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[Zschokke, Heinrich]: Geister und Geisterseher oder Leben und frühes Ende eines Nekromantisten. Küstrin, 1789.

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Wilhelm Walter.
völligen Reife gediehen. Man darf von mir
nicht erwarten, daß ich hier den Grund an-
gebe, warum? und wodurch? sondern ich
gehe zu meinem Pärchen zurük, welches ich
in der vertraulichsten Situazion auf der Ra-
senbank finde. Das Obige mag dem Leser
indeß ein Wink sein, aus welchem Gesichts-
punkte man Walters schöne Gesellschafterin
betrachten müsse, welche den gutherzigen
Kleinstädter schon schlau in ihre Nezze ver-
strikt und von ihm herausgelokt hatte, daß
er Freimaurer sei, und an die W....sche
Loge geheime Depeschen habe. --

Mädchen. Es ist doch sehr unartig von
Jhnen, daß Sie mir auch keine Sylbe ent-
dekken wollen -- warum machten Sie mich
neugierig?

Wal-
thes Mädchen, daß Gott, obwohl er allmäch-
tig ist einem Frauenzimmer die Jungfrau-
schaft welche sie einmal verloren hat, nicht
wiedergeben kann; er kann ihr die Sünde
vergeben, aber nicht wiedergeben die Blume
der Mädchenehre, welche sie sich hat rau-
ben lassen
."

Wilhelm Walter.
voͤlligen Reife gediehen. Man darf von mir
nicht erwarten, daß ich hier den Grund an-
gebe, warum? und wodurch? ſondern ich
gehe zu meinem Paͤrchen zuruͤk, welches ich
in der vertraulichſten Situazion auf der Ra-
ſenbank finde. Das Obige mag dem Leſer
indeß ein Wink ſein, aus welchem Geſichts-
punkte man Walters ſchoͤne Geſellſchafterin
betrachten muͤſſe, welche den gutherzigen
Kleinſtaͤdter ſchon ſchlau in ihre Nezze ver-
ſtrikt und von ihm herausgelokt hatte, daß
er Freimaurer ſei, und an die W....ſche
Loge geheime Depeſchen habe. —

Maͤdchen. Es iſt doch ſehr unartig von
Jhnen, daß Sie mir auch keine Sylbe ent-
dekken wollen — warum machten Sie mich
neugierig?

Wal-
thes Maͤdchen, daß Gott, obwohl er allmaͤch-
tig iſt einem Frauenzimmer die Jungfrau-
ſchaft welche ſie einmal verloren hat, nicht
wiedergeben kann; er kann ihr die Suͤnde
vergeben, aber nicht wiedergeben die Blume
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[63/0066] Wilhelm Walter. voͤlligen Reife gediehen. Man darf von mir nicht erwarten, daß ich hier den Grund an- gebe, warum? und wodurch? ſondern ich gehe zu meinem Paͤrchen zuruͤk, welches ich in der vertraulichſten Situazion auf der Ra- ſenbank finde. Das Obige mag dem Leſer indeß ein Wink ſein, aus welchem Geſichts- punkte man Walters ſchoͤne Geſellſchafterin betrachten muͤſſe, welche den gutherzigen Kleinſtaͤdter ſchon ſchlau in ihre Nezze ver- ſtrikt und von ihm herausgelokt hatte, daß er Freimaurer ſei, und an die W....ſche Loge geheime Depeſchen habe. — Maͤdchen. Es iſt doch ſehr unartig von Jhnen, daß Sie mir auch keine Sylbe ent- dekken wollen — warum machten Sie mich neugierig? Wal- *) *) thes Maͤdchen, daß Gott, obwohl er allmaͤch- tig iſt einem Frauenzimmer die Jungfrau- ſchaft welche ſie einmal verloren hat, nicht wiedergeben kann; er kann ihr die Suͤnde vergeben, aber nicht wiedergeben die Blume der Maͤdchenehre, welche ſie ſich hat rau- ben laſſen.“

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Zitationshilfe: [Zschokke, Heinrich]: Geister und Geisterseher oder Leben und frühes Ende eines Nekromantisten. Küstrin, 1789, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zschokke_geister_1789/66>, abgerufen am 08.05.2024.