[Spaltenumbruch]
len Neben-wurtzeln behängt/ von deren wachsen herfür vier oder fünff Stengel/ die werden selten über ein Spannen lang/ welche mit tieff zerschnittenen Blättern/ der Berg- rauten gleich/ zerspalten/ sind doch länger und schmäler als dieselbige/ eines starcken geruchs. An den Gipffeln der Stengeln kom- men weisse Blumen von fünff Blättern/ wenn die abfallen und vergehen/ folgen her- nach drey-eckichte Häuptlein oder Köpflein/ die sind grösser als die Köpflein der Wein- rauten/ mit scharffen/ subtilen/ haarichten Blättlein überzogen/ darinnen ligt der Sa- men verschlossen/ der ist dreyeckicht/ von Far- ben braun-roth/ eines bitteren geschmacks/ wie auch das gantze Kraut.
Man zielet sie bey uns in den Lust-gärten/ muß aber den Winter über wohl verwahret werden. Sie wächst von sich selbst in Cap- padocia und Galatia. Matthiolus hat sie von D. Guilielmo Quacelbeno, auß Constan- tinopel empfangen. Aber Theodor. Tabernae- montanus hat sie erstlich zu Brüssel bey Jo- hanne Boysoto gesehen/ welcher ihm von dem Samen mitgetheilet hat. Carolus Clusius Libr. 2. Stirp. Hispan. Histor. Cap. 69. & Lib. 5. Rarior. Plantar. Histor. Cap. 35. schreibet/ man finde die Hermel-raute in grosser mänge in Castella nova, umb Madrit und Quadala- jara/ da er sie nicht allein im Sommer/ son- dern auch in dem Wintermonat mit Blu- men und Samen gesehen habe. Bellonius Lib. 2. Observat. Cap. 21. vermeldet/ die Her- mel-raute wachse in sandichten Orten/ umb Alexandria in Egypten/ und daß die Ara- ber/ Egyptier und Türcken sie viel gebrau- chen: denn dieser Aberglaube ist bey ihnen eingewurtzelt/ wenn sie sich alle Tag mit der Hermel-rauten beräuchern/ müssen da- durch die bösen Geister von ihnen weichen.
Jn dem Medicinischen Garten zu Leiden wird auch eine Art der wilden Rauten ge- pflantzet/ welche der nächst vorhergehenden in allem fast ähnlich/ außgenommen/ daß ihre Blühte vier-blättig/ und mit vielen gelben zäserlein gezieret ist. Morison nennet sie auff Lateinisch/ Rutam Chalepensem te- nuifoliam florum petalis Villis scatentibus.
Eigenschafft.
Die Hermel-raute hat gleiche Eigen- schafft mit den vorigen Geschlechten.
CAPUT CLIX. Geiß-raute.Ruta capraria.
Namen.
GEiß-raute heißt Lateinisch/ Ruta capraria, Galega, Herba Galeni, Ru- ta gallica. Jtaliänisch/ Castracane, Galega, Herba nesa, Capragma, Lavanese. Spanisch/ Gallegua. Englisch/ Jtalian fiech/ goates rue. Dänisch/ Bucke-vicker/ suine-vicker. Niderländisch/ Geyte ruyte/ Galeg. Die Geiß-raute wird in Hoch- teutscher Sprach Fleckenkraut genennt/ die- weil sie wider die Flecken-fieber dienlich ist.
Gestalt.
Die Geiß-raute hat ein weisse/ holtz- und [Spaltenumbruch]
[Abbildung]
Geiß-raut.Ruta capraria. zasichte Wurtzel/ fingers dick/ bleibt unver- sehrt drey Jahr im Erdreich stehen/ schlägt alle Jahr wider von der wurtzel auß/ ge- winnet etliche stengel/ anderthalb elen hoch/ die sind mit fetten länglichten blättern von unden an biß oben auß bekleidet/ je neun o- der zehen/ auch bißweilen minder und mehr an einem stiel/ auff beyden seiten/ die ver- gleichen sich den blättern der purpur-blawen Vogels-wicken. Am obern theil der stengeln erscheinen bleiche/ purpur-blawe/ ährichte/ und bißweilen gantz weisse Blumen in dem Hewmonat/ die sind den Blumen der ob- gemeldten Vogels-wicken so gleich/ daß man diese beyde Kräuter kaum von einander un- derscheiden kan/ und ist der unterscheid al- lein darinn zuvermercken/ daß die Vogels- wicken Gäbelein haben/ damit sie sich in den Hecken und anderen Neben-gewächsen anhängen/ deren die Geißraute mangelt. Nach den Blumen folgen kleine/ lange/ un- ebene schötlein/ darinn ist der Samen ver- schlossen/ dem Samen des Griechischen Hews ähnlich/ außgenommen daß er läng- lichter und kleiner ist. Dieses Kraut wächst gern in fetten und feuchten Orten/ an den Gestaden der Bächen und Wasserflüssen. Wird in grosser mänge in Piemont und umb die Haupt-Statt Turin auff der ebne gefunden. Es wird auch von wegen seiner fürtrefflichen Tugend in die Lust-gärten gezielet/ darinnen es drey Jahr beständig beharret/ aber in dem vierdten Jahr verdir- bet die wurtzel und das kraut mit einander.
