Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Zschokke, Heinrich: Der todte Gast. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 11. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [59]–219. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

zu meinem Brautkämmerlein ist nun und ewig verloren, bringt morgen der Herzallerliebste mein nicht purpurroth sein Kriegsschwert vom Blute des Winterkönigs.

Die drei Bräutigame erschraken; doch sammelten sie ihre Geister bald wieder, indem sie die schönen Jungfrauen liebreizender, denn jemals, vor sich stehen und der Antwort gewärtig sahen. Keiner wollte zurückbleiben, jeder der Erste sein, die Inbrunst seiner Liebe durch ein Heldenstück zu beurkunden. Also verhießen sie, der Winterkönig solle die Sonne nicht wieder sehen.

Sie beurlaubten sich von den Bräuten, die nun frohlockend zusammensaßen und von dem ewigen Ruhm ihrer Geliebten, von deren Muth und Zärtlichkeit und zuletzt von der Grafschaft plauderten, wie sie dieselbe unter sich theilen wollten. Die drei jungen Männer aber beredeten sich, gingen alsbald ins Wirthshaus zum Lindwurm, forderten einen Trunk, forschten gesprächig den Fremden nach, und wer der König sein möge und wo er schlafe, und ob er ein schönes Zimmer habe. Sie kannten aber Alle jeden Winkel des Hauses wohl. Und sie zechten bis tief in die Nacht.

Vor Tagesanbruch ritten eilfertig zwölf der fremden Gäste fort bei Sturm und Wetter. Der dreizehnte lag todt im Blute schwimmend auf dem Bette. Er hatte drei Todeswunden. Niemand konnte sagen, wer er sei; doch versicherte der Wirth, der König sei es nicht. Und er hatte Recht; denn der Winterkönig

zu meinem Brautkämmerlein ist nun und ewig verloren, bringt morgen der Herzallerliebste mein nicht purpurroth sein Kriegsschwert vom Blute des Winterkönigs.

Die drei Bräutigame erschraken; doch sammelten sie ihre Geister bald wieder, indem sie die schönen Jungfrauen liebreizender, denn jemals, vor sich stehen und der Antwort gewärtig sahen. Keiner wollte zurückbleiben, jeder der Erste sein, die Inbrunst seiner Liebe durch ein Heldenstück zu beurkunden. Also verhießen sie, der Winterkönig solle die Sonne nicht wieder sehen.

Sie beurlaubten sich von den Bräuten, die nun frohlockend zusammensaßen und von dem ewigen Ruhm ihrer Geliebten, von deren Muth und Zärtlichkeit und zuletzt von der Grafschaft plauderten, wie sie dieselbe unter sich theilen wollten. Die drei jungen Männer aber beredeten sich, gingen alsbald ins Wirthshaus zum Lindwurm, forderten einen Trunk, forschten gesprächig den Fremden nach, und wer der König sein möge und wo er schlafe, und ob er ein schönes Zimmer habe. Sie kannten aber Alle jeden Winkel des Hauses wohl. Und sie zechten bis tief in die Nacht.

Vor Tagesanbruch ritten eilfertig zwölf der fremden Gäste fort bei Sturm und Wetter. Der dreizehnte lag todt im Blute schwimmend auf dem Bette. Er hatte drei Todeswunden. Niemand konnte sagen, wer er sei; doch versicherte der Wirth, der König sei es nicht. Und er hatte Recht; denn der Winterkönig

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="chapter" n="10">
        <p><pb facs="#f0066"/>
zu meinem Brautkämmerlein ist nun und ewig      verloren, bringt morgen der Herzallerliebste mein nicht purpurroth sein Kriegsschwert vom      Blute des Winterkönigs.</p><lb/>
        <p>Die drei Bräutigame erschraken; doch sammelten sie ihre Geister bald wieder, indem sie die      schönen Jungfrauen liebreizender, denn jemals, vor sich stehen und der Antwort gewärtig sahen.      Keiner wollte zurückbleiben, jeder der Erste sein, die Inbrunst seiner Liebe durch ein      Heldenstück zu beurkunden. Also verhießen sie, der Winterkönig solle die Sonne nicht wieder      sehen.</p><lb/>
        <p>Sie beurlaubten sich von den Bräuten, die nun frohlockend zusammensaßen und von dem ewigen      Ruhm ihrer Geliebten, von deren Muth und Zärtlichkeit und zuletzt von der Grafschaft      plauderten, wie sie dieselbe unter sich theilen wollten. Die drei jungen Männer aber beredeten      sich, gingen alsbald ins Wirthshaus zum Lindwurm, forderten einen Trunk, forschten gesprächig      den Fremden nach, und wer der König sein möge und wo er schlafe, und ob er ein schönes Zimmer      habe. Sie kannten aber Alle jeden Winkel des Hauses wohl. Und sie zechten bis tief in die      Nacht.</p><lb/>
        <p>Vor Tagesanbruch ritten eilfertig zwölf der fremden Gäste fort bei Sturm und Wetter. Der      dreizehnte lag todt im Blute schwimmend auf dem Bette. Er hatte drei Todeswunden. Niemand      konnte sagen, wer er sei; doch versicherte der Wirth, der König sei es nicht. Und er hatte      Recht; denn der Winterkönig<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0066] zu meinem Brautkämmerlein ist nun und ewig verloren, bringt morgen der Herzallerliebste mein nicht purpurroth sein Kriegsschwert vom Blute des Winterkönigs. Die drei Bräutigame erschraken; doch sammelten sie ihre Geister bald wieder, indem sie die schönen Jungfrauen liebreizender, denn jemals, vor sich stehen und der Antwort gewärtig sahen. Keiner wollte zurückbleiben, jeder der Erste sein, die Inbrunst seiner Liebe durch ein Heldenstück zu beurkunden. Also verhießen sie, der Winterkönig solle die Sonne nicht wieder sehen. Sie beurlaubten sich von den Bräuten, die nun frohlockend zusammensaßen und von dem ewigen Ruhm ihrer Geliebten, von deren Muth und Zärtlichkeit und zuletzt von der Grafschaft plauderten, wie sie dieselbe unter sich theