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[Zschokke, Heinrich]: Geister und Geisterseher oder Leben und frühes Ende eines Nekromantisten. Küstrin, 1789.

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Wilhelm Walter.

Er muste zu Anfang des Julymondes
abreisen und zwar unter dem Vorwande,
seine Gesundheit durch Veränderung der Luft
zu befördern. Sein Amt ward in dieser
Abwesenheit von einer andern Magistrats-
person verwaltet.

Binnen acht Tagen war er zu W... -- --

Er miethete sich sogleich in den ersten
besten Gasthof ein; erhielt sein eignes Zim-
mer und, da er am folgenden Tage von ei-
nem Logenbruder erfuhr, daß der Orden erst
über 8 Tagen grosse Sizzung halte, nam er
sich vor in dieser Zeit die Merkwürdigkeiten
von W..., die ihm so sehr gerümt worden
waren, in Augenschein zu nehmen. Er besuchte
auch wirklich alle öffentliche Pläzze, Gebäude,
Bibliotheken, Gärten u. s. w. und war nur
selten über eine Stunde am Tage zu Hause.

Eins Abends sas er in Gedanken veloren
in einem der schönsten Gärten der Stadt,
als sich ihm ein artiges, innges Mädchen
nahte, welcher frohe Unschuld aus den Mie-
nen lächelte. -- Sie sezte sich frei neben ihn

hin,
Wilhelm Walter.

Er muſte zu Anfang des Julymondes
abreiſen und zwar unter dem Vorwande,
ſeine Geſundheit durch Veraͤnderung der Luft
zu befoͤrdern. Sein Amt ward in dieſer
Abweſenheit von einer andern Magiſtrats-
perſon verwaltet.

Binnen acht Tagen war er zu W... — —

Er miethete ſich ſogleich in den erſten
beſten Gaſthof ein; erhielt ſein eignes Zim-
mer und, da er am folgenden Tage von ei-
nem Logenbruder erfuhr, daß der Orden erſt
uͤber 8 Tagen groſſe Sizzung halte, nam er
ſich vor in dieſer Zeit die Merkwuͤrdigkeiten
von W..., die ihm ſo ſehr geruͤmt worden
waren, in Augenſchein zu nehmen. Er beſuchte
auch wirklich alle oͤffentliche Plaͤzze, Gebaͤude,
Bibliotheken, Gaͤrten u. ſ. w. und war nur
ſelten uͤber eine Stunde am Tage zu Hauſe.

Eins Abends ſas er in Gedanken veloren
in einem der ſchoͤnſten Gaͤrten der Stadt,
als ſich ihm ein artiges, innges Maͤdchen
nahte, welcher frohe Unſchuld aus den Mie-
nen laͤchelte. — Sie ſezte ſich frei neben ihn

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[59/0062] Wilhelm Walter. Er muſte zu Anfang des Julymondes abreiſen und zwar unter dem Vorwande, ſeine Geſundheit durch Veraͤnderung der Luft zu befoͤrdern. Sein Amt ward in dieſer Abweſenheit von einer andern Magiſtrats- perſon verwaltet. Binnen acht Tagen war er zu W... — — Er miethete ſich ſogleich in den erſten beſten Gaſthof ein; erhielt ſein eignes Zim- mer und, da er am folgenden Tage von ei- nem Logenbruder erfuhr, daß der Orden erſt uͤber 8 Tagen groſſe Sizzung halte, nam er ſich vor in dieſer Zeit die Merkwuͤrdigkeiten von W..., die ihm ſo ſehr geruͤmt worden waren, in Augenſchein zu nehmen. Er beſuchte auch wirklich alle oͤffentliche Plaͤzze, Gebaͤude, Bibliotheken, Gaͤrten u. ſ. w. und war nur ſelten uͤber eine Stunde am Tage zu Hauſe. Eins Abends ſas er in Gedanken veloren in einem der ſchoͤnſten Gaͤrten der Stadt, als ſich ihm ein artiges, innges Maͤdchen nahte, welcher frohe Unſchuld aus den Mie- nen laͤchelte. — Sie ſezte ſich frei neben ihn hin,

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Zitationshilfe: [Zschokke, Heinrich]: Geister und Geisterseher oder Leben und frühes Ende eines Nekromantisten. Küstrin, 1789, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zschokke_geister_1789/62>, abgerufen am 07.05.2024.