Eigenschafft.
Geiß-rauten hat keinen Geschmack noch Geruch/ jedoch steckt ein alkalisch-irdisches miltes saltz darinn verborgen/ dadurch sie die kräfften hat alles Gifft in und ausser dem Leib zu töden.
Gebrauch.
Von den Baum- und Staud-Gewaͤchſen.
[Spaltenumbruch]
len Neben-wurtzeln behaͤngt/ von deren wachſen herfuͤr vier oder fuͤnff Stengel/ die werden ſelten uͤber ein Spannen lang/ welche mit tieff zerſchnittenen Blaͤttern/ der Berg- rauten gleich/ zerſpalten/ ſind doch laͤnger und ſchmaͤler als dieſelbige/ eines ſtarcken geruchs. An den Gipffeln der Stengeln kom- men weiſſe Blumen von fuͤnff Blaͤttern/ wenn die abfallen und vergehen/ folgen her- nach drey-eckichte Haͤuptlein oder Koͤpflein/ die ſind groͤſſer als die Koͤpflein der Wein- rauten/ mit ſcharffen/ ſubtilen/ haarichten Blaͤttlein uͤberzogen/ darinnen ligt der Sa- men verſchloſſen/ der iſt dreyeckicht/ von Far- ben braun-roth/ eines bitteren geſchmacks/ wie auch das gantze Kraut.
Man zielet ſie bey uns in den Luſt-gaͤrten/ muß aber den Winter uͤber wohl verwahret werden. Sie waͤchſt von ſich ſelbſt in Cap- padocia und Galatia. Matthiolus hat ſie von D. Guilielmo Quacelbeno, auß Conſtan- tinopel empfangen. Aber Theodor. Tabernæ- montanus hat ſie erſtlich zu Bruͤſſel bey Jo- hanne Boyſoto geſehen/ welcher ihm von dem Samen mitgetheilet hat. Carolus Cluſius Libr. 2. Stirp. Hiſpan. Hiſtor. Cap. 69. & Lib. 5. Rarior. Plantar. Hiſtor. Cap. 35. ſchreibet/ man finde die Hermel-raute in groſſer maͤnge in Caſtella nova, umb Madrit und Quadala- jara/ da er ſie nicht allein im Sommer/ ſon- dern auch in dem Wintermonat mit Blu- men und Samen geſehen habe. Bellonius Lib. 2. Obſervat. Cap. 21. vermeldet/ die Her- mel-raute wachſe in ſandichten Orten/ umb Alexandria in Egypten/ und daß die Ara- ber/ Egyptier und Tuͤrcken ſie viel gebrau- chen: denn dieſer Aberglaube iſt bey ihnen eingewurtzelt/ wenn ſie ſich alle Tag mit der Hermel-rauten beraͤuchern/ muͤſſen da- durch die boͤſen Geiſter von ihnen weichen.
Jn dem Mediciniſchen Garten zu Leiden wird auch eine Art der wilden Rauten ge- pflantzet/ welche der naͤchſt vorhergehenden in allem faſt aͤhnlich/ außgenommen/ daß ihre Bluͤhte vier-blaͤttig/ und mit vielen gelben zaͤſerlein gezieret iſt. Moriſon nennet ſie auff Lateiniſch/ Rutam Chalepenſem te- nuifoliam florum petalis Villis ſcatentibus.
Eigenſchafft.
Die Hermel-raute hat gleiche Eigen- ſchafft mit den vorigen Geſchlechten.
CAPUT CLIX. Geiß-raute.Ruta capraria.
Namen.
GEiß-raute heißt Lateiniſch/ Ruta capraria, Galega, Herba Galeni, Ru- ta gallica. Jtaliaͤniſch/ Caſtracane, Galega, Herba neſa, Capragma, Lavaneſe. Spaniſch/ Gallegua. Engliſch/ Jtalian fiech/ goates rue. Daͤniſch/ Bucke-vicker/ ſuine-vicker. Niderlaͤndiſch/ Geyte ruyte/ Galeg. Die Geiß-raute wird in Hoch- teutſcher Sprach Fleckenkraut genennt/ die- weil ſie wider die Flecken-fieber dienlich iſt.
