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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. III. Band.

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am Abende den Blicken der zahllosen Menge ein wahrhaft bezauberndes Schau¬
spiel dar, als auf dem Festplatze ein schönes Feuerwerk abgebrannt wurde, deren
ich zwar in meinem Leben mehrere und größere und schönere in Betreff ihrer
Anstalten gesehen habe, nie aber mir denken kann, daß es einen schönern und
geeignetem Ort gebe, wo ein solches Knnstfcuer einen herrlichern und entzücken¬
den Eindruck hervvrzubrigeu im Stande ist.

Wie die Schweizer auf ihre Vorfahren halte", und sie noch heutigen Tages
ehren, ist bekannt, und man kann diese Verehrung des Andenkens der Begründer
der Schweizerischen Freiheit in den verschiedensten Einzelheiten bemerken, und na¬
mentlich, daß diese Verehrung nicht etwa nur etwas in Büchern und Zeitschriften
Ausgesprochenes, sondern wirklich im Herzen des Volke Lebendes ist. Ein
Zwischenfall brachte mir dies recht lebhaft vor Augen. Es erschienen nämlich
plötzlich inmitten der Menschenmenge zwei von Denjenigen, welche bei dem
Vevaycr Winzerfeste mit zu dem Corps der "alten Schweizer" gehört hatten.
Beide gingen noch in ihrem roth und weißen Costum, mit Brustharnisch und
Barett, so daß sie eben sehr unter der übrigen Menschenmasse hervortraten. Ich
bin überzeugt, daß zwei wirkliche alte Schweizer auch uicht im Stande gewesen
wären, bei ihrem plötzlichen Erscheinen mehr Aussehen zu erregen, als diese
beiden Abbilder Derselben, die beide, große, kräftige Gestalten, in ihren großen
Bärten und ihrer martialischem Haltung ganz unwillkürlich die Rückerinnerung an
die großen Helden des Vaterlandes rege machen mußten. Ein allgemeiner Jubel,
Schwenken der Hüte empfing die Ankommenden, gleich als wenn sie eben die
Vertreter der Vorältern gewesen wären; die Väter hoben ihre Kinder auf die
Arme, und an die Namen Teil u. s. w. knüpften sich nun Gespräche, Mitthei¬
lungen und Reden, nachdem durch diese einzige bildliche Erscheinung der Phan¬
tasie und dem Patriotismus eine neue, momentane Richtung gegeben war. --




südslavische Wanderungen im Sommer
Zwei Bände. Leipzig, Herbig.

Das Buch ist hübsch geschrieben, und enthält recht interessante Beobachtungen-
Der Verfasser, der sich selbst einen Czechen nennt, und als solcher in Belgrad mit
dem serbischen Helden Knitschaniu fraternistrt, schreibt ein zu gewandtes Deutsch,
als daß man nicht annehmew sollte, er gehörte zu jenen neumodischen romantischen
Czechen, die mehr durch ihr Princip, als durch ihre Geburt diesem Namen ange¬
hören. Er läßt sich zuweilen in Politik ein, aber ohne besonderes Glück; nur
wo er einfach referirt, ist er von Werth.


am Abende den Blicken der zahllosen Menge ein wahrhaft bezauberndes Schau¬
spiel dar, als auf dem Festplatze ein schönes Feuerwerk abgebrannt wurde, deren
ich zwar in meinem Leben mehrere und größere und schönere in Betreff ihrer
Anstalten gesehen habe, nie aber mir denken kann, daß es einen schönern und
geeignetem Ort gebe, wo ein solches Knnstfcuer einen herrlichern und entzücken¬
den Eindruck hervvrzubrigeu im Stande ist.

Wie die Schweizer auf ihre Vorfahren halte», und sie noch heutigen Tages
ehren, ist bekannt, und man kann diese Verehrung des Andenkens der Begründer
der Schweizerischen Freiheit in den verschiedensten Einzelheiten bemerken, und na¬
mentlich, daß diese Verehrung nicht etwa nur etwas in Büchern und Zeitschriften
Ausgesprochenes, sondern wirklich im Herzen des Volke Lebendes ist. Ein
Zwischenfall brachte mir dies recht lebhaft vor Augen. Es erschienen nämlich
plötzlich inmitten der Menschenmenge zwei von Denjenigen, welche bei dem
Vevaycr Winzerfeste mit zu dem Corps der „alten Schweizer" gehört hatten.
Beide gingen noch in ihrem roth und weißen Costum, mit Brustharnisch und
Barett, so daß sie eben sehr unter der übrigen Menschenmasse hervortraten. Ich
bin überzeugt, daß zwei wirkliche alte Schweizer auch uicht im Stande gewesen
wären, bei ihrem plötzlichen Erscheinen mehr Aussehen zu erregen, als diese
beiden Abbilder Derselben, die beide, große, kräftige Gestalten, in ihren großen
Bärten und ihrer martialischem Haltung ganz unwillkürlich die Rückerinnerung an
die großen Helden des Vaterlandes rege machen mußten. Ein allgemeiner Jubel,
Schwenken der Hüte empfing die Ankommenden, gleich als wenn sie eben die
Vertreter der Vorältern gewesen wären; die Väter hoben ihre Kinder auf die
Arme, und an die Namen Teil u. s. w. knüpften sich nun Gespräche, Mitthei¬
lungen und Reden, nachdem durch diese einzige bildliche Erscheinung der Phan¬
tasie und dem Patriotismus eine neue, momentane Richtung gegeben war. —




