gründe desselben.
Die Natur kent also kein Recht des Vorranges. Sie hat iedem Menschen, iedem Volke gleiche Rechte zugeteilt und es ist daher keine Verbindlichkeit vorhan- den, warum ein Volk dem andern, das ihm nichts zu befehlen hat, nachstehn solte. Bey einer Zusammen- kunft mehrerer ist es freilich natürlich, daß eine gewisse Ordnung beobachtet werden und eins das erste etc. seyn müsse. Aus diesem Grunde leiten auch einige Völker- rechtslehrer a] die Rangordnung unter den Völkern aus der Natur selbst her. Aber iene Ordnung kan füglich bestehen und auf verschiedene Art also eingerichtet wer- den, daß die natürliche Gleichheit deshalb nicht aufgeho- ben, oder einem Volke ein Vorrecht eingeräumt werden darf. Durch wen, und nach welchem Maasstabe von Vorzügen solte auch dieser Vorrang bestimt werden? Allein nicht zufrieden mit der natürlichen Gleichheit, nahmen die Nazionen, weil sie bey der Natur die Befrie- digung ihrer Eitelkeit nicht fanden, zu mancherley zufäl- lig erworbenen Eigenschaften b] ihre Zuflucht, und glaub- ten im Alter ihres Reichs, des angenommenen Christen- thums, in der Macht, Erhabenheit der Würde und dergleichen, Ursach genug zu finden, sich über andere
zu
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und dem eingefuͤhrten Range der Nazionen.
5] Memoires ſur le rang et la préſéance entre les ſou- verains de l’Europe et entre leurs Miniſtres repre- ſentans ſuivant leurs differens caractères. Par Mr. Roußet pour ſervir de ſupplement à l’ Ambaßadeur et ſes fonctions de Mr. de Wicquefort. à Amſterd. 1746. 4. Sind eigentlich blos eine Ueberſetzung der vornehmſten Kapitel des Zwanzig, aber in einer etwas geaͤnderten Ordnung. Selten ſind einige Zuſaͤtze von dem, was ſeit 1709 vorgefallen, hinzugekommen.
§. 4. Urſprung und Gruͤnde deſſelben.
Die Natur kent alſo kein Recht des Vorranges. Sie hat iedem Menſchen, iedem Volke gleiche Rechte zugeteilt und es iſt daher keine Verbindlichkeit vorhan- den, warum ein Volk dem andern, das ihm nichts zu befehlen hat, nachſtehn ſolte. Bey einer Zuſammen- kunft mehrerer iſt es freilich natuͤrlich, daß eine gewiſſe Ordnung beobachtet werden und eins das erſte ꝛc. ſeyn muͤſſe. Aus dieſem Grunde leiten auch einige Voͤlker- rechtslehrer a] die Rangordnung unter den Voͤlkern aus der Natur ſelbſt her. Aber iene Ordnung kan fuͤglich beſtehen und auf verſchiedene Art alſo eingerichtet wer- den, daß die natuͤrliche Gleichheit deshalb nicht aufgeho- ben, oder einem Volke ein Vorrecht eingeraͤumt werden darf. Durch wen, und nach welchem Maasſtabe von Vorzuͤgen ſolte auch dieſer Vorrang beſtimt werden? Allein nicht zufrieden mit der natuͤrlichen Gleichheit, nahmen die Nazionen, weil ſie bey der Natur die Befrie- digung ihrer Eitelkeit nicht fanden, zu mancherley zufaͤl- lig erworbenen Eigenſchaften b] ihre Zuflucht, und glaub- ten im Alter ihres Reichs, des angenommenen Chriſten- thums, in der Macht, Erhabenheit der Wuͤrde und dergleichen, Urſach genug zu finden, ſich uͤber andere
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und dem eingefuͤhrten Range der Nazionen.
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5] Memoires ſur le rang et la préſéance entre les ſou-
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ſentans ſuivant leurs differens caractères. Par Mr.
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et ſes fonctions de Mr. de Wicquefort. à Amſterd.
1746. 4. Sind eigentlich blos eine Ueberſetzung der
vornehmſten Kapitel des Zwanzig, aber in einer etwas
geaͤnderten Ordnung. Selten ſind einige Zuſaͤtze von
dem, was ſeit 1709 vorgefallen, hinzugekommen.
§. 4.
Urſprung und Gruͤnde deſſelben.
Die Natur kent alſo kein Recht des Vorranges.
Sie hat iedem Menſchen, iedem Volke gleiche Rechte
zugeteilt und es iſt daher keine Verbindlichkeit vorhan-
den, warum ein Volk dem andern, das ihm nichts zu
befehlen hat, nachſtehn ſolte. Bey einer Zuſammen-
kunft mehrerer iſt es freilich natuͤrlich, daß eine gewiſſe
Ordnung beobachtet werden und eins das erſte ꝛc. ſeyn
muͤſſe. Aus dieſem Grunde leiten auch einige Voͤlker-
rechtslehrer a] die Rangordnung unter den Voͤlkern aus
der Natur ſelbſt her. Aber iene Ordnung kan fuͤglich
beſtehen und auf verſchiedene Art alſo eingerichtet wer-
den, daß die natuͤrliche Gleichheit deshalb nicht aufgeho-
ben, oder einem Volke ein Vorrecht eingeraͤumt werden
darf. Durch wen, und nach welchem Maasſtabe von
Vorzuͤgen ſolte auch dieſer Vorrang beſtimt werden?
Allein nicht zufrieden mit der natuͤrlichen Gleichheit,
nahmen die Nazionen, weil ſie bey der Natur die Befrie-
digung ihrer Eitelkeit nicht fanden, zu mancherley zufaͤl-
lig erworbenen Eigenſchaften b] ihre Zuflucht, und glaub-
ten im Alter ihres Reichs, des angenommenen Chriſten-
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Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787, S. 201. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht01_1787/227>, abgerufen am 22.02.2025.
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