Geſtalt.
Die Geiß-raute hat ein weiſſe/ holtz- und [Spaltenumbruch]
[Abbildung]
Geiß-raut.Ruta capraria. zaſichte Wurtzel/ fingers dick/ bleibt unver- ſehrt drey Jahr im Erdreich ſtehen/ ſchlaͤgt alle Jahr wider von der wurtzel auß/ ge- winnet etliche ſtengel/ anderthalb elen hoch/ die ſind mit fetten laͤnglichten blaͤttern von unden an biß oben auß bekleidet/ je neun o- der zehen/ auch bißweilen minder und mehr an einem ſtiel/ auff beyden ſeiten/ die ver- gleichen ſich den blaͤttern der purpur-blawen Vogels-wicken. Am obern theil der ſtengeln erſcheinen bleiche/ purpur-blawe/ aͤhrichte/ und bißweilen gantz weiſſe Blumen in dem Hewmonat/ die ſind den Blumen der ob- gemeldten Vogels-wicken ſo gleich/ daß man dieſe beyde Kraͤuter kaum von einander un- derſcheiden kan/ und iſt der unterſcheid al- lein darinn zuvermercken/ daß die Vogels- wicken Gaͤbelein haben/ damit ſie ſich in den Hecken und anderen Neben-gewaͤchſen anhaͤngen/ deren die Geißraute mangelt. Nach den Blumen folgen kleine/ lange/ un- ebene ſchoͤtlein/ darinn iſt der Samen ver- ſchloſſen/ dem Samen des Griechiſchen Hews aͤhnlich/ außgenommen daß er laͤng- lichter und kleiner iſt. Dieſes Kraut waͤchſt gern in fetten und feuchten Orten/ an den Geſtaden der Baͤchen und Waſſerfluͤſſen. Wird in groſſer maͤnge in Piemont und umb die Haupt-Statt Turin auff der ebne gefunden. Es wird auch von wegen ſeiner fuͤrtrefflichen Tugend in die Luſt-gaͤrten gezielet/ darinnen es drey Jahr beſtaͤndig beharꝛet/ aber in dem vierdten Jahr verdir- bet die wurtzel und das kraut mit einander.
Eigenſchafft.
Geiß-rauten hat keinen Geſchmack noch Geruch/ jedoch ſteckt ein alkaliſch-irdiſches miltes ſaltz darinn verborgen/ dadurch ſie die kraͤfften hat alles Gifft in und auſſer dem Leib zu toͤden.
Gebrauch.
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[279/0295]
Von den Baum- und Staud-Gewaͤchſen.
len Neben-wurtzeln behaͤngt/ von deren
wachſen herfuͤr vier oder fuͤnff Stengel/ die
werden ſelten uͤber ein Spannen lang/ welche
mit tieff zerſchnittenen Blaͤttern/ der Berg-
rauten gleich/ zerſpalten/ ſind doch laͤnger
und ſchmaͤler als dieſelbige/ eines ſtarcken
geruchs. An den Gipffeln der Stengeln kom-
men weiſſe Blumen von fuͤnff Blaͤttern/
wenn die abfallen und vergehen/ folgen her-
nach drey-eckichte Haͤuptlein oder Koͤpflein/
die ſind groͤſſer als die Koͤpflein der Wein-
rauten/ mit ſcharffen/ ſubtilen/ haarichten
Blaͤttlein uͤberzogen/ darinnen ligt der Sa-
men verſchloſſen/ der iſt dreyeckicht/ von Far-
ben braun-roth/ eines bitteren geſchmacks/
wie auch das gantze Kraut.
Man zielet ſie bey uns in den Luſt-gaͤrten/
muß aber den Winter uͤber wohl verwahret
werden. Sie waͤchſt von ſich ſelbſt in Cap-
padocia und Galatia. Matthiolus hat ſie
von D. Guilielmo Quacelbeno, auß Conſtan-
tinopel empfangen. Aber Theodor. Tabernæ-
montanus hat ſie erſtlich zu Bruͤſſel bey Jo-
hanne Boyſoto geſehen/ welcher ihm von dem
Samen mitgetheilet hat. Carolus Cluſius
Libr. 2. Stirp. Hiſpan. Hiſtor. Cap. 69. & Lib. 5.
