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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester.

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i.
Gustav Adolf und Tilly.

Der Gustav-Adolphverein ist bekanntlich in Baiern verboten
worden. Dies aber war nur das Vorspiel. Man möchte ihn mit
Recht lieber ganz vernichten. Ein geharnischter Brief aus Baiern
in der Augsburger Allgemeinen bestreitet den Protestanten in
schwer zu widerlegender Weise das Recht zu einem solchen Vereine,
das Recht, nach einer Einheit und einem Ausammenhalt ihrer Kirche
zu streben; denn es ist wider die Bundesverfassung, wider die deutsche
Einheit. Der Katholicismus hat zwar auch gewisse Vereine, nicht
nur zur Erhaltung, sondern zur Verbreitung seiner Macht, aber die
sind geheim, wahrend der Gustav-Adolphverein öffentlich, folg¬
lich beleidigend ist; und es muß dem Katholicismus, seiner Na¬
tur nach, Manches erlaubt sein, was sich die Protestanten nicht ge¬
statten dürfen; darum haben diese in Baiern auch weniger kirchliche Frei¬
heit als die Katholiken in Preußen. Außerdem erinnert der Gustavadolph¬
verein ^an die blutige und ungesühnte Schuld, welche die ganze Existenz des
Protestantismus befleckt; an die Zerreißung Deutschlands, an den
Verrath, den er an Rom, an der Nationalität begangen. Der Ka¬
tholicismus hat sich von jeher höchstens auf ein Bischen italienische
oder spanische Politik gestützt, -- und es ist noch zu beweisen, daß
die Inquisition ein ausländisches Institut war -- der Protestantismus
dagegen hat, weil er in seiner verblendeten Hartnäckigkeit durchaus
bestehen wollte, einen fremden Eroberer Gustav Adolph zu Hilfe
gerufen. Nicht genug aber, daß der Protestantismus durch auswär¬
tige Allianz sich erhalten hat, will er nun sogar den Protestanten im
römisch - katholischen Baiern ihre ketzerischen Kirchen bauen helfen


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i.
Gustav Adolf und Tilly.

Der Gustav-Adolphverein ist bekanntlich in Baiern verboten
worden. Dies aber war nur das Vorspiel. Man möchte ihn mit
Recht lieber ganz vernichten. Ein geharnischter Brief aus Baiern
in der Augsburger Allgemeinen bestreitet den Protestanten in
schwer zu widerlegender Weise das Recht zu einem solchen Vereine,
das Recht, nach einer Einheit und einem Ausammenhalt ihrer Kirche
zu streben; denn es ist wider die Bundesverfassung, wider die deutsche
Einheit. Der Katholicismus hat zwar auch gewisse Vereine, nicht
nur zur Erhaltung, sondern zur Verbreitung seiner Macht, aber die
sind geheim, wahrend der Gustav-Adolphverein öffentlich, folg¬
lich beleidigend ist; und es muß dem Katholicismus, seiner Na¬
tur nach, Manches erlaubt sein, was sich die Protestanten nicht ge¬
statten dürfen; darum haben diese in Baiern auch weniger kirchliche Frei¬
heit als die Katholiken in Preußen. Außerdem erinnert der Gustavadolph¬
verein ^an die blutige und ungesühnte Schuld, welche die ganze Existenz des
Protestantismus befleckt; an die Zerreißung Deutschlands, an den
Verrath, den er an Rom, an der Nationalität begangen. Der Ka¬
tholicismus hat sich von jeher höchstens auf ein Bischen italienische
oder spanische Politik gestützt, — und es ist noch zu beweisen, daß
die Inquisition ein ausländisches Institut war — der Protestantismus
dagegen hat, weil er in seiner verblendeten Hartnäckigkeit durchaus
bestehen wollte, einen fremden Eroberer Gustav Adolph zu Hilfe
gerufen. Nicht genug aber, daß der Protestantismus durch auswär¬
tige Allianz sich erhalten hat, will er nun sogar den Protestanten im
römisch - katholischen Baiern ihre ketzerischen Kirchen bauen helfen


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[0453] T a g e b u es. i. Gustav Adolf und Tilly. Der Gustav-Adolphverein ist bekanntlich in Baiern verboten worden. Dies aber war nur das Vorspiel. Man möchte ihn mit Recht lieber ganz vernichten. Ein geharnischter Brief aus Baiern in der Augsburger Allgemeinen bestreitet den Protestanten in schwer zu widerlegender Weise das Recht zu einem solchen Vereine, das Recht, nach einer Einheit und einem Ausammenhalt ihrer Kirche zu streben; denn es ist wider die Bundesverfassung, wider die deutsche Einheit. Der Katholicismus hat zwar auch gewisse Vereine, nicht nur zur Erhaltung, sondern zur Verbreitung seiner Macht, aber die sind geheim, wahrend der Gustav-Adolphverein öffentlich, folg¬ lich beleidigend ist; und es muß dem Katholicismus, seiner Na¬ tur nach, Manches erlaubt sein, was sich die Protestanten nicht ge¬ statten dürfen; darum haben diese in Baiern auch weniger kirchliche Frei¬ heit als die Katholiken in Preußen. Außerdem erinnert der Gustavadolph¬ verein ^an die blutige und ungesühnte Schuld, welche die ganze Existenz des Protestantismus befleckt; an die Zerreißung Deutschlands, an den Verrath, den er an Rom, an der Nationalität begangen. Der Ka¬ tholicismus hat sich von jeher höchstens auf ein Bischen italienische oder spanische Politik gestützt, — und es ist noch zu beweisen, daß die Inquisition ein ausländisches Institut war — der Protestantismus dagegen hat, weil er in seiner verblendeten Hartnäckigkeit durchaus bestehen wollte, einen fremden Eroberer Gustav Adolph zu Hilfe gerufen. Nicht genug aber, daß der Protestantismus durch auswär¬ tige Allianz sich erhalten hat, will er nun sogar den Protestanten im römisch - katholischen Baiern ihre ketzerischen Kirchen bauen helfen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_179712/453>, abgerufen am 03.07.2024.