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Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.

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Th. IV. Sect. I. Num. VI. Von Landgraff Philipps
[Spaltenumbruch] ten/ doch solches irrthums nicht verthei-
diger seyn. Darzu daß viel leute noch in
solchen landen und städten seyn/ die eu-
rer meinung seyn. So nun ein land
verdammt/ und in straffe fallen soll/ so
müste kraut mit kohl gehen. So hoffe
ich je/ ihr seyd des geistes kinder/ davon
Christus spricht: Des menschen Sohn ist
nicht kommen zu verderben/ sondern se-
lig zu machen/ da seine Jünger wolten
das fener lassen vom himmel fallen/
gleichwie Elias. Jhr dürfft sieauch in
solcher ihrer
opinion nicht vertheidigen/
sondern sie tragen und unterweisen/ und
anmahnen zu zeiten und unzeiten/ wie
Paulus sagt. Das seyd ihr aber schul-
dig/ daß ihr sie helffet vertheidigen
bey der lehre/ die ihr selbst für recht hal-
tet/ nicht mit dem schwerdt meine ich
euch/ eurer person halben/ sondern mit
mündlicher rede und beystand. Möchte
auch gerne wissen/ ob Luther die Wal-
denser brüder genennet hat/ wie der
schreiber anzeigt/ die da solcher meinung
seyn sollen.

7. Er führet auch daselbst viel ursachen an/
warum die Zwinglischen von den Luther anern
nicht dürffte verfolgt werden: Und zwar vornem-
lich/ weil Christus das unkraut auszurotten ver-
boten/ und Lutherus selbst solches anfänglich wi-
der die Papisten stäts behauptet/ auch die
Zwinglischen noch keines irrthums überfüh-
ret wären. Worauff er diese bestmöglichst ent-
schuldiget/ und die Lutheraner von allem blut-
vergiessen und gewaltthätigkeit nachdrücklich
abmahnet. Wenn man auch diejenigen perso-
nen ansiehet/ welche der Landgraff bey der Re-
formation
anfänglich gebraucht gehabt/ so sind
dieselben meistens Schweitzer oder auch Fran-
tzosen und Hugenotten gewesen/ wie oben bey
selbiger historie zu sehen ist. Die vornehmsten
waren Franciscus Lambertus, Benedictus Are-
tius, Andreas Hyperius, Johannes Garnerius,
Dionysius Melander &c.
welche meist auch von
denen Zwinglianern hoch gehalten wurden.
Wie denn auch in selbiger Reformation, und
ihren neuen kirchen-ordnungen von der Säch-
sischen ihren gar sehr abgegangen wurde. Auff
dem Hambergischen Synodo anno 1526. wur-
den nicht allein die expressiones vom Abend-
mahl/ von der Tauffe/ person CHristi und der-
gleichen also eingerichtet/ daß sich hernach die
Reformirte gantz gerne dazu bekanten: Son-
dern man schaffte auch alle und jede bilder aus
den kirchen und von den gassen gäntzlich ab/ wie
auch alle Altäre/ und ließ nur die so genanten
tische zur Communion übrig/ wie noch heutiges
tages in denen Heßischen kirchen zu sehen ist.
Was über diß der Landgraff auff dem Marbur-
gischen Colloquio vor die Schweitzer dißfals ge-
than/ ist gleichfals aus selbiger historie zu neh-
men.

8. Jn denen Heßischen wechsel-schrifften/
so anno 1632. zu Cassel über dem Käyserlichen
Edict wegen der geistlichen güter in folio her-
ausgekommen/ werden unter andern urkunden
von Philippi Religion gar viel instructiones
angeführt/ worinne er durchgehends die spal-
tung der Schweitzerischen und Oberländischen
[Spaltenumbruch] kirchen auffzuheben getrachtet habe. Da er
denn unter andern also geschrieben de anno
1529. p.
7. So wäre ja zu erbarmen/ weil
sie
(die gelehrten) in allen stückenunsern
Christlichen glauben/ die liebe des näch-
sten und die seligkeit angehend/ einig
seynd/ daß wir uns solten also von ihnen
scheiden.
Item anno 30. p. 8. Daß die Rä-
the in seinem namen nicht mit zustim-
men solten/ einigen menschen/ der jetzo
nicht eben mit dem theil/ so Lutherisch
genennet wird/ glaubet/ daß CHristus
dergestalt wesendlich im brod wäre/ zu
verbannen/ zu verurtheilen/ zu richten/
oder abzuthun.
Es wird auch in diesen
wechsel-schrifften nebenst einem Catechitmo,
welcher anno 45. zu Marburg heraus gekom-
men/ und mit dem Zwinglischen sehr einstim-
mig gewesen/ des Landgrafens eigenes Testa-
ment angezogen/ worinnen er die concordiam
Buceri
wegen des Abendmahls de anno 1536.
nochmals approbiret/ und denen Printzen be-
fohlen gehabt/ diejenigen Praedicanten/ so nach
dieser concordien lehreten/ nicht zu verjagen noch
weiter in sie zu dringen. Auch wird daselbst
und in der schrifft/ so anno 1607. vom alten
glauben der Hessen
heraus gekommen/ die
kirchen-ordnung nach einander angeführet/
in welcher unter andern der Exorcismus ausge-
lassen/ und wegen des Abendmahls verordnet
worden/ daß selbiges in den häusern bey denen
krancke/ auch zu gleich von andern personen mit
solte genommen werden. (vid. c. VII. p. 42.)
Und was dergleichen daselbst angeführte Docu-
menta
mehr seynd/ mit welchen die gegen-ant-
wort von Darmstättischer seiten/ so in gedach-
ten wechsel-schrifften gleichfals enthalten/ zu
conferiren ist/ welche hier viel zu weitläufftig
fallen dürffte.

NUM. VI.
Von Landgraff Philipps moderati-
on
in reltgions-sachen.

Hier mag nur zu weiterer entdeckung der son-
derbaren moderation, welche dieser Fürst bey
dem damaligen religions-gezäncke und einge-
rissenem kätzermachen zu beschämung vieler an-
dern bewiesen gehabt/ sein nachdenckliches
schreiben an Hertzog Johann Friederichen noch
mit stehen/ wie selbiges zwar bißhero unterdru-
cket/ aber neulichst erst aus einem manuscripto
produci
ret worden ist. Die sache betrifft die
in unserer historie offt angeführte confutation
oder wiederlegung/ welche anno 1559. von den
Jenischen Theologis, sonderlich Flacio, unter
dem namen der Hertzogen von Gotha und
Weimar/ Lateinisch und Teutsch heraus ge-
geben worden/ worinne die so genanten
Schwenckfelder/ Antinomer, Widertäuffer/
Sacramentirer/ Osiandristen/ Majoristen und
Adiaphoristen sehr hefftig angegriffen worden.
Auff diese puncte hat nun der Landgraff alsbald
im selbigen jahr folgendes nach einander ge-
antwortet/ welches die historie selbiger par-
theyen mercklich erläutern kan. Das schrei-
ben lautet von wort zu wort also:

Hochgeborner Fürst/ freundlicher lieber"
Vetter/ sohn und bruder. Wir haben Euer L."
schreiben/ das da gegeben ist auff Grimstein"

