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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. III. Band.

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"So wie das Schiff vorübergeht,
Es wohl zu fahren heißt,"

und wenn sie demnächst auch dazu nicht mehr dienen können, dem Museum der
Alterthümer werden einverleibt werden. In Anbetracht dieser Umstände zog
sich der Hauptmann, nachdem er alles das genau festgestellt hatte, aus der
Festung zurück und marschirte gen Koblenz.

Da ich Weiteres nicht zu melden habe, so bitte ich zum Schlüsse den ge¬
neigten Leser um Verzeihung, wenn zuweilen in diesen Zeilen etwas auftaucht,
das aussieht wie Laune. Ich kann versichern, daß ich das schwere Verhängnis)
dieser schicksalsvollen Zeit so tief empfinde, wie einer; aber dennoch würde ich
mich aufrichtig freuen, wenn Plaudereien nicht nur mir, sondern auch Ihnen
und dem geneigten Leser des Kummers Wolke auf ein Stündchen von der
Stirn scherzten, ohne daß dabei die Wahrheit gelitten. Denn ich war bestrebt,
nur die Wahrheit zu sagen. Auch die ganze Wahrheit? Lieber Leser, in
Kriegszeiten pflegte Till Eulenspiegel, welcher deren erlebt hat, zu sagen: Wer
die ganze Wahrheit geigt, dem schlägt man den Fidelbogen ums Maul. Der
Rest ist Schweigen.




Die echten Gedichte Michelangelos.
(Schluß.)

(?. (?ug,sti, le rios <Zi NieKölavgelo Luollarroti. Trense 1863.

Michelangelo hatte Lorenzo dem Prächtigen zu viel zu verdanken, als daß
er nicht dessen ganzem Hause ein Gefühl der Anhänglichkeit hätte bewahren
sollen. Beim Tod seines Wohlthäters war er von heftigem Schmerz ergriffen,
und als Pietro, Lorenzos Sohn, ihn gleichfalls zu sich rief, leistete er auch ihm
gern Dienste. Allein der brausende Uebermuth dieses Fürsten machte kein
näheres Verhältniß möglich, und wie es scheint war es die Ahnung von dem
über Pietro hereinbrechenden Verhängniß, was Michelangelo eines Tages zu
Plötzlicher Flucht aus Florenz bewog. Nach wenigen Wochen folgte wirklich die
Flucht Pietros nach. Als Michelangelo im Jahr 1496 zurückkehrte, stand eben
Savonarola auf der Höhe seiner Wirksamkeit. Condivi bezeugt uns den Ein¬
druck, welchen die Predigt des Mönchs auf den empfänglichen strengdenkenden


„So wie das Schiff vorübergeht,
Es wohl zu fahren heißt,"

und wenn sie demnächst auch dazu nicht mehr dienen können, dem Museum der
Alterthümer werden einverleibt werden. In Anbetracht dieser Umstände zog
sich der Hauptmann, nachdem er alles das genau festgestellt hatte, aus der
Festung zurück und marschirte gen Koblenz.

Da ich Weiteres nicht zu melden habe, so bitte ich zum Schlüsse den ge¬
neigten Leser um Verzeihung, wenn zuweilen in diesen Zeilen etwas auftaucht,
das aussieht wie Laune. Ich kann versichern, daß ich das schwere Verhängnis)
dieser schicksalsvollen Zeit so tief empfinde, wie einer; aber dennoch würde ich
mich aufrichtig freuen, wenn Plaudereien nicht nur mir, sondern auch Ihnen
und dem geneigten Leser des Kummers Wolke auf ein Stündchen von der
Stirn scherzten, ohne daß dabei die Wahrheit gelitten. Denn ich war bestrebt,
nur die Wahrheit zu sagen. Auch die ganze Wahrheit? Lieber Leser, in
Kriegszeiten pflegte Till Eulenspiegel, welcher deren erlebt hat, zu sagen: Wer
die ganze Wahrheit geigt, dem schlägt man den Fidelbogen ums Maul. Der
Rest ist Schweigen.




Die echten Gedichte Michelangelos.
(Schluß.)

(?. (?ug,sti, le rios <Zi NieKölavgelo Luollarroti. Trense 1863.

Michelangelo hatte Lorenzo dem Prächtigen zu viel zu verdanken, als daß
er nicht dessen ganzem Hause ein Gefühl der Anhänglichkeit hätte bewahren
sollen. Beim Tod seines Wohlthäters war er von heftigem Schmerz ergriffen,
und als Pietro, Lorenzos Sohn, ihn gleichfalls zu sich rief, leistete er auch ihm
gern Dienste. Allein der brausende Uebermuth dieses Fürsten machte kein
näheres Verhältniß möglich, und wie es scheint war es die Ahnung von dem
über Pietro hereinbrechenden Verhängniß, was Michelangelo eines Tages zu
Plötzlicher Flucht aus Florenz bewog. Nach wenigen Wochen folgte wirklich die
Flucht Pietros nach. Als Michelangelo im Jahr 1496 zurückkehrte, stand eben
Savonarola auf der Höhe seiner Wirksamkeit. Condivi bezeugt uns den Ein¬
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_285587/65>, abgerufen am 22.07.2024.