Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690.

Bild:
<< vorherige Seite

Von den Kräuteren.
[Spaltenumbruch] kraut also. Einbeer hat ein glatten/ runden
stengel/ welcher braun/ länger als ein span-
nen/ und ohn alle knöpff ist. An der mitte
desselbigen stehen gemeiniglich vier schöne
grüne blätter/ bißweilen drey/ fünffe oder
sechse/ wie ein Stern von einander gesetzt.
Ein jedes blatt ist gestaltet wie ein Hartrie-
gel- oder Nachtschatten-blatt. Oben am sten-
gel erscheinen widerum kleine und länglich-
te blätter/ da ein schönes gestirntes blümlein
mit dreyerley farben zertheilet/ erstlich mit
vier schwartz-grünen kleinen blättlein/ dar-
nach acht kleine gelbe härlein/ und in der
mitten desselben gestirnten blümleins sihet
man ein gantz purpur-braunes viereckichtes
knöpfflein/ wie ein äuglein anzusehen/ in
welcher mitten ein schwartz-braun rundes
Beer stehet/ wie ein groß Heydelbeer/ eines
wilden doch süssen geschmacks/ darinnen
viel kleiner weisser samen ligt. Die wurtzel
ist fast lang/ erdenfarb/ hin und wider auß-
gespreitet wie ein langer wurm. Es wächßt
in dicken schattichten und feuchten Wäl-
dern/ deßgleichen an etlichen reihen am Ge-
bürg und bey den Hecken. Wächßt allhier
in schattichten orten des Muttentzer-Mün-
chenstein- und Reichensteinischen-bergs/
wenn es allda das erste mahl herfür komt/
bringt es drey/ hernach vier/ und bißwei-
len fünff blätter.

Eigenschafft.

Einbeer sind kalter und trockner Natur/
führen etwas ölichten/ schlaffbringenden sal-
tzes mit sich/ dadurch es die tugend hat die
Lebensgeister zu hemmen/ schmertzen zu stil-
len/ entzündungen zu vertheilen/ und schlaff
zu bringen.

Gebrauch.

Matthiolus schreibt/ daß sich die jenigen
irren/ welche Einbeer-kraut für das erste ge-
schlecht der Wolffswurtzel halten/ denn es
seyen die Beeren nicht so gifftig/ als sie ver-
meinen/ man habe etlichen/ welche ihrer ver-
nunfft gantz beraubet gewesen/ mit dem sa-
men geholffen. Man gabe solchen Kran-
cken alle morgen drey Wochen nach einan-
der ein quintl. schwer von den gedörrten ker-
nern oder samen auß den Beeren/ in war-
men Wein ein. Man soll aber gewarsam
damit umgehen.

Schmer-
tzen der
Gulden-
ader.

Auß den Beeren wird ein Oel gemacht/
so den grossen Schmertzen der gulden Ader
stillet/ wenn man es warm mit einem tüch-
lein offt überlegt.

D. Fridericus Hoffmannus lib. 4. Pharmac.
Med. Chym. sect.
1. schreibt/ man solle die
Beere einsamlen vor auffgang der Sonnen/
wenn sie in Zwilling gehet. Fünf/ sechs biß
neun gedörrte Beer zu Pulver gestossen/ und
Fallende
sucht ver-
lierung
des ver-
stands/
langwieri-
ge Kranck-
heiten.
in Lindenblust-wasser eingegeben/ sey gut wi-
der die fallende Sucht: ein halb quintl. von
disen gestossenen Beeren den jenigen ge-
braucht/ so an dem Verstand nothleiden und
verruckt an den Sinnen werden/ bekomme
ihnen gar wohl/ wie auch denen welche in
langwirenden Kranckheiten oder von Zau-
berey ihren Verstand verlohren haben.



CAPUT LXII.
[Abbildung] Eisenhütlein. Napellus.
Namen.

EIsenhütlein heißt Lateinisch/ Napel-
lus, Aconitum coeruleum.
Jtaliänisch/
Napello. Frantzösisch/ Coqueluchon
de Moine, Chaperon de Moine, Chaperon de
fou.
Spanisch/ Napello. Englisch/ Wolfe-
bane. Danisch/ Blamünckskappe/ Strom-
hatt. Niderländisch/ Monieckscappen/
Wolfswortel. Jn Teutscher Sprache nen-
net man es auch Blaueisenhütlein/ Narren-
kappen/ Teuffels-wurtz/ blau Wolffs-wurtz/
Rapen-blumen/ und Münchs-kappen.