den

Th. IV. Sect. I. Num. VI. Von Landgraff Philipps
[Spaltenumbruch] ten/ doch ſolches irꝛthums nicht verthei-
diger ſeyn. Darzu daß viel leute noch in
ſolchen landen und ſtaͤdten ſeyn/ die eu-
rer meinung ſeyn. So nun ein land
verdammt/ und in ſtraffe fallen ſoll/ ſo
muͤſte kraut mit kohl gehen. So hoffe
ich je/ ihr ſeyd des geiſtes kinder/ davon
Chriſtus ſpricht: Des menſchen Sohn iſt
nicht kommen zu verderben/ ſondern ſe-
lig zu machen/ da ſeine Juͤnger wolten
das fener laſſen vom himmel fallen/
gleichwie Elias. Jhr duͤrfft ſieauch in
ſolcher ihrer
opinion nicht vertheidigen/
ſondern ſie tragen und unterweiſen/ und
anmahnen zu zeiten und unzeiten/ wie
Paulus ſagt. Das ſeyd ihr aber ſchul-
dig/ daß ihr ſie helffet vertheidigen
bey der lehre/ die ihr ſelbſt fuͤr recht hal-
tet/ nicht mit dem ſchwerdt meine ich
euch/ eurer perſon halben/ ſondern mit
muͤndlicher rede und beyſtand. Moͤchte
auch gerne wiſſen/ ob Luther die Wal-
denſer bruͤder genennet hat/ wie der
ſchreiber anzeigt/ die da ſolcher meinung
ſeyn ſollen.

7. Er fuͤhret auch daſelbſt viel urſachen an/
warum die Zwingliſchen von den Luther anern
nicht duͤrfftē verfolgt werden: Und zwar vornem-
lich/ weil Chriſtus das unkraut auszurotten ver-
boten/ und Lutherus ſelbſt ſolches anfaͤnglich wi-
der die Papiſten ſtaͤts behauptet/ auch die
Zwingliſchen noch keines irꝛthums uͤberfuͤh-
ret waͤren. Worauff er dieſe beſtmoͤglichſt ent-
ſchuldiget/ und die Lutheraner von allem blut-
vergieſſen und gewaltthaͤtigkeit nachdruͤcklich
abmahnet. Wenn man auch diejenigen perſo-
nen anſiehet/ welche der Landgraff bey der Re-
formation
anfaͤnglich gebraucht gehabt/ ſo ſind
dieſelben meiſtens Schweitzer oder auch Fran-
tzoſen und Hugenotten geweſen/ wie oben bey
ſelbiger hiſtorie zu ſehen iſt. Die vornehmſten
waren Franciſcus Lambertus, Benedictus Are-
tius, Andreas Hyperius, Johannes Garnerius,
Dionyſius Melander &c.
welche meiſt auch von
denen Zwinglianern hoch gehalten wurden.
Wie denn auch in ſelbiger Reformation, und
ihren neuen kirchen-ordnungen von der Saͤch-
ſiſchen ihren gar ſehr abgegangen wurde. Auff
dem Hambergiſchen Synodo anno 1526. wur-
den nicht allein die expreſſiones vom Abend-
mahl/ von der Tauffe/ perſon CHriſti und der-
gleichen alſo eingerichtet/ daß ſich hernach die
Reformirte gantz gerne dazu bekanten: Son-
dern man ſchaffte auch alle und jede bilder aus
den kirchen und von den gaſſen gaͤntzlich ab/ wie
auch alle Altaͤre/ und ließ nur die ſo genanten
tiſche zur Communion uͤbrig/ wie noch heutiges
tages in denen Heßiſchen kirchen zu ſehen iſt.
Was uͤber diß der Landgraff auff dem Marbur-
giſchen Colloquio voꝛ die Schweitzer dißfals ge-
than/ iſt gleichfals aus ſelbiger hiſtorie zu neh-
men.