Rarior. Plantar. Hiſtor. Cap. 35. ſchreibet/ man
finde die Hermel-raute in groſſer maͤnge in
Caſtella nova, umb Madrit und Quadala-
jara/ da er ſie nicht allein im Sommer/ ſon-
dern auch in dem Wintermonat mit Blu-
men und Samen geſehen habe. Bellonius
Lib. 2. Obſervat. Cap. 21. vermeldet/ die Her-
mel-raute wachſe in ſandichten Orten/ umb
Alexandria in Egypten/ und daß die Ara-
ber/ Egyptier und Tuͤrcken ſie viel gebrau-
chen: denn dieſer Aberglaube iſt bey ihnen
eingewurtzelt/ wenn ſie ſich alle Tag mit
der Hermel-rauten beraͤuchern/ muͤſſen da-
durch die boͤſen Geiſter von ihnen weichen.
Jn dem Mediciniſchen Garten zu Leiden
wird auch eine Art der wilden Rauten ge-
pflantzet/ welche der naͤchſt vorhergehenden
in allem faſt aͤhnlich/ außgenommen/ daß
ihre Bluͤhte vier-blaͤttig/ und mit vielen
gelben zaͤſerlein gezieret iſt. Moriſon nennet
ſie auff Lateiniſch/ Rutam Chalepenſem te-
nuifoliam florum petalis Villis ſcatentibus.
Eigenſchafft.
Die Hermel-raute hat gleiche Eigen-
ſchafft mit den vorigen Geſchlechten.
CAPUT CLIX.
Geiß-raute. Ruta capraria.
Namen.
GEiß-raute heißt Lateiniſch/ Ruta
capraria, Galega, Herba Galeni, Ru-
ta gallica. Jtaliaͤniſch/ Caſtracane,
Galega, Herba neſa, Capragma, Lavaneſe.
Spaniſch/ Gallegua. Engliſch/ Jtalian
fiech/ goates rue. Daͤniſch/ Bucke-vicker/
ſuine-vicker. Niderlaͤndiſch/ Geyte ruyte/
Galeg. Die Geiß-raute wird in Hoch-
teutſcher Sprach Fleckenkraut genennt/ die-
weil ſie wider die Flecken-fieber dienlich iſt.
Geſtalt.
Die Geiß-raute hat ein weiſſe/ holtz- und
[Abbildung Geiß-raut. Ruta capraria.
]
zaſichte Wurtzel/ fingers dick/ bleibt unver-
ſehrt drey Jahr im Erdreich ſtehen/ ſchlaͤgt
alle Jahr wider von der wurtzel auß/ ge-
winnet etliche ſtengel/ anderthalb elen hoch/
die ſind mit fetten laͤnglichten blaͤttern von
unden an biß oben auß bekleidet/ je neun o-
der zehen/ auch bißweilen minder und mehr
an einem ſtiel/ auff beyden ſeiten/ die ver-
gleichen ſich den blaͤttern der purpur-blawen
Vogels-wicken. Am obern theil der ſtengeln
erſcheinen bleiche/ purpur-blawe/ aͤhrichte/
und bißweilen gantz weiſſe Blumen in dem
Hewmonat/ die ſind den Blumen der ob-
gemeldten Vogels-wicken ſo gleich/ daß man
dieſe beyde Kraͤuter kaum von einander un-
derſcheiden kan/ und iſt der unterſcheid al-
lein darinn zuvermercken/ daß die Vogels-
wicken Gaͤbelein haben/ damit ſie ſich in
den Hecken und anderen Neben-gewaͤchſen
anhaͤngen/ deren die Geißraute mangelt.
Nach den Blumen folgen kleine/ lange/ un-
ebene ſchoͤtlein/ darinn iſt der Samen ver-
ſchloſſen/ dem Samen des Griechiſchen
Hews aͤhnlich/ außgenommen daß er laͤng-
lichter und kleiner iſt. Dieſes Kraut waͤchſt
gern in fetten und feuchten Orten/ an den
Geſtaden der Baͤchen und Waſſerfluͤſſen.
Wird in groſſer maͤnge in Piemont und
umb die Haupt-Statt Turin auff der ebne
gefunden. Es wird auch von wegen ſeiner
fuͤrtrefflichen Tugend in die Luſt-gaͤrten
gezielet/ darinnen es drey Jahr beſtaͤndig
beharꝛet/ aber in dem vierdten Jahr verdir-
bet die wurtzel und das kraut mit einander.
Eigenſchafft.
Geiß-rauten hat keinen Geſchmack noch
Geruch/ jedoch ſteckt ein alkaliſch-irdiſches
miltes ſaltz darinn verborgen/ dadurch ſie
die kraͤfften hat alles Gifft in und auſſer
dem Leib zu toͤden.
Gebrauch.
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Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690, S. 279. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zwinger_theatrum_1690/295>, abgerufen am 29.11.2024.
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