Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Zschokke, Heinrich]: Geister und Geisterseher oder Leben und frühes Ende eines Nekromantisten. Küstrin, 1789.

Bild:
<< vorherige Seite

Wilhelm Walter.
geräumigen einsamen Hofplaz führte, von
dem verschiedne Pforten und Thüren den
Ausgang machten. Es ward geklingelt --
der mannhafte Kerkerretter sties den duldenden
Weisen sehr unschiklich einer kleinen Thür zu,
von der eine schmale steinerne Windeltreppe
Waltern in einen langen Saal brachte, über
welchen er ging und in ein angenemes Zim-
mer hereintrat. --

"Mein Freund!" fing sogleich ein an-
sehnlicher, vornehm gekleideter Herr an, der
neben einem Pater sas: "wir bedauern Jhr
Schiksal, welches sie sich selbst zuzogen;
thuen Sie das noch, um es etwas zu mindern,
und gestehen Sie ohne Rükhalt die Ursach
ihres Auffenthalts allhier -- widrigenfalls
noch Mittel vorhanden sein werden, Jhren
Mund zu eröfnen!" --

Walter schwieg betroffen; bat mit seinen
Blikken Gnade!

"Sie haben eine hiesige Bürgerstochter
verführt; der Vater hat Sie bei Jhrem

Ver-

Wilhelm Walter.
geraͤumigen einſamen Hofplaz fuͤhrte, von
dem verſchiedne Pforten und Thuͤren den
Ausgang machten. Es ward geklingelt —
der mannhafte Kerkerretter ſties den duldenden
Weiſen ſehr unſchiklich einer kleinen Thuͤr zu,
von der eine ſchmale ſteinerne Windeltreppe
Waltern in einen langen Saal brachte, uͤber
welchen er ging und in ein angenemes Zim-
mer hereintrat. —

„Mein Freund!“ fing ſogleich ein an-
ſehnlicher, vornehm gekleideter Herr an, der
neben einem Pater ſas: „wir bedauern Jhr
Schikſal, welches ſie ſich ſelbſt zuzogen;
thuen Sie das noch, um es etwas zu mindern,
und geſtehen Sie ohne Ruͤkhalt die Urſach
ihres Auffenthalts allhier — widrigenfalls
noch Mittel vorhanden ſein werden, Jhren
Mund zu eroͤfnen!“ —

Walter ſchwieg betroffen; bat mit ſeinen
Blikken Gnade!

„Sie haben eine hieſige Buͤrgerstochter
verfuͤhrt; der Vater hat Sie bei Jhrem

Ver-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0078" n="75"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Wilhelm Walter</hi>.</fw><lb/>
gera&#x0364;umigen ein&#x017F;amen Hofplaz fu&#x0364;hrte, von<lb/>
dem ver&#x017F;chiedne Pforten und Thu&#x0364;ren den<lb/>
Ausgang machten. Es ward geklingelt &#x2014;<lb/>
der mannhafte Kerkerretter &#x017F;ties den duldenden<lb/>
Wei&#x017F;en &#x017F;ehr un&#x017F;chiklich einer kleinen Thu&#x0364;r zu,<lb/>
von der eine &#x017F;chmale &#x017F;teinerne Windeltreppe<lb/>
Waltern in einen langen Saal brachte, u&#x0364;ber<lb/>
welchen er ging und in ein angenemes Zim-<lb/>
mer hereintrat. &#x2014;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Mein Freund!&#x201C; fing &#x017F;ogleich ein an-<lb/>
&#x017F;ehnlicher, vornehm gekleideter Herr an, der<lb/>
neben einem Pater &#x017F;as: &#x201E;wir bedauern Jhr<lb/>
Schik&#x017F;al, welches &#x017F;ie &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t zuzogen;<lb/>
thuen Sie das noch, um es etwas zu mindern,<lb/>
und ge&#x017F;tehen Sie ohne Ru&#x0364;khalt die Ur&#x017F;ach<lb/>
ihres Auffenthalts allhier &#x2014; widrigenfalls<lb/>
noch Mittel vorhanden &#x017F;ein werden, Jhren<lb/>
Mund zu ero&#x0364;fnen!&#x201C; &#x2014;</p><lb/>
        <p>Walter &#x017F;chwieg betroffen; bat mit &#x017F;einen<lb/>
Blikken Gnade!</p><lb/>
        <p>&#x201E;Sie haben eine hie&#x017F;ige Bu&#x0364;rgerstochter<lb/>
verfu&#x0364;hrt; der Vater hat Sie bei Jhrem<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Ver-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[75/0078] Wilhelm Walter. geraͤumigen einſamen Hofplaz fuͤhrte, von dem verſchiedne Pforten und Thuͤren den Ausgang machten. Es ward geklingelt — der mannhafte Kerkerretter ſties den duldenden Weiſen ſehr unſchiklich einer kleinen Thuͤr zu, von der eine ſchmale ſteinerne Windeltreppe Waltern in einen langen Saal brachte, uͤber welchen er ging und in ein angenemes Zim- mer hereintrat. — „Mein Freund!“ fing ſogleich ein an- ſehnlicher, vornehm gekleideter Herr an, der neben einem Pater ſas: „wir bedauern Jhr Schikſal, welches ſie ſich ſelbſt zuzogen; thuen Sie das noch, um es etwas zu mindern, und geſtehen Sie ohne Ruͤkhalt die Urſach ihres Auffenthalts allhier — widrigenfalls noch Mittel vorhanden ſein werden, Jhren Mund zu eroͤfnen!“ — Walter ſchwieg betroffen; bat mit ſeinen Blikken Gnade! „Sie haben eine hieſige Buͤrgerstochter verfuͤhrt; der Vater hat Sie bei Jhrem Ver-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/zschokke_geister_1789
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/zschokke_geister_1789/78
Zitationshilfe: [Zschokke, Heinrich]: Geister und Geisterseher oder Leben und frühes Ende eines Nekromantisten. Küstrin, 1789, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zschokke_geister_1789/78>, abgerufen am 05.12.2024.