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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 1. Leipzig, 1836.

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Goethe fort, ist für vornehme Stände und besonders
für Frauenzimmrr, die nichts zu thun haben. Ein tüch¬
tiger Mensch aber, der schon hier etwas Ordentliches
zu seyn gedenkt und der daher täglich zu streben, zu
kämpfen und zu wirken hat, läßt die künftige Welt
auf sich beruhen, und ist thätig und nützlich in dieser.
Ferner sind Unsterblichkeits-Gedanken für solche, die in
Hinsicht auf Glück hier nicht zum Besten weggekommen
sind, und ich wollte wetten: wenn der gute Tiedge ein
besseres Geschick hätte, so hätte er auch bessere Ge¬
danken."


Mit Goethe zu Tisch. -- Nachdem gegessen und
abgeräumt war, ließ er durch Stadelmann große Porte¬
feuille's mit Kupferstichen herbeyschleppen. Auf den
Mappen hatte sich einiger Staub gesammelt, und da
keine passende Tücher zum Abwischen in der Nähe wa¬
ren, so ward Goethe unwillig und schalt seinen Diener.
"Ich erinnere Dich zum letzten Mal, sagte er, denn
gehst Du nicht noch heute, die oft verlangten Tücher
zu kaufen, so gehe ich morgen selbst, und Du sollst
sehen, daß ich Wort halte." Stadelmann ging.

"Ich hatte einmal einen ähnlichen Fall mit dem
Schauspieler Becker, fuhr Goethe gegen mich heiter fort,

Goethe fort, iſt fuͤr vornehme Staͤnde und beſonders
fuͤr Frauenzimmrr, die nichts zu thun haben. Ein tuͤch¬
tiger Menſch aber, der ſchon hier etwas Ordentliches
zu ſeyn gedenkt und der daher taͤglich zu ſtreben, zu
kaͤmpfen und zu wirken hat, laͤßt die kuͤnftige Welt
auf ſich beruhen, und iſt thaͤtig und nuͤtzlich in dieſer.
Ferner ſind Unſterblichkeits-Gedanken fuͤr ſolche, die in
Hinſicht auf Gluͤck hier nicht zum Beſten weggekommen
ſind, und ich wollte wetten: wenn der gute Tiedge ein
beſſeres Geſchick haͤtte, ſo haͤtte er auch beſſere Ge¬
danken.“


Mit Goethe zu Tiſch. — Nachdem gegeſſen und
abgeraͤumt war, ließ er durch Stadelmann große Porte¬
feuille's mit Kupferſtichen herbeyſchleppen. Auf den
Mappen hatte ſich einiger Staub geſammelt, und da
keine paſſende Tuͤcher zum Abwiſchen in der Naͤhe wa¬
ren, ſo ward Goethe unwillig und ſchalt ſeinen Diener.
„Ich erinnere Dich zum letzten Mal, ſagte er, denn
gehſt Du nicht noch heute, die oft verlangten Tuͤcher
zu kaufen, ſo gehe ich morgen ſelbſt, und Du ſollſt
ſehen, daß ich Wort halte.“ Stadelmann ging.

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[122/0142] Goethe fort, iſt fuͤr vornehme Staͤnde und beſonders fuͤr Frauenzimmrr, die nichts zu thun haben. Ein tuͤch¬ tiger Menſch aber, der ſchon hier etwas Ordentliches zu ſeyn gedenkt und der daher taͤglich zu ſtreben, zu kaͤmpfen und zu wirken hat, laͤßt die kuͤnftige Welt auf ſich beruhen, und iſt thaͤtig und nuͤtzlich in dieſer. Ferner ſind Unſterblichkeits-Gedanken fuͤr ſolche, die in Hinſicht auf Gluͤck hier nicht zum Beſten weggekommen ſind, und ich wollte wetten: wenn der gute Tiedge ein beſſeres Geſchick haͤtte, ſo haͤtte er auch beſſere Ge¬ danken.“ Donnerstag den 26. Februar 1824. Mit Goethe zu Tiſch. — Nachdem gegeſſen und abgeraͤumt war, ließ er durch Stadelmann große Porte¬ feuille's mit Kupferſtichen herbeyſchleppen. Auf den Mappen hatte ſich einiger Staub geſammelt, und da keine paſſende Tuͤcher zum Abwiſchen in der Naͤhe wa¬ ren, ſo ward Goethe unwillig und ſchalt ſeinen Diener. „Ich erinnere Dich zum letzten Mal, ſagte er, denn gehſt Du nicht noch heute, die oft verlangten Tuͤcher zu kaufen, ſo gehe ich morgen ſelbſt, und Du ſollſt ſehen, daß ich Wort halte.“ Stadelmann ging. „Ich hatte einmal einen aͤhnlichen Fall mit dem Schauſpieler Becker, fuhr Goethe gegen mich heiter fort,

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Zitationshilfe: Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 1. Leipzig, 1836, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe01_1836/142>, abgerufen am 21.11.2024.