südslavische Wanderungen im Sommer
Zwei Bände. Leipzig, Herbig.

Das Buch ist hübsch geschrieben, und enthält recht interessante Beobachtungen-
Der Verfasser, der sich selbst einen Czechen nennt, und als solcher in Belgrad mit
dem serbischen Helden Knitschaniu fraternistrt, schreibt ein zu gewandtes Deutsch,
als daß man nicht annehmew sollte, er gehörte zu jenen neumodischen romantischen
Czechen, die mehr durch ihr Princip, als durch ihre Geburt diesem Namen ange¬
hören. Er läßt sich zuweilen in Politik ein, aber ohne besonderes Glück; nur
wo er einfach referirt, ist er von Werth.


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[0476] am Abende den Blicken der zahllosen Menge ein wahrhaft bezauberndes Schau¬ spiel dar, als auf dem Festplatze ein schönes Feuerwerk abgebrannt wurde, deren ich zwar in meinem Leben mehrere und größere und schönere in Betreff ihrer Anstalten gesehen habe, nie aber mir denken kann, daß es einen schönern und geeignetem Ort gebe, wo ein solches Knnstfcuer einen herrlichern und entzücken¬ den Eindruck hervvrzubrigeu im Stande ist. Wie die Schweizer auf ihre Vorfahren halte», und sie noch heutigen Tages ehren, ist bekannt, und man kann diese Verehrung des Andenkens der Begründer der Schweizerischen Freiheit in den verschiedensten Einzelheiten bemerken, und na¬ mentlich, daß diese Verehrung nicht etwa nur etwas in Büchern und Zeitschriften Ausgesprochenes, sondern wirklich im Herzen des Volke Lebendes ist. Ein Zwischenfall brachte mir dies recht lebhaft vor Augen. Es erschienen nämlich plötzlich inmitten der Menschenmenge zwei von Denjenigen, welche bei dem Vevaycr Winzerfeste mit zu dem Corps der „alten Schweizer" gehört hatten. Beide gingen noch in ihrem roth und weißen Costum, mit Brustharnisch und Barett, so daß sie eben sehr unter der übrigen Menschenmasse hervortraten. Ich bin überzeugt, daß zwei wirkliche alte Schweizer auch uicht im Stande gewesen wären, bei ihrem plötzlichen Erscheinen mehr Aussehen zu erregen, als diese beiden Abbilder Derselben, die beide, große, kräftige Gestalten, in ihren großen Bärten und ihrer martialischem Haltung ganz unwillkürlich die Rückerinnerung an die großen Helden des Vaterlandes rege machen mußten. Ein allgemeiner Jubel, Schwenken der Hüte empfing die Ankommenden, gleich als wenn sie eben die Vertreter der Vorältern gewesen wären; die Väter hoben ihre Kinder auf die Arme, und an die Namen Teil u. s. w. knüpften sich nun Gespräche, Mitthei¬ lungen und Reden, nachdem durch diese einzige bildliche Erscheinung der Phan¬ tasie und dem Patriotismus eine neue, momentane Richtung gegeben war. — südslavische Wanderungen im Sommer Zwei Bände. Leipzig, Herbig. Das Buch ist hübsch geschrieben, und enthält recht interessante Beobachtungen- Der Verfasser, der sich selbst einen Czechen nennt, und als solcher in Belgrad mit dem serbischen Helden Knitschaniu fraternistrt, schreibt ein zu gewandtes Deutsch, als daß man nicht annehmew sollte, er gehörte zu jenen neumodischen romantischen Czechen, die mehr durch ihr Princip, als durch ihre Geburt diesem Namen ange¬ hören. Er läßt sich zuweilen in Politik ein, aber ohne besonderes Glück; nur wo er einfach referirt, ist er von Werth.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_280086/476>, abgerufen am 27.06.2024.