Gestalt.

Des Eisenhütleins blätter stehen auff
langen dünnen stielen/ sind auff dem Ru-
cken grau-weiß. Ein jedes haupt-blat ist in
6. zerspaltene neben-blätter zertheilt. Der
stengel komt zweyer elen hoch/ röthlicht/
streifficht/ und läßt sich bald brechen. Die
blumen stehen oben an dem stengel nach ein-
ander offen/ von farben blau/ und ist ein
jede hole blum anzusehen nicht anderst als
ein Eisenhütlein. So diese blumen abfal-
len/ folgen kleine auffgereckte schöttlein her-
nach/ drey an einem stiel/ darinn ligt klei-
ner schwartzer samen verborgen. Die Wur-
tzel ist rund und auffgespitzt/ mit viel kleinen
neben-zaseln zu beyden seiten/ die sind in ein-
ander geschrenckt wie ein Netz/ und von far-
ben schwartz. Das Eisenhütlein änderet sich
mit seinen blätteren und blumen. Die blät-
ter werden breiter und schmäler. Die blum
erscheinet gemeiniglich himmelblau/ bißweilen
aber auch braunroth/ rosenfarb/ weiß/ oder
mit himmelblauer und weisser farb vermengt/
dahero es im Fürstl. Eystettischen Lustgar-

ten ge-

Von den Kraͤuteren.
[Spaltenumbruch] kraut alſo. Einbeer hat ein glatten/ runden
ſtengel/ welcher braun/ laͤnger als ein ſpan-
nen/ und ohn alle knoͤpff iſt. An der mitte
deſſelbigen ſtehen gemeiniglich vier ſchoͤne
gruͤne blaͤtter/ bißweilen drey/ fuͤnffe oder
ſechſe/ wie ein Stern von einander geſetzt.
Ein jedes blatt iſt geſtaltet wie ein Hartrie-
gel- oder Nachtſchatten-blatt. Oben am ſten-
gel erſcheinen widerum kleine und laͤnglich-
te blaͤtter/ da ein ſchoͤnes geſtirntes bluͤmlein
mit dreyerley farben zertheilet/ erſtlich mit
vier ſchwartz-gruͤnen kleinen blaͤttlein/ dar-
nach acht kleine gelbe haͤrlein/ und in der
mitten deſſelben geſtirnten bluͤmleins ſihet
man ein gantz purpur-braunes viereckichtes
knoͤpfflein/ wie ein aͤuglein anzuſehen/ in
welcher mitten ein ſchwartz-braun rundes
Beer ſtehet/ wie ein groß Heydelbeer/ eines
wilden doch ſuͤſſen geſchmacks/ darinnen
viel kleiner weiſſer ſamen ligt. Die wurtzel
iſt faſt lang/ erdenfarb/ hin und wider auß-
geſpreitet wie ein langer wurm. Es waͤchßt
in dicken ſchattichten und feuchten Waͤl-
dern/ deßgleichen an etlichen reihen am Ge-
buͤrg und bey den Hecken. Waͤchßt allhier
in ſchattichten orten des Muttentzer-Muͤn-
chenſtein- und Reichenſteiniſchen-bergs/
wenn es allda das erſte mahl herfuͤr komt/
bringt es drey/ hernach vier/ und bißwei-
len fuͤnff blaͤtter.

Eigenſchafft.

Einbeer ſind kalter und trockner Natur/
fuͤhren etwas oͤlichten/ ſchlaffbringenden ſal-
tzes mit ſich/ dadurch es die tugend hat die
Lebensgeiſter zu hemmen/ ſchmertzen zu ſtil-
len/ entzuͤndungen zu vertheilen/ und ſchlaff
zu bringen.

Gebrauch.

Matthiolus ſchreibt/ daß ſich die jenigen
irꝛen/ welche Einbeer-kraut fuͤr das erſte ge-
ſchlecht der Wolffswurtzel halten/ denn es
ſeyen die Beeren nicht ſo gifftig/ als ſie ver-
meinen/ man habe etlichen/ welche ihrer ver-
nunfft gantz beraubet geweſen/ mit dem ſa-
men geholffen. Man gabe ſolchen Kran-
cken alle morgen drey Wochen nach einan-
der ein quintl. ſchwer von den gedoͤrꝛten ker-
nern oder ſamen auß den Beeren/ in war-
men Wein ein. Man ſoll aber gewarſam
damit umgehen.

