[Spaltenumbruch]Lignum S. Crucis, oder H. Creutzholtz nennen. Lonicerus schreibet in dem 4. Theil seines Kräuterbuchs im 114. Capit. So eine Fraw in gefährlichen Kinds-nöthen lige/ soll man ihren gestossenen Eychen-mistel in Wein eingeben/ sie werde darauff bald genesen/ und das Kind sein Lebenlang vor der fallen- den Sucht behütet seyn.
Wider diese Kranckheit wird er in En- gelland auff nachfolgende weiß gebrauchet. Man muß nehmen rechten Eychen-mistel/ so wol die Blätter als die Beer und die zar- ten ästlein/ solches gelind in einem Ofen dörren/ und zu Pulver machen: davon soll man einer grossen Person eingeben/ als des- sen auff einem halben Kopffstück ligen kan: den Kindern aber muß man etwas weniger geben/ nach eines jeden Stärcke und Alter. Man muß es des Morgens und des Abends eingeben/ in einem darzu bequemen Was- ser/ als nemlich in Schlüssel- oder Meyblu- men-wasser/ und solches drey Tag vor und drey Tag nach dem Vollmond/ dieses soll man etliche Monat nach einander thun/ ist damit vielen vornehmen Persohnen geholf- fen worden.
Würm bey den kindern.
Wenn ein Kind Würm hat/ soll man jhm gestossene Eychen-mistel in warmer Milch eingeben.
Was massen der Eychen-mistel von den alten Heidnischen Priestern zu dem Aber- glauben seye gebraucht worden/ lehret Pli- nius libr. 16. Hist. rer. natural. cap. 44. wenn er spricht: Es halten die Druiden (also nenne- ten die Gallier jhre Priester) nichts heili- gers/ als den Mistel und Baum/ auff wel- chem er wachset/ (sonderlich wenn es ein Eychbaum ware) denn sie halten ohne diß viel auf den Häynen der Eychbäumen/ und verrichten jhren Gottesdienst nimmer ohne Eychbaum-zweige: also daß es auch schei- net/ das sie von den Griechen dahero seyen Druidae genennet worden. Sintemalen was an den Eychbäumen herfür wächst/ halten sie/ als wenn es vom Himmel were kommen/ und seye diß ein Zeichen/ als wenn der Gott (Jupiter) selbst diesen Baum für anderen er- wehlt hätte. Es ist aber dieser Eychelmi- stel schwerlich zu finden/ und so man jhn findet/ wird er mit heiligen Ceremonien eingeholet. Sie nennen (diesen Eychen-mi- stel) in jhrer Sprach/ Heyl aller Schaden/ und wenn sie jhre Opffer und Mahlzeiten under dem Baum haben gehalten/ bringen sie zween weisse Ochsen herbey/ deren Hör- ner zuvor noch nicht gebunden waren. Der Priester mit weissen Kleidern angethan/ stei- get auff den Baum: mit einem guldenen Messer hawet er denselben ab/ welcher in ei- nem weissen Mantel empfangen wird. Alß- dann schlachten sie jhre Opffer/ bittende/ daß jhnen GOtt diese seine Gaabe segnen wolle. Sie vermeynen/ daß Leuthe und Vieh/ so darab trincken/ Fruchtbar sollen gemacht werden/ auch dieses eine gewisse Artzney wider alles Gifft seye. So viel Aberglauben treiben gemeiniglich solche Leuth in nichtswertigen sachen.
[Spaltenumbruch]
CAPUT CXXXVI.
[Abbildung]
Oleander.Nerium.
Namen.
OLeander oder Unholdenkraut heißt Griechisch/ [fremdsprachliches Material - 2 Wörter fehlen], [fremdsprachliches Material - 4 Zeichen fehlen]- [fremdsprachliches Material - 7 Zeichen fehlen]. Lateinisch/ Nerium, Rhodo- dendron, Rhododaphne, Laurus rosea, Olean- der. Jtaliänisch/ Oleandro, Rosa lauro. Frantzösisch/ Rosage, Rosagine, Oleandre. Spanisch/ Adelsa, Eloendro. Englisch/ Ro- sebaye/ Oleander. Niderländisch/ Olean- derboon.
Gestalt.
