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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Erstes Quartal.

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nach Willkür zu neutralisiren und das wirthschaftliche Leben der Nation den
Schwankungen auszusetzen, welche im Gefolge hoher und wechselnder Einfuhr¬
prämien für einzelne Gegenstünde nothwendig eintreten."

Das sind die Grundzüge des finanz- und zollpolitischen Programms unseres
Reichskanzlers. Dasselbe ist durchgehends auf Gerechtigkeit gegründet und auch
der Billigkeit nicht fremd, natürlich und maßvoll. Die Manchesterleute werden
hundertstimmig und in allen Tonarten "Reaktion!" schreien. Es wird aber
nur die Rückkehr zu den Grundsätzen, die vor 1865 galten, beabsichtigt, Grund¬
sätzen, bei denen Staat und Volk sich wohl befanden, wahrend die seit jenem
Jahre bei uns mehr und mehr zur Geltung gekommenen, von England impor-
tirten und nur in dessen Interesse gepredigten Grundsätze des internationalen
Freihandels wesentlich dazu beigetragen haben, unsere finanzielle Kraft zu
schwachen und den Rückgang von Industrie, Verkehr und Handel herbeizuführen,
den wir in den letzten Jahren zu betrauern hatten und noch heute zu betrauern
haben. Wir haben alle Ursache, dem Reichskanzler dankbar zu sein, daß er zur
Abstellung dieses Unwesens mit unzweideutigen Freimuth die Initiative er¬
griffen. Wir hoffen, daß seine Kundgebung Vielen die Augen über ihre eigenen
wahren Interessen und über die Lügen, mit denen man sie bisher bethört hat,
aufgehen lassen wird. Wir haben endlich nur das Eine zu beklagen, daß
noch einige Zeit in's Land gehen wird, bevor seine Absichten sich verwirklichen
können. Der schließliche Sieg seiner Politik aber ist auch hier sicher.




Springer's Kaffae! und Mebel Angelo.

Die beiden großen Meister, in welchen sich der stolze Baum der italienischen
Renaissance zu einem üppigen Blüthenkelch entfaltete, sind seit Beginn der kunst-
geschichtlichen Studien in Deutschland, also seit den zwanziger Jahren unseres
Jahrhunderts, häufig der Gegenstaud mouographischer Behandlungen gewesen.
Auf der Arbeit eines Franzosen, Quatremere de Quiney, fußt Passavant's grund¬
legendes Werk über Raffael und feinen Vater Giovanni Santi, das auch heute
noch, nach vierzigjährigen weiteren Arbeiten, nicht blos um des Verzeichnisses
der Raffcielischen Werke willen von Bed-eutung ist. Die italienische Uebersetzung von
Quatremere de Quiuey, welche Longhena besorgt hatte, und Pungileoni's ZÄoAio
storieo eröffneten die urkundlichen Quellen, welche bei Raffael spärlicher fließen
als bei den andern großen Meistern der Renaissance. Ernst Förster's Bio-


nach Willkür zu neutralisiren und das wirthschaftliche Leben der Nation den
Schwankungen auszusetzen, welche im Gefolge hoher und wechselnder Einfuhr¬
prämien für einzelne Gegenstünde nothwendig eintreten."

Das sind die Grundzüge des finanz- und zollpolitischen Programms unseres
Reichskanzlers. Dasselbe ist durchgehends auf Gerechtigkeit gegründet und auch
der Billigkeit nicht fremd, natürlich und maßvoll. Die Manchesterleute werden
hundertstimmig und in allen Tonarten „Reaktion!" schreien. Es wird aber
nur die Rückkehr zu den Grundsätzen, die vor 1865 galten, beabsichtigt, Grund¬
sätzen, bei denen Staat und Volk sich wohl befanden, wahrend die seit jenem
Jahre bei uns mehr und mehr zur Geltung gekommenen, von England impor-
tirten und nur in dessen Interesse gepredigten Grundsätze des internationalen
Freihandels wesentlich dazu beigetragen haben, unsere finanzielle Kraft zu
schwachen und den Rückgang von Industrie, Verkehr und Handel herbeizuführen,
den wir in den letzten Jahren zu betrauern hatten und noch heute zu betrauern
haben. Wir haben alle Ursache, dem Reichskanzler dankbar zu sein, daß er zur
Abstellung dieses Unwesens mit unzweideutigen Freimuth die Initiative er¬
griffen. Wir hoffen, daß seine Kundgebung Vielen die Augen über ihre eigenen
wahren Interessen und über die Lügen, mit denen man sie bisher bethört hat,
aufgehen lassen wird. Wir haben endlich nur das Eine zu beklagen, daß
noch einige Zeit in's Land gehen wird, bevor seine Absichten sich verwirklichen
können. Der schließliche Sieg seiner Politik aber ist auch hier sicher.