Schmer-
tzen der
Gulden-
ader.

Auß den Beeren wird ein Oel gemacht/
ſo den groſſen Schmertzen der gulden Ader
ſtillet/ wenn man es warm mit einem tuͤch-
lein offt uͤberlegt.

D. Fridericus Hoffmannus lib. 4. Pharmac.
Med. Chym. ſect.
1. ſchreibt/ man ſolle die
Beere einſamlen vor auffgang der Sonnen/
wenn ſie in Zwilling gehet. Fuͤnf/ ſechs biß
neun gedoͤrꝛte Beer zu Pulver geſtoſſen/ und
Fallende
ſucht ver-
lierung
des ver-
ſtands/
langwieri-
ge Kranck-
heiten.
in Lindenbluſt-waſſer eingegeben/ ſey gut wi-
der die fallende Sucht: ein halb quintl. von
diſen geſtoſſenen Beeren den jenigen ge-
braucht/ ſo an dem Verſtand nothleiden und
verꝛuckt an den Sinnen werden/ bekomme
ihnen gar wohl/ wie auch denen welche in
langwirenden Kranckheiten oder von Zau-
berey ihren Verſtand verlohren haben.



CAPUT LXII.
[Abbildung] Eiſenhuͤtlein. Napellus.
Namen.

EIſenhuͤtlein heißt Lateiniſch/ Napel-
lus, Aconitum cœruleum.
Jtaliaͤniſch/
Napello. Frantzoͤſiſch/ Coqueluchon
de Moine, Chaperon de Moine, Chaperon de
fou.
Spaniſch/ Napello. Engliſch/ Wolfe-
bane. Daniſch/ Blamuͤnckskappe/ Strom-
hatt. Niderlaͤndiſch/ Monieckscappen/
Wolfswortel. Jn Teutſcher Sprache nen-
net man es auch Blaueiſenhuͤtlein/ Narꝛen-
kappen/ Teuffels-wurtz/ blau Wolffs-wurtz/
Rapen-blumen/ und Muͤnchs-kappen.

Geſtalt.

Des Eiſenhuͤtleins blaͤtter ſtehen auff
langen duͤnnen ſtielen/ ſind auff dem Ru-
cken grau-weiß. Ein jedes haupt-blat iſt in
6. zerſpaltene neben-blaͤtter zertheilt. Der
ſtengel komt zweyer elen hoch/ roͤthlicht/
ſtreifficht/ und laͤßt ſich bald brechen. Die
blumen ſtehen oben an dem ſtengel nach ein-
ander offen/ von farben blau/ und iſt ein
jede hole blum anzuſehen nicht anderſt als
ein Eiſenhuͤtlein. So dieſe blumen abfal-
len/ folgen kleine auffgereckte ſchoͤttlein her-
nach/ drey an einem ſtiel/ darinn ligt klei-
ner ſchwartzer ſamen verborgen. Die Wur-
tzel iſt rund und auffgeſpitzt/ mit viel kleinen
neben-zaſeln zu beyden ſeiten/ die ſind in ein-
ander geſchrenckt wie ein Netz/ und von far-
ben ſchwartz. Das Eiſenhuͤtlein aͤnderet ſich
mit ſeinen blaͤtteren und blumen. Die blaͤt-
ter werden breiter und ſchmaͤler. Die blum
erſcheinet gemeiniglich him̃elblau/ bißweilen
aber auch braunroth/ roſenfarb/ weiß/ oder
mit him̃elblauer und weiſſer farb vermengt/
dahero es im Fuͤrſtl. Eyſtettiſchen Luſtgar-