Der Oleander wächst hoch wie ein bäum- lein/ mit einem geraden Stamme/ dicken/ har- ten/ schmalen eines zolles breiten Lorbeer- blätteren; bringet purpur-braune/ und offt- mahls weisse/ länglichte Blumen büschel- weiß/ in der farb der Rosen/ deren kelchlein von aussen mit gantz rothen blättlein umb- geben. Hierauff folget die Schotten oder Frucht so da lang ist/ wie die Mandelscheln/ gestalt wie ein Horn/ so sie sich öffnet/ ist sie voll wollichten Samens/ die wurtzel ist lang und holtzicht. Er wächst von sich selbsten umb Tripoli und Syrien/ da nennen jhn die Jnwohner de fle; ist gemein an den zusam- menfliessenden Wasseren in Candia/ wie auch in Jtalien umb Genua und Livorno. Man findet jhn auch in Franckreich an et- lichen orthen. Jn Teutschland aber pflan- tzet man jhn in die Lustgärten/ wie er denn in denselben hin und wider sehr gemein ist. Jm Winter muß er in die Keller vor der ausserlichen kälte verwahret werden.
Der Hochgelehrte Hermannus, berühmter Medicinae Doctor, und jetzmahliger Professor Botanices auff der Universitet zu Leiden/ ge- denckt in seinem Catalogo Plantar. Horti Lug- dunensis, zwey Jndianischer Oleandern/ de-
ren einer
Das Erſte Buch/
[Spaltenumbruch]Lignum S. Crucis, oder H. Creutzholtz nennen. Lonicerus ſchreibet in dem 4. Theil ſeines Kraͤuterbuchs im 114. Capit. So eine Fraw in gefaͤhrlichen Kinds-noͤthen lige/ ſoll man ihren geſtoſſenen Eychen-miſtel in Wein eingeben/ ſie werde darauff bald geneſen/ und das Kind ſein Lebenlang vor der fallen- den Sucht behuͤtet ſeyn.
Wider dieſe Kranckheit wird er in En- gelland auff nachfolgende weiß gebrauchet. Man muß nehmen rechten Eychen-miſtel/ ſo wol die Blaͤtter als die Beer und die zar- ten aͤſtlein/ ſolches gelind in einem Ofen doͤrꝛen/ und zu Pulver machen: davon ſoll man einer groſſen Perſon eingeben/ als deſ- ſen auff einem halben Kopffſtuͤck ligen kan: den Kindern aber muß man etwas weniger geben/ nach eines jeden Staͤrcke und Alter. Man muß es des Morgens und des Abends eingeben/ in einem darzu bequemen Waſ- ſer/ als nemlich in Schluͤſſel- oder Meyblu- men-waſſer/ und ſolches drey Tag vor und drey Tag nach dem Vollmond/ dieſes ſoll man etliche Monat nach einander thun/ iſt damit vielen vornehmen Perſohnen geholf- fen worden.
Wuͤrm bey den kindern.
Wenn ein Kind Wuͤrm hat/ ſoll man jhm geſtoſſene Eychen-miſtel in warmer Milch eingeben.
Was maſſen der Eychen-miſtel von den alten Heidniſchen Prieſtern zu dem Aber- glauben ſeye gebraucht worden/ lehret Pli- nius libr. 16. Hiſt. rer. natural. cap. 44. wenn er ſpricht: Es halten die Druiden (alſo nenne- ten die Gallier jhre Prieſter) nichts heili- gers/ als den Miſtel und Baum/ auff wel- chem er wachſet/ (ſonderlich wenn es ein Eychbaum ware) denn ſie halten ohne diß viel auf den Haͤynen der Eychbaͤumen/ und verꝛichten jhren Gottesdienſt nimmer ohne Eychbaum-zweige: alſo daß es auch ſchei- net/ das ſie von den Griechen dahero ſeyen Druidæ genennet worden. Sintemalen was an den Eychbaͤumen herfuͤr waͤchſt/ halten ſie/ als wenn es vom Himmel were kom̃en/ und ſeye diß ein Zeichen/ als wenn der Gott (Jupiter) ſelbſt dieſen Baum fuͤr anderen er- wehlt haͤtte. Es iſt aber dieſer Eychelmi- ſtel ſchwerlich zu finden/ und ſo man jhn findet/ wird er mit heiligen Ceremonien eingeholet. Sie nennen (dieſen Eychen-mi- ſtel) in jhrer Sprach/ Heyl aller Schaden/ und wenn ſie jhre Opffer und Mahlzeiten under dem Baum haben gehalten/ bringen ſie zween weiſſe Ochſen herbey/ deren Hoͤr- ner zuvor noch nicht gebunden waren. Der Prieſter mit weiſſen Kleidern angethan/ ſtei- get auff den Baum: mit einem guldenen Meſſer hawet er denſelben ab/ welcher in ei- nem weiſſen Mantel empfangen wird. Alß- dann ſchlachten ſie jhre Opffer/ bittende/ daß jhnen GOtt dieſe ſeine Gaabe ſegnen wolle. Sie vermeynen/ daß Leuthe und Vieh/ ſo darab trincken/ Fruchtbar ſollen gemacht werden/ auch dieſes eine gewiſſe Artzney wider alles Gifft ſeye. So viel Aberglauben treiben gemeiniglich ſolche Leuth in nichtswertigen ſachen.