Springer's Kaffae! und Mebel Angelo.

Die beiden großen Meister, in welchen sich der stolze Baum der italienischen
Renaissance zu einem üppigen Blüthenkelch entfaltete, sind seit Beginn der kunst-
geschichtlichen Studien in Deutschland, also seit den zwanziger Jahren unseres
Jahrhunderts, häufig der Gegenstaud mouographischer Behandlungen gewesen.
Auf der Arbeit eines Franzosen, Quatremere de Quiney, fußt Passavant's grund¬
legendes Werk über Raffael und feinen Vater Giovanni Santi, das auch heute
noch, nach vierzigjährigen weiteren Arbeiten, nicht blos um des Verzeichnisses
der Raffcielischen Werke willen von Bed-eutung ist. Die italienische Uebersetzung von
Quatremere de Quiuey, welche Longhena besorgt hatte, und Pungileoni's ZÄoAio
storieo eröffneten die urkundlichen Quellen, welche bei Raffael spärlicher fließen
als bei den andern großen Meistern der Renaissance. Ernst Förster's Bio-


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[0027] nach Willkür zu neutralisiren und das wirthschaftliche Leben der Nation den Schwankungen auszusetzen, welche im Gefolge hoher und wechselnder Einfuhr¬ prämien für einzelne Gegenstünde nothwendig eintreten." Das sind die Grundzüge des finanz- und zollpolitischen Programms unseres Reichskanzlers. Dasselbe ist durchgehends auf Gerechtigkeit gegründet und auch der Billigkeit nicht fremd, natürlich und maßvoll. Die Manchesterleute werden hundertstimmig und in allen Tonarten „Reaktion!" schreien. Es wird aber nur die Rückkehr zu den Grundsätzen, die vor 1865 galten, beabsichtigt, Grund¬ sätzen, bei denen Staat und Volk sich wohl befanden, wahrend die seit jenem Jahre bei uns mehr und mehr zur Geltung gekommenen, von England impor- tirten und nur in dessen Interesse gepredigten Grundsätze des internationalen Freihandels wesentlich dazu beigetragen haben, unsere finanzielle Kraft zu schwachen und den Rückgang von Industrie, Verkehr und Handel herbeizuführen, den wir in den letzten Jahren zu betrauern hatten und noch heute zu betrauern haben. Wir haben alle Ursache, dem Reichskanzler dankbar zu sein, daß er zur Abstellung dieses Unwesens mit unzweideutigen Freimuth die Initiative er¬ griffen. Wir hoffen, daß seine Kundgebung Vielen die Augen über ihre eigenen wahren Interessen und über die Lügen, mit denen man sie bisher bethört hat, aufgehen lassen wird. Wir haben endlich nur das Eine zu beklagen, daß noch einige Zeit in's Land gehen wird, bevor seine Absichten sich verwirklichen können. Der schließliche Sieg seiner Politik aber ist auch hier sicher. Springer's Kaffae! und Mebel Angelo. Die beiden großen Meister, in welchen sich der stolze Baum der italienischen Renaissance zu einem üppigen Blüthenkelch entfaltete, sind seit Beginn der kunst- geschichtlichen Studien in Deutschland, also seit den zwanziger Jahren unseres Jahrhunderts, häufig der Gegenstaud mouographischer Behandlungen gewesen. Auf der Arbeit eines Franzosen, Quatremere de Quiney, fußt Passavant's grund¬ legendes Werk über Raffael und feinen Vater Giovanni Santi, das auch heute noch, nach vierzigjährigen weiteren Arbeiten, nicht blos um des Verzeichnisses der Raffcielischen Werke willen von Bed-eutung ist. Die italienische Uebersetzung von Quatremere de Quiuey, welche Longhena besorgt hatte, und Pungileoni's ZÄoAio storieo eröffneten die urkundlichen Quellen, welche bei Raffael spärlicher fließen als bei den andern großen Meistern der Renaissance. Ernst Förster's Bio-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_141412/27>, abgerufen am 29.06.2024.