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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826.

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III. consonantische ableitungen. RN. RD.

3) verba? zwei bedenkliche ahd. wörter: it-ernon
(crescere, surgere) mons. 385; uoß-ernan (spernere, asper-
nari) T. 64, 9. (urzarnitun, l. uoz.) 67, 2. (uozirnit) 118.
(uozurnitun) 143. (uozernit) 196, 7. (nozzirnita). Erste-
res scheint von der partikel it- (re-) hergeleitet; letzteres
verstehe ich weder so, noch wenn ich ein compositum
uo-zernan annehme, vgl. cap. III. die vorpartikel uo.
In der gemeinen volkssprache ist ein verbum außen (ludi-
brio habere) sehr verbreitet, vgl. Stald. 2, 425., sollte das
mit uozernan zus. hängen? --

anmerkungen: a) da, wo -rn aus keiner composition
entspringt, sondern wahre ableitung ist, könnte es bei
näherer untersuchung in zwei einfache -r-n aufgelöst
werden; doch weiß ich diese ansicht weiter nicht zu be-
stätigen, man müste denn das goth. akran mit altn. akarn
verglichen daraus die volle form akaran muthmaßen.
b) vergleichbar sind die lat. -ern in cav-erna, cist-erna,
lav-erna, luc-erna, vet-ernus (morbus) und in den adj.
hest-ernus, hib-ernus, pat-ernus, mat-ernus, ext-ernus,
int-ernus, ho-rnus, diu-rnus, noctu-rnus etc. doch
liegt bei mehrern derselben das -er schon in pater, ma-
ter, extra, intra.


ableitungen mit RD.

von der ableitung -ard gilt ungefähr was vorhin bei -olf
angemerkt wurde: sie entspringt aus einer ursprünglichen
composition *) mit -hard, ahd. hart. Nur daß hier nicht
der hochd. dialect die spirans wegwirft und die zus.
setzung verdunkelt, sondern der niederländische. Statt
der ahd. männl. eigennamen: degan-hart: ebur-hart; en-
gil-hart; megin-hart; regin-hart (später mein-hart, rein-
hart) perin-hart; wolf-hart etc. gebraucht die mnl. sprache,
mit bloßem -aert, nnl. aard, die formen bern-aert; ever-
aert; rein-aert (ever-ard), rein-ard etc. Allein sie ver-

*) wirkliche composita bleiben aber die altn. -urd, -yrdi, in
denen der begriff von ord (verbum) haftet, daher sie bloß in cap.
III. gehören. Ein andres -urd entspringt aus verd in dög-urdr
(prandium) und dem eigennamen sig-urdr, vgl. hol-urd (saletum
cavum) fem.; das -ard in dem adj. ein-ardr (audax, consians) hin-
gegen aus hardr, wie das gleichbedeutige ahd. adj. ein-herti lehrt. --
Wie das ags. hl[a]f-ord (dominus) gebildet sei, ist noch nicht be-
friedigend erläutert, schwerlichmit dem 1, 229. vermutheten ord =
oddr (cuspis).
Y 2
III. conſonantiſche ableitungen. RN. RD.

3) verba? zwei bedenkliche ahd. wörter: it-ernôn
(creſcere, ſurgere) monſ. 385; uoƷ-ernan (ſpernere, aſper-
nari) T. 64, 9. (urzarnitun, l. uoz.) 67, 2. (uozirnit) 118.
(uozurnitun) 143. (uozernit) 196, 7. (nozzirnita). Erſte-
res ſcheint von der partikel it- (re-) hergeleitet; letzteres
verſtehe ich weder ſo, noch wenn ich ein compoſitum
uo-zernan annehme, vgl. cap. III. die vorpartikel uo.
In der gemeinen volksſprache iſt ein verbum ûƷen (ludi-
brio habere) ſehr verbreitet, vgl. Stald. 2, 425., ſollte das
mit uozernan zuſ. hängen? —

anmerkungen: a) da, wo -rn aus keiner compoſition
entſpringt, ſondern wahre ableitung iſt, könnte es bei
näherer unterſuchung in zwei einfache -r-n aufgelöſt
werden; doch weiß ich dieſe anſicht weiter nicht zu be-
ſtätigen, man müſte denn das goth. akran mit altn. akarn
verglichen daraus die volle form akaran muthmaßen.
b) vergleichbar ſind die lat. -ern in cav-erna, ciſt-erna,
lav-erna, luc-erna, vet-ernus (morbus) und in den adj.
heſt-ernus, hib-ernus, pat-ernus, mat-ernus, ext-ernus,
int-ernus, ho-rnus, diu-rnus, noctu-rnus etc. doch
liegt bei mehrern derſelben das -er ſchon in pater, ma-
ter, extra, intra.


ableitungen mit RD.