Der Oleander waͤchſt hoch wie ein baͤum- lein/ mit einem geraden Stam̃e/ dicken/ har- ten/ ſchmalen eines zolles breiten Lorbeer- blaͤtteren; bringet purpur-braune/ und offt- mahls weiſſe/ laͤnglichte Blumen buͤſchel- weiß/ in der farb der Roſen/ deren kelchlein von auſſen mit gantz rothen blaͤttlein umb- geben. Hierauff folget die Schotten oder Frucht ſo da lang iſt/ wie die Mandelſcheln/ geſtalt wie ein Horn/ ſo ſie ſich oͤffnet/ iſt ſie voll wollichten Samens/ die wurtzel iſt lang und holtzicht. Er waͤchſt von ſich ſelbſten umb Tripoli und Syrien/ da nennen jhn die Jnwohner de fle; iſt gemein an den zuſam- menflieſſenden Waſſeren in Candia/ wie auch in Jtalien umb Genua und Livorno. Man findet jhn auch in Franckreich an et- lichen orthen. Jn Teutſchland aber pflan- tzet man jhn in die Luſtgaͤrten/ wie er denn in denſelben hin und wider ſehr gemein iſt. Jm Winter muß er in die Keller vor der auſſerlichen kaͤlte verwahret werden.
Der Hochgelehrte Hermannus, beruͤhmter Medicinæ Doctor, und jetzmahliger Profeſſor Botanices auff der Univerſitet zu Leiden/ ge- denckt in ſeinem Catalogo Plantar. Horti Lug- dunenſis, zwey Jndianiſcher Oleandern/ de-
ren einer
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[248/0264]
Das Erſte Buch/
Lignum S. Crucis, oder H. Creutzholtz nennen.
Lonicerus ſchreibet in dem 4. Theil ſeines
Kraͤuterbuchs im 114. Capit. So eine Fraw
in gefaͤhrlichen Kinds-noͤthen lige/ ſoll man
ihren geſtoſſenen Eychen-miſtel in Wein
eingeben/ ſie werde darauff bald geneſen/
und das Kind ſein Lebenlang vor der fallen-
den Sucht behuͤtet ſeyn.
Wider dieſe Kranckheit wird er in En-
gelland auff nachfolgende weiß gebrauchet.
Man muß nehmen rechten Eychen-miſtel/
ſo wol die Blaͤtter als die Beer und die zar-
ten aͤſtlein/ ſolches gelind in einem Ofen
doͤrꝛen/ und zu Pulver machen: davon ſoll
man einer groſſen Perſon eingeben/ als deſ-
ſen auff einem halben Kopffſtuͤck ligen kan:
den Kindern aber muß man etwas weniger
geben/ nach eines jeden Staͤrcke und Alter.
Man muß es des Morgens und des Abends
eingeben/ in einem darzu bequemen Waſ-
ſer/ als nemlich in Schluͤſſel- oder Meyblu-
men-waſſer/ und ſolches drey Tag vor und
drey Tag nach dem Vollmond/ dieſes ſoll
man etliche Monat nach einander thun/ iſt
damit vielen vornehmen Perſohnen geholf-
fen worden.
Wenn ein Kind Wuͤrm hat/ ſoll man
jhm geſtoſſene Eychen-miſtel in warmer
Milch eingeben.