ten ge-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0919" n="903"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Von den Kra&#x0364;uteren.</hi></fw><lb/><cb/>
kraut al&#x017F;o. Einbeer hat ein glatten/ runden<lb/>
&#x017F;tengel/ welcher braun/ la&#x0364;nger als ein &#x017F;pan-<lb/>
nen/ und ohn alle kno&#x0364;pff i&#x017F;t. An der mitte<lb/>
de&#x017F;&#x017F;elbigen &#x017F;tehen gemeiniglich vier &#x017F;cho&#x0364;ne<lb/>
gru&#x0364;ne bla&#x0364;tter/ bißweilen drey/ fu&#x0364;nffe oder<lb/>
&#x017F;ech&#x017F;e/ wie ein Stern von einander ge&#x017F;etzt.<lb/>
Ein jedes blatt i&#x017F;t ge&#x017F;taltet wie ein Hartrie-<lb/>
gel- oder Nacht&#x017F;chatten-blatt. Oben am &#x017F;ten-<lb/>
gel er&#x017F;cheinen widerum kleine und la&#x0364;nglich-<lb/>
te bla&#x0364;tter/ da ein &#x017F;cho&#x0364;nes ge&#x017F;tirntes blu&#x0364;mlein<lb/>
mit dreyerley farben zertheilet/ er&#x017F;tlich mit<lb/>
vier &#x017F;chwartz-gru&#x0364;nen kleinen bla&#x0364;ttlein/ dar-<lb/>
nach acht kleine gelbe ha&#x0364;rlein/ und in der<lb/>
mitten de&#x017F;&#x017F;elben ge&#x017F;tirnten blu&#x0364;mleins &#x017F;ihet<lb/>
man ein gantz purpur-braunes viereckichtes<lb/>
kno&#x0364;pfflein/ wie ein a&#x0364;uglein anzu&#x017F;ehen/ in<lb/>
welcher mitten ein &#x017F;chwartz-braun rundes<lb/>
Beer &#x017F;tehet/ wie ein groß Heydelbeer/ eines<lb/>
wilden doch &#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;en ge&#x017F;chmacks/ darinnen<lb/>
viel kleiner wei&#x017F;&#x017F;er &#x017F;amen ligt. Die wurtzel<lb/>
i&#x017F;t fa&#x017F;t lang/ erdenfarb/ hin und wider auß-<lb/>
ge&#x017F;preitet wie ein langer wurm. Es wa&#x0364;chßt<lb/>
in dicken &#x017F;chattichten und feuchten Wa&#x0364;l-<lb/>
dern/ deßgleichen an etlichen reihen am Ge-<lb/>
bu&#x0364;rg und bey den Hecken. Wa&#x0364;chßt allhier<lb/>
in &#x017F;chattichten orten des Muttentzer-Mu&#x0364;n-<lb/>
chen&#x017F;tein- und Reichen&#x017F;teini&#x017F;chen-bergs/<lb/>
wenn es allda das er&#x017F;te mahl herfu&#x0364;r komt/<lb/>
bringt es drey/ hernach vier/ und bißwei-<lb/>
len fu&#x0364;nff bla&#x0364;tter.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">Eigen&#x017F;chafft.</hi> </head><lb/>
            <p>Einbeer &#x017F;ind kalter und trockner Natur/<lb/>
fu&#x0364;hren etwas o&#x0364;lichten/ &#x017F;chlaffbringenden &#x017F;al-<lb/>
tzes mit &#x017F;ich/ dadurch es die tugend hat die<lb/>
Lebensgei&#x017F;ter zu hemmen/ &#x017F;chmertzen zu &#x017F;til-<lb/>
len/ entzu&#x0364;ndungen zu vertheilen/ und &#x017F;chlaff<lb/>
zu bringen.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">Gebrauch.</hi> </head><lb/>
            <p><hi rendition="#aq">Matthiolus</hi> &#x017F;chreibt/ daß &#x017F;ich die jenigen<lb/>
ir&#xA75B;en/ welche Einbeer-kraut fu&#x0364;r das er&#x017F;te ge-<lb/>
&#x017F;chlecht der Wolffswurtzel halten/ denn es<lb/>
&#x017F;eyen die Beeren nicht &#x017F;o gifftig/ als &#x017F;ie ver-<lb/>
meinen/ man habe etlichen/ welche ihrer ver-<lb/>
nunfft gantz beraubet gewe&#x017F;en/ mit dem &#x017F;a-<lb/>
