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[Zschokke, Heinrich]: Geister und Geisterseher oder Leben und frühes Ende eines Nekromantisten. Küstrin, 1789.

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Wilhelm Walter.
ein blaues Kleid mit schmalen, goldnen Tres-
sen; auf der Seite einen Stuzzerdegen und
Chapeau-bas. Er war in den vornemsten
Gesellschaften willkommen; hatte mit den er-
sten Magistratspersonen einen sehr vertrauten
Umgang und that, als hätte er sie schon seit
langer Zeit gekannt. So sehr Waltern dies
auffiel, wollte er doch nie durch eine Frage
dem rätselhaften Magiker seine Neugierde
verraten; sondern begnügte sich damit, wenn
iener ihn nur recht oft besuchte und in der
geheimen Wissenschaft unterrichtete

Von Tage zu Tage fühlte er sich voll-
kommner, ward aber auch tiefsinniger;
selten sprach er, arbeitete beständig in einem
verschlossenen Zimmer; sprach sehr wenig
mit andern, vieles aber vor sich. Er schrieb
vieles von seinen Experimenten und Selbst-
erfarungen nieder, aber in einer ganz unbe-
kannten Sprache und Schrift, und damit
auch nichts von diesem etwa in ungerechte
Hände sich verirrte, so warf er es iedesmal
sorgfältig -- ins Feuer.

"Das
C

Wilhelm Walter.
ein blaues Kleid mit ſchmalen, goldnen Treſ-
ſen; auf der Seite einen Stuzzerdegen und
Chapeau-bas. Er war in den vornemſten
Geſellſchaften willkommen; hatte mit den er-
ſten Magiſtratsperſonen einen ſehr vertrauten
Umgang und that, als haͤtte er ſie ſchon ſeit
langer Zeit gekannt. So ſehr Waltern dies
auffiel, wollte er doch nie durch eine Frage
dem raͤtſelhaften Magiker ſeine Neugierde
verraten; ſondern begnuͤgte ſich damit, wenn
iener ihn nur recht oft beſuchte und in der
geheimen Wiſſenſchaft unterrichtete

Von Tage zu Tage fuͤhlte er ſich voll-
kommner, ward aber auch tiefſinniger;
ſelten ſprach er, arbeitete beſtaͤndig in einem
verſchloſſenen Zimmer; ſprach ſehr wenig
mit andern, vieles aber vor ſich. Er ſchrieb
vieles von ſeinen Experimenten und Selbſt-
erfarungen nieder, aber in einer ganz unbe-
kannten Sprache und Schrift, und damit
auch nichts von dieſem etwa in ungerechte
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[33/0036] Wilhelm Walter. ein blaues Kleid mit ſchmalen, goldnen Treſ- ſen; auf der Seite einen Stuzzerdegen und Chapeau-bas. Er war in den vornemſten Geſellſchaften willkommen; hatte mit den er- ſten Magiſtratsperſonen einen ſehr vertrauten Umgang und that, als haͤtte er ſie ſchon ſeit langer Zeit gekannt. So ſehr Waltern dies auffiel, wollte er doch nie durch eine Frage dem raͤtſelhaften Magiker ſeine Neugierde verraten; ſondern begnuͤgte ſich damit, wenn iener ihn nur recht oft beſuchte und in der geheimen Wiſſenſchaft unterrichtete Von Tage zu Tage fuͤhlte er ſich voll- kommner, ward aber auch tiefſinniger; ſelten ſprach er, arbeitete beſtaͤndig in einem verſchloſſenen Zimmer; ſprach ſehr wenig mit andern, vieles aber vor ſich. Er ſchrieb vieles von ſeinen Experimenten und Selbſt- erfarungen nieder, aber in einer ganz unbe- kannten Sprache und Schrift, und damit auch nichts von dieſem etwa in ungerechte Haͤnde ſich verirrte, ſo warf er es iedesmal ſorgfaͤltig — ins Feuer. „Das C

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Zitationshilfe: [Zschokke, Heinrich]: Geister und Geisterseher oder Leben und frühes Ende eines Nekromantisten. Küstrin, 1789, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zschokke_geister_1789/36>, abgerufen am 24.11.2024.