Was maſſen der Eychen-miſtel von den
alten Heidniſchen Prieſtern zu dem Aber-
glauben ſeye gebraucht worden/ lehret Pli-
nius libr. 16. Hiſt. rer. natural. cap. 44. wenn er
ſpricht: Es halten die Druiden (alſo nenne-
ten die Gallier jhre Prieſter) nichts heili-
gers/ als den Miſtel und Baum/ auff wel-
chem er wachſet/ (ſonderlich wenn es ein
Eychbaum ware) denn ſie halten ohne diß
viel auf den Haͤynen der Eychbaͤumen/ und
verꝛichten jhren Gottesdienſt nimmer ohne
Eychbaum-zweige: alſo daß es auch ſchei-
net/ das ſie von den Griechen dahero ſeyen
Druidæ genennet worden. Sintemalen was
an den Eychbaͤumen herfuͤr waͤchſt/ halten
ſie/ als wenn es vom Himmel were kom̃en/
und ſeye diß ein Zeichen/ als wenn der Gott
(Jupiter) ſelbſt dieſen Baum fuͤr anderen er-
wehlt haͤtte. Es iſt aber dieſer Eychelmi-
ſtel ſchwerlich zu finden/ und ſo man jhn
findet/ wird er mit heiligen Ceremonien
eingeholet. Sie nennen (dieſen Eychen-mi-
ſtel) in jhrer Sprach/ Heyl aller Schaden/
und wenn ſie jhre Opffer und Mahlzeiten
under dem Baum haben gehalten/ bringen
ſie zween weiſſe Ochſen herbey/ deren Hoͤr-
ner zuvor noch nicht gebunden waren. Der
Prieſter mit weiſſen Kleidern angethan/ ſtei-
get auff den Baum: mit einem guldenen
Meſſer hawet er denſelben ab/ welcher in ei-
nem weiſſen Mantel empfangen wird. Alß-
dann ſchlachten ſie jhre Opffer/ bittende/
daß jhnen GOtt dieſe ſeine Gaabe ſegnen
wolle. Sie vermeynen/ daß Leuthe und
Vieh/ ſo darab trincken/ Fruchtbar ſollen
gemacht werden/ auch dieſes eine gewiſſe
Artzney wider alles Gifft ſeye. So viel
Aberglauben treiben gemeiniglich ſolche
Leuth in nichtswertigen ſachen.
CAPUT CXXXVI.
[Abbildung Oleander. Nerium.
]
Namen.
OLeander oder Unholdenkraut heißt
Griechiſch/ __, ____-
_______. Lateiniſch/ Nerium, Rhodo-
dendron, Rhododaphne, Laurus roſea, Olean-
der. Jtaliaͤniſch/ Oleandro, Roſa lauro.
Frantzoͤſiſch/ Roſage, Roſagine, Oleandre.
Spaniſch/ Adelſa, Eloendro. Engliſch/ Ro-
ſebaye/ Oleander. Niderlaͤndiſch/ Olean-
derboon.
Geſtalt.
Der Oleander waͤchſt hoch wie ein baͤum-
lein/ mit einem geraden Stam̃e/ dicken/ har-
ten/ ſchmalen eines zolles breiten Lorbeer-
blaͤtteren; bringet purpur-braune/ und offt-
mahls weiſſe/ laͤnglichte Blumen buͤſchel-
weiß/ in der farb der Roſen/ deren kelchlein
von auſſen mit gantz rothen blaͤttlein umb-
geben. Hierauff folget die Schotten oder
Frucht ſo da lang iſt/ wie die Mandelſcheln/
geſtalt wie ein Horn/ ſo ſie ſich oͤffnet/ iſt ſie
voll wollichten Samens/ die wurtzel iſt lang
und holtzicht. Er waͤchſt von ſich ſelbſten
umb Tripoli und Syrien/ da nennen jhn die
Jnwohner de fle; iſt gemein an den zuſam-
menflieſſenden Waſſeren in Candia/ wie
auch in Jtalien umb Genua und Livorno.
Man findet jhn auch in Franckreich an et-
lichen orthen. Jn Teutſchland aber pflan-
tzet man jhn in die Luſtgaͤrten/ wie er denn
in denſelben hin und wider ſehr gemein iſt.
Jm Winter muß er in die Keller vor der
auſſerlichen kaͤlte verwahret werden.
Der Hochgelehrte Hermannus, beruͤhmter
Medicinæ Doctor, und jetzmahliger Profeſſor
Botanices auff der Univerſitet zu Leiden/ ge-
denckt in ſeinem Catalogo Plantar. Horti Lug-
dunenſis, zwey Jndianiſcher Oleandern/ de-
ren einer
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Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zwinger_theatrum_1690/264>, abgerufen am 24.11.2024.
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