men geholffen. Man gabe &#x017F;olchen Kran-<lb/>
cken alle morgen drey Wochen nach einan-<lb/>
der ein quintl. &#x017F;chwer von den gedo&#x0364;r&#xA75B;ten ker-<lb/>
nern oder &#x017F;amen auß den Beeren/ in war-<lb/>
men Wein ein. Man &#x017F;oll aber gewar&#x017F;am<lb/>
damit umgehen.</p><lb/>
            <note place="left">Schmer-<lb/>
tzen der<lb/>
Gulden-<lb/>
ader.</note>
            <p>Auß den Beeren wird ein Oel gemacht/<lb/>
&#x017F;o den gro&#x017F;&#x017F;en Schmertzen der gulden Ader<lb/>
&#x017F;tillet/ wenn man es warm mit einem tu&#x0364;ch-<lb/>
lein offt u&#x0364;berlegt.</p><lb/>
            <p><hi rendition="#aq">D. Fridericus Hoffmannus lib. 4. Pharmac.<lb/>
Med. Chym. &#x017F;ect.</hi> 1. &#x017F;chreibt/ man &#x017F;olle die<lb/>
Beere ein&#x017F;amlen vor auffgang der Sonnen/<lb/>
wenn &#x017F;ie in Zwilling gehet. Fu&#x0364;nf/ &#x017F;echs biß<lb/>
neun gedo&#x0364;r&#xA75B;te Beer zu Pulver ge&#x017F;to&#x017F;&#x017F;en/ und<lb/><note place="left">Fallende<lb/>
&#x017F;ucht ver-<lb/>
lierung<lb/>
des ver-<lb/>
&#x017F;tands/<lb/>
langwieri-<lb/>
ge Kranck-<lb/>
heiten.</note>in Lindenblu&#x017F;t-wa&#x017F;&#x017F;er eingegeben/ &#x017F;ey gut wi-<lb/>
der die fallende Sucht: ein halb quintl. von<lb/>
di&#x017F;en ge&#x017F;to&#x017F;&#x017F;enen Beeren den jenigen ge-<lb/>
braucht/ &#x017F;o an dem Ver&#x017F;tand nothleiden und<lb/>
ver&#xA75B;uckt an den Sinnen werden/ bekomme<lb/>
ihnen gar wohl/ wie auch denen welche in<lb/>
langwirenden Kranckheiten oder von Zau-<lb/>
berey ihren Ver&#x017F;tand verlohren haben.</p>
          </div>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">CAPUT LXII</hi>.</hi> </head><lb/>
          <figure>
            <head> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#fr">Ei&#x017F;enhu&#x0364;tlein.</hi> <hi rendition="#aq">Napellus.</hi> </hi> </head><lb/>
          </figure>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">Namen.</hi> </head><lb/>
            <p><hi rendition="#in">E</hi>I&#x017F;enhu&#x0364;tlein heißt Lateini&#x017F;ch/ <hi rendition="#aq">Napel-<lb/>
lus, Aconitum c&#x0153;ruleum.</hi> Jtalia&#x0364;ni&#x017F;ch/<lb/><hi rendition="#aq">Napello.</hi> Frantzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;ch/ <hi rendition="#aq">Coqueluchon<lb/>
de Moine, Chaperon de Moine, Chaperon de<lb/>
fou.</hi> Spani&#x017F;ch/ <hi rendition="#aq">Napello.</hi> Engli&#x017F;ch/ Wolfe-<lb/>
bane. Dani&#x017F;ch/ Blamu&#x0364;nckskappe/ Strom-<lb/>
hatt. Niderla&#x0364;ndi&#x017F;ch/ Monieckscappen/<lb/>
Wolfswortel. Jn Teut&#x017F;cher Sprache nen-<lb/>
net man es auch Blauei&#x017F;enhu&#x0364;tlein/ Nar&#xA75B;en-<lb/>
kappen/ Teuffels-wurtz/ blau Wolffs-wurtz/<lb/>
Rapen-blumen/ und Mu&#x0364;nchs-kappen.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">Ge&#x017F;talt.</hi> </head><lb/>
            <p>Des Ei&#x017F;enhu&#x0364;tleins bla&#x0364;tter &#x017F;tehen auff<lb/>
langen du&#x0364;nnen &#x017F;tielen/ &#x017F;ind auff dem Ru-<lb/>
cken grau-weiß. Ein jedes haupt-blat i&#x017F;t in<lb/>