8. Jn denen Heßiſchen wechſel-ſchrifften/
ſo anno 1632. zu Caſſel uͤber dem Kaͤyſerlichen
Edict wegen der geiſtlichen guͤter in folio her-
ausgekommen/ werden unter andern urkunden
von Philippi Religion gar viel inſtructiones
angefuͤhrt/ worinne er durchgehends die ſpal-
tung der Schweitzeriſchen und Oberlaͤndiſchen
[Spaltenumbruch] kirchen auffzuheben getrachtet habe. Da er
denn unter andern alſo geſchrieben de anno
1529. p.
7. So waͤre ja zu erbarmen/ weil
ſie
(die gelehrten) in allen ſtuͤckenunſern
Chriſtlichen glauben/ die liebe des naͤch-
ſten und die ſeligkeit angehend/ einig
ſeynd/ daß wir uns ſolten alſo von ihnen
ſcheiden.
Item anno 30. p. 8. Daß die Raͤ-
the in ſeinem namen nicht mit zuſtim-
men ſolten/ einigen menſchen/ der jetzo
nicht eben mit dem theil/ ſo Lutheriſch
genennet wird/ glaubet/ daß CHriſtus
dergeſtalt weſendlich im brod waͤre/ zu
verbannen/ zu verurtheilen/ zu richten/
oder abzuthun.
Es wird auch in dieſen
wechſel-ſchrifften nebenſt einem Catechitmo,
welcher anno 45. zu Marburg heraus gekom-
men/ und mit dem Zwingliſchen ſehr einſtim-
mig geweſen/ des Landgrafens eigenes Teſta-
ment angezogen/ worinnen er die concordiam
Buceri
wegen des Abendmahls de anno 1536.
nochmals approbiret/ und denen Printzen be-
fohlen gehabt/ diejenigen Prædicanten/ ſo nach
dieſeꝛ concordien lehreten/ nicht zu verjagen noch
weiter in ſie zu dringen. Auch wird daſelbſt
und in der ſchrifft/ ſo anno 1607. vom alten
glauben der Heſſen
heraus gekommen/ die
kirchen-ordnung nach einander angefuͤhret/
in welcher unter andern der Exorciſmus ausge-
laſſen/ und wegen des Abendmahls verordnet
worden/ daß ſelbiges in den haͤuſern bey denen
kranckē/ auch zu gleich von andern perſonen mit
ſolte genommen werden. (vid. c. VII. p. 42.)
Und was dergleichen daſelbſt angefuͤhrte Docu-
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mehr ſeynd/ mit welchen die gegen-ant-
wort von Darmſtaͤttiſcher ſeiten/ ſo in gedach-
ten wechſel-ſchrifften gleichfals enthalten/ zu
conferiren iſt/ welche hier viel zu weitlaͤufftig
fallen duͤrffte.

NUM. VI.
Von Landgraff Philipps moderati-
on
in reltgions-ſachen.

Hier mag nur zu weiterer entdeckung der ſon-
derbaren moderation, welche dieſer Fuͤrſt bey
dem damaligen religions-gezaͤncke und einge-
riſſenem kaͤtzermachen zu beſchaͤmung vieler an-
dern bewieſen gehabt/ ſein nachdenckliches
ſchreiben an Hertzog Johann Friederichen noch
mit ſtehen/ wie ſelbiges zwar bißhero unterdru-
cket/ aber neulichſt erſt aus einem manuſcripto
produci
ret worden iſt. Die ſache betrifft die
in unſerer hiſtorie offt angefuͤhrte confutation
oder wiederlegung/ welche anno 1559. von den
Jeniſchen Theologis, ſonderlich Flacio, unter
dem namen der Hertzogen von Gotha und
Weimar/ Lateiniſch und Teutſch heraus ge-
geben worden/ worinne die ſo genanten
Schwenckfelder/ Antinomer, Widertaͤuffer/
Sacramentirer/ Oſiandriſten/ Majoriſten und
Adiaphoriſten ſehr hefftig angegriffen worden.
Auff dieſe puncte hat nun der Landgraff alsbald
im ſelbigen jahr folgendes nach einander ge-
antwortet/ welches die hiſtorie ſelbiger par-
theyen mercklich erlaͤutern kan. Das ſchrei-
ben lautet von wort zu wort alſo:

Hochgeborner Fuͤrſt/ freundlicher lieber“
Vetter/ ſohn und bruder. Wir haben Euer L.“
ſchreiben/ das da gegeben iſt auff Grimſtein“