von der ableitung -ard gilt ungefähr was vorhin bei -olf
angemerkt wurde: ſie entſpringt aus einer urſprünglichen
compoſition *) mit -hard, ahd. hart. Nur daß hier nicht
der hochd. dialect die ſpirans wegwirft und die zuſ.
ſetzung verdunkelt, ſondern der niederländiſche. Statt
der ahd. männl. eigennamen: dëgan-hart: ëbur-hart; en-
gil-hart; megin-hart; regin-hart (ſpäter mein-hart, rein-
hart) përin-hart; wolf-hart etc. gebraucht die mnl. ſprache,
mit bloßem -aert, nnl. aard, die formen bern-aert; ëver-
aert; rein-aert (ever-ârd), rein-ârd etc. Allein ſie ver-

*) wirkliche compoſita bleiben aber die altn. -urd, -yrdi, in
denen der begriff von ord (verbum) haftet, daher ſie bloß in cap.
III. gehören. Ein andres -urd entſpringt aus vërd in dög-urdr
(prandium) und dem eigennamen ſig-urdr, vgl. hol-urd (ſaletum
cavum) fem.; das -ard in dem adj. ein-ardr (audax, conſians) hin-
gegen aus hardr, wie das gleichbedeutige ahd. adj. ein-herti lehrt. —
Wie das agſ. hl[a]f-ord (dominus) gebildet ſei, iſt noch nicht be-
friedigend erläutert, ſchwerlichmit dem 1, 229. vermutheten ord =
oddr (cuſpis).
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[339/0357] III. conſonantiſche ableitungen. RN. RD. 3) verba? zwei bedenkliche ahd. wörter: it-ernôn (creſcere, ſurgere) monſ. 385; uoƷ-ernan (ſpernere, aſper- nari) T. 64, 9. (urzarnitun, l. uoz.) 67, 2. (uozirnit) 118. (uozurnitun) 143. (uozernit) 196, 7. (nozzirnita). Erſte- res ſcheint von der partikel it- (re-) hergeleitet; letzteres verſtehe ich weder ſo, noch wenn ich ein compoſitum uo-zernan annehme, vgl. cap. III. die vorpartikel uo. In der gemeinen volksſprache iſt ein verbum ûƷen (ludi- brio habere) ſehr verbreitet, vgl. Stald. 2, 425., ſollte das mit uozernan zuſ. hängen? — anmerkungen: a) da, wo -rn aus keiner compoſition entſpringt, ſondern wahre ableitung iſt, könnte es bei näherer unterſuchung in zwei einfache -r-n aufgelöſt werden; doch weiß ich dieſe anſicht weiter nicht zu be- ſtätigen, man müſte denn das goth. akran mit altn. akarn verglichen daraus die volle form akaran muthmaßen. b) vergleichbar ſind die lat. -ern in cav-erna, ciſt-erna, lav-erna, luc-erna, vet-ernus (morbus) und in den adj. heſt-ernus, hib-ernus, pat-ernus, mat-ernus, ext-ernus, int-ernus, ho-rnus, diu-rnus, noctu-rnus etc. doch liegt bei mehrern derſelben das -er ſchon in pater, ma- ter, extra, intra. ableitungen mit RD. von der ableitung -ard gilt ungefähr was vorhin bei -olf angemerkt wurde: ſie entſpringt aus einer urſprünglichen compoſition *) mit -hard, ahd. hart. Nur daß hier nicht der hochd. dialect die ſpirans wegwirft und die zuſ. ſetzung verdunkelt, ſondern der niederländiſche. Statt der ahd. männl. eigennamen: dëgan-hart: ëbur-hart; en- gil-hart; megin-hart; regin-hart (ſpäter mein-hart, rein- hart) përin-hart; wolf-hart etc. gebraucht die mnl. ſprache, mit bloßem -aert, nnl. aard, die formen bern-aert; ëver- aert; rein-aert (ever-ârd), rein-ârd etc. Allein ſie ver- *) wirkliche compoſita bleiben aber die altn. -urd, -yrdi, in denen der begriff von ord (verbum) haftet, daher ſie bloß in cap. III. gehören. Ein andres -urd entſpringt aus vërd in dög-urdr (prandium) und dem eigennamen ſig-urdr, vgl. hol-urd (ſaletum cavum) fem.; das -ard in dem adj. ein-ardr (audax, conſians) hin- gegen aus hardr, wie das gleichbedeutige ahd. adj. ein-herti lehrt. — Wie das agſ. hlaf-ord (dominus) gebildet ſei, iſt noch nicht be- friedigend erläutert, ſchwerlichmit dem 1, 229. vermutheten ord = oddr (cuſpis). Y 2

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826, S. 339. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik02_1826/357>, abgerufen am 30.12.2024.