6. zer&#x017F;paltene neben-bla&#x0364;tter zertheilt. Der<lb/>
&#x017F;tengel komt zweyer elen hoch/ ro&#x0364;thlicht/<lb/>
&#x017F;treifficht/ und la&#x0364;ßt &#x017F;ich bald brechen. Die<lb/>
blumen &#x017F;tehen oben an dem &#x017F;tengel nach ein-<lb/>
ander offen/ von farben blau/ und i&#x017F;t ein<lb/>
jede hole blum anzu&#x017F;ehen nicht ander&#x017F;t als<lb/>
ein Ei&#x017F;enhu&#x0364;tlein. So die&#x017F;e blumen abfal-<lb/>
len/ folgen kleine auffgereckte &#x017F;cho&#x0364;ttlein her-<lb/>
nach/ drey an einem &#x017F;tiel/ darinn ligt klei-<lb/>
ner &#x017F;chwartzer &#x017F;amen verborgen. Die Wur-<lb/>
tzel i&#x017F;t rund und auffge&#x017F;pitzt/ mit viel kleinen<lb/>
neben-za&#x017F;eln zu beyden &#x017F;eiten/ die &#x017F;ind in ein-<lb/>
ander ge&#x017F;chrenckt wie ein Netz/ und von far-<lb/>
ben &#x017F;chwartz. Das Ei&#x017F;enhu&#x0364;tlein a&#x0364;nderet &#x017F;ich<lb/>
mit &#x017F;einen bla&#x0364;tteren und blumen. Die bla&#x0364;t-<lb/>
ter werden breiter und &#x017F;chma&#x0364;ler. Die blum<lb/>
er&#x017F;cheinet gemeiniglich him&#x0303;elblau/ bißweilen<lb/>
aber auch braunroth/ ro&#x017F;enfarb/ weiß/ oder<lb/>
mit him&#x0303;elblauer und wei&#x017F;&#x017F;er farb vermengt/<lb/>
dahero es im Fu&#x0364;r&#x017F;tl. Ey&#x017F;tetti&#x017F;chen Lu&#x017F;tgar-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ten ge-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[903/0919] Von den Kraͤuteren. kraut alſo. Einbeer hat ein glatten/ runden ſtengel/ welcher braun/ laͤnger als ein ſpan- nen/ und ohn alle knoͤpff iſt. An der mitte deſſelbigen ſtehen gemeiniglich vier ſchoͤne gruͤne blaͤtter/ bißweilen drey/ fuͤnffe oder ſechſe/ wie ein Stern von einander geſetzt. Ein jedes blatt iſt geſtaltet wie ein Hartrie- gel- oder Nachtſchatten-blatt. Oben am ſten- gel erſcheinen widerum kleine und laͤnglich- te blaͤtter/ da ein ſchoͤnes geſtirntes bluͤmlein mit dreyerley farben zertheilet/ erſtlich mit vier ſchwartz-gruͤnen kleinen blaͤttlein/ dar- nach acht kleine gelbe haͤrlein/ und in der mitten deſſelben geſtirnten bluͤmleins ſihet man ein gantz purpur-braunes viereckichtes knoͤpfflein/ wie ein aͤuglein anzuſehen/ in welcher mitten ein ſchwartz-braun rundes Beer ſtehet/ wie ein groß Heydelbeer/ eines wilden doch ſuͤſſen geſchmacks/ darinnen viel kleiner weiſſer ſamen ligt. Die wurtzel iſt faſt lang/ erdenfarb/ hin und wider auß- geſpreitet wie ein langer wurm. Es waͤchßt in dicken ſchattichten und feuchten Waͤl- dern/ deßgleichen an etlichen reihen am Ge- buͤrg und bey den Hecken. Waͤchßt allhier in ſchattichten orten des Muttentzer-Muͤn- chenſtein- und Reichenſteiniſchen-bergs/ wenn es allda das erſte mahl herfuͤr komt/ bringt es drey/ hernach vier/ und bißwei- len fuͤnff blaͤtter. Eigenſchafft. Einbeer ſind kalter und trockner Natur/ fuͤhren etwas oͤlichten/ ſchlaffbringenden ſal- tzes mit ſich/ dadurch es die tugend hat die Lebensgeiſter zu hemmen/ ſchmertzen zu ſtil- len/ entzuͤndungen zu vertheilen/ und ſchlaff zu bringen. Gebrauch. Matthiolus ſchreibt/ daß ſich die jenigen irꝛen/ welche Einbeer-kraut fuͤr das erſte ge- ſchlecht der Wolffswurtzel halten/ denn es ſeyen die Beeren nicht ſo gifftig/ als ſie ver- meinen/ man habe etlichen/ welche ihrer ver- nunfft gantz beraubet geweſen/ mit dem ſa- men geholffen. Man gabe ſolchen Kran- cken alle morgen drey Wochen nach einan- der ein quintl. ſchwer von den gedoͤrꝛten ker- nern oder ſamen auß den Beeren/ in war- men Wein ein. Man ſoll aber gewarſam damit umgehen. Auß den Beeren wird ein Oel gemacht/ ſo den groſſen Schmertzen der gulden Ader ſtillet/ wenn man es warm mit einem tuͤch- lein offt uͤberlegt. D. Fridericus Hoffmannus lib. 4. Pharmac. Med. Chym. ſect. 1. ſchreibt/ man ſolle die Beere einſamlen vor auffgang der Sonnen/ wenn ſie in Zwilling gehet. Fuͤnf/ ſechs biß neun gedoͤrꝛte Beer zu Pulver geſtoſſen/ und in Lindenbluſt-waſſer eingegeben/ ſey gut wi- der die fallende Sucht: ein halb quintl. von diſen geſtoſſenen Beeren den jenigen ge- braucht/ ſo an dem Verſtand nothleiden und verꝛuckt an den Sinnen werden/ bekomme ihnen gar wohl/ wie auch denen welche in langwirenden Kranckheiten oder von Zau- berey ihren Verſtand verlohren haben. Fallende ſucht ver- lierung des ver- ſtands/ langwieri- ge Kranck- heiten. CAPUT LXII. [Abbildung Eiſenhuͤtlein. Napellus. ] Namen. EIſenhuͤtlein heißt Lateiniſch/ Napel- lus, Aconitum cœruleum. Jtaliaͤniſch/ Napello. Frantzoͤſiſch/ Coqueluchon de Moine, Chaperon de Moine, Chaperon de fou. Spaniſch/ Napello. Engliſch/ Wolfe- bane. Daniſch/ Blamuͤnckskappe/ Strom- hatt. Niderlaͤndiſch/ Monieckscappen/ Wolfswortel. Jn Teutſcher Sprache nen- net man es auch Blaueiſenhuͤtlein/ Narꝛen- kappen/ Teuffels-wurtz/ blau Wolffs-wurtz/ Rapen-blumen/ und Muͤnchs-kappen. Geſtalt. Des Eiſenhuͤtleins blaͤtter ſtehen auff langen duͤnnen ſtielen/ ſind auff dem Ru- cken grau-weiß. Ein jedes haupt-blat iſt in 6. zerſpaltene neben-blaͤtter zertheilt. Der ſtengel komt zweyer elen hoch/ roͤthlicht/ ſtreifficht/ und laͤßt ſich bald brechen. Die blumen ſtehen oben an dem ſtengel nach ein- ander offen/ von farben blau/ und iſt ein jede hole blum anzuſehen nicht anderſt als ein Eiſenhuͤtlein. So dieſe blumen abfal- len/ folgen kleine auffgereckte ſchoͤttlein her- nach/ drey an einem ſtiel/ darinn ligt klei- ner ſchwartzer ſamen verborgen. Die Wur- tzel iſt rund und auffgeſpitzt/ mit viel kleinen neben-zaſeln zu beyden ſeiten/ die ſind in ein- ander geſchrenckt wie ein Netz/ und von far- ben ſchwartz. Das Eiſenhuͤtlein aͤnderet ſich mit ſeinen blaͤtteren und blumen. Die blaͤt- ter werden breiter und ſchmaͤler. Die blum erſcheinet gemeiniglich him̃elblau/ bißweilen aber auch braunroth/ roſenfarb/ weiß/ oder mit him̃elblauer und weiſſer farb vermengt/ dahero es im Fuͤrſtl. Eyſtettiſchen Luſtgar- ten ge-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/zwinger_theatrum_1690
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/zwinger_theatrum_1690/919
Zitationshilfe: Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690, S. 903. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zwinger_theatrum_1690/919>, abgerufen am 23.11.2024.