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[102/0398] Th. IV. Sect. I. Num. VI. Von Landgraff Philipps ten/ doch ſolches irꝛthums nicht verthei- diger ſeyn. Darzu daß viel leute noch in ſolchen landen und ſtaͤdten ſeyn/ die eu- rer meinung ſeyn. So nun ein land verdammt/ und in ſtraffe fallen ſoll/ ſo muͤſte kraut mit kohl gehen. So hoffe ich je/ ihr ſeyd des geiſtes kinder/ davon Chriſtus ſpricht: Des menſchen Sohn iſt nicht kommen zu verderben/ ſondern ſe- lig zu machen/ da ſeine Juͤnger wolten das fener laſſen vom himmel fallen/ gleichwie Elias. Jhr duͤrfft ſieauch in ſolcher ihrer opinion nicht vertheidigen/ ſondern ſie tragen und unterweiſen/ und anmahnen zu zeiten und unzeiten/ wie Paulus ſagt. Das ſeyd ihr aber ſchul- dig/ daß ihr ſie helffet vertheidigen bey der lehre/ die ihr ſelbſt fuͤr recht hal- tet/ nicht mit dem ſchwerdt meine ich euch/ eurer perſon halben/ ſondern mit muͤndlicher rede und beyſtand. Moͤchte auch gerne wiſſen/ ob Luther die Wal- denſer bruͤder genennet hat/ wie der ſchreiber anzeigt/ die da ſolcher meinung ſeyn ſollen. 7. Er fuͤhret auch daſelbſt viel urſachen an/ warum die Zwingliſchen von den Luther anern nicht duͤrfftē verfolgt werden: Und zwar vornem- lich/ weil Chriſtus das unkraut auszurotten ver- boten/ und Lutherus ſelbſt ſolches anfaͤnglich wi- der die Papiſten ſtaͤts behauptet/ auch die Zwingliſchen noch keines irꝛthums uͤberfuͤh- ret waͤren. Worauff er dieſe beſtmoͤglichſt ent- ſchuldiget/ und die Lutheraner von allem blut- vergieſſen und gewaltthaͤtigkeit nachdruͤcklich abmahnet. Wenn man auch diejenigen perſo- nen anſiehet/ welche der Landgraff bey der Re- formation anfaͤnglich gebraucht gehabt/ ſo ſind dieſelben meiſtens Schweitzer oder auch Fran- tzoſen und Hugenotten geweſen/ wie oben bey ſelbiger hiſtorie zu ſehen iſt. Die vornehmſten waren Franciſcus Lambertus, Benedictus Are- tius, Andreas Hyperius, Johannes Garnerius, Dionyſius Melander &c. welche meiſt auch von denen Zwinglianern hoch gehalten wurden. Wie denn auch in ſelbiger Reformation, und ihren neuen kirchen-ordnungen von der Saͤch- ſiſchen ihren gar ſehr abgegangen wurde. Auff dem Hambergiſchen Synodo anno 1526. wur- den nicht allein die expreſſiones vom Abend- mahl/ von der Tauffe/ perſon CHriſti und der- gleichen alſo eingerichtet/ daß ſich hernach die Reformirte gantz gerne dazu bekanten: Son- dern man ſchaffte auch alle und jede bilder aus den kirchen und von den gaſſen gaͤntzlich ab/ wie auch alle Altaͤre/ und ließ nur die ſo genanten tiſche zur Communion uͤbrig/ wie noch heutiges tages in denen Heßiſchen kirchen zu ſehen iſt. Was uͤber diß der Landgraff auff dem Marbur- giſchen Colloquio voꝛ die Schweitzer dißfals ge- than/ iſt gleichfals aus ſelbiger hiſtorie zu neh- men. 8. Jn denen Heßiſchen wechſel-ſchrifften/ ſo anno 1632. zu Caſſel uͤber dem Kaͤyſerlichen Edict wegen der geiſtlichen guͤter in folio her- ausgekommen/ werden unter andern urkunden von Philippi Religion gar viel inſtructiones angefuͤhrt/ worinne er durchgehends die ſpal- tung der Schweitzeriſchen und Oberlaͤndiſchen kirchen auffzuheben getrachtet habe. Da er denn unter andern alſo geſchrieben de anno 1529. p. 7. So waͤre ja zu erbarmen/ weil ſie (die gelehrten) in allen ſtuͤckenunſern Chriſtlichen glauben/ die liebe des naͤch- ſten und die ſeligkeit angehend/ einig ſeynd/ daß wir uns ſolten alſo von ihnen ſcheiden. Item anno 30. p. 8. Daß die Raͤ- the in ſeinem namen nicht mit zuſtim- men ſolten/ einigen menſchen/ der jetzo nicht eben mit dem theil/ ſo Lutheriſch genennet wird/ glaubet/ daß CHriſtus dergeſtalt weſendlich im brod waͤre/ zu verbannen/ zu verurtheilen/ zu richten/ oder abzuthun. Es wird auch in dieſen wechſel-ſchrifften nebenſt einem Catechitmo, welcher anno 45. zu Marburg heraus gekom- men/ und mit dem Zwingliſchen ſehr einſtim- mig geweſen/ des Landgrafens eigenes Teſta- ment angezogen/ worinnen er die concordiam Buceri wegen des Abendmahls de anno 1536. nochmals approbiret/ und denen Printzen be- fohlen gehabt/ diejenigen Prædicanten/ ſo nach dieſeꝛ concordien lehreten/ nicht zu verjagen noch weiter in ſie zu dringen. Auch wird daſelbſt und in der ſchrifft/ ſo anno 1607. vom alten glauben der Heſſen heraus gekommen/ die kirchen-ordnung nach einander angefuͤhret/ in welcher unter andern der Exorciſmus ausge- laſſen/ und wegen des Abendmahls verordnet worden/ daß ſelbiges in den haͤuſern bey denen kranckē/ auch zu gleich von andern perſonen mit ſolte genommen werden. (vid. c. VII. p. 42.) Und was dergleichen daſelbſt angefuͤhrte Docu- menta mehr ſeynd/ mit welchen die gegen-ant- wort von Darmſtaͤttiſcher ſeiten/ ſo in gedach- ten wechſel-ſchrifften gleichfals enthalten/ zu conferiren iſt/ welche hier viel zu weitlaͤufftig fallen duͤrffte. NUM. VI. Von Landgraff Philipps moderati- on in reltgions-ſachen. Hier mag nur zu weiterer entdeckung der ſon- derbaren moderation, welche dieſer Fuͤrſt bey dem damaligen religions-gezaͤncke und einge- riſſenem kaͤtzermachen zu beſchaͤmung vieler an- dern bewieſen gehabt/ ſein nachdenckliches ſchreiben an Hertzog Johann Friederichen noch mit ſtehen/ wie ſelbiges zwar bißhero unterdru- cket/ aber neulichſt erſt aus einem manuſcripto produciret worden iſt. Die ſache betrifft die in unſerer hiſtorie offt angefuͤhrte confutation oder wiederlegung/ welche anno 1559. von den Jeniſchen Theologis, ſonderlich Flacio, unter dem namen der Hertzogen von Gotha und Weimar/ Lateiniſch und Teutſch heraus ge- geben worden/ worinne die ſo genanten Schwenckfelder/ Antinomer, Widertaͤuffer/ Sacramentirer/ Oſiandriſten/ Majoriſten und Adiaphoriſten ſehr hefftig angegriffen worden. Auff dieſe puncte hat nun der Landgraff alsbald im ſelbigen jahr folgendes nach einander ge- antwortet/ welches die hiſtorie ſelbiger par- theyen mercklich erlaͤutern kan. Das ſchrei- ben lautet von wort zu wort alſo: Hochgeborner Fuͤrſt/ freundlicher lieber“ Vetter/ ſohn und bruder. Wir haben Euer L.“ ſchreiben/ das da gegeben iſt auff Grimſtein“ den

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Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/398>, abgerufen am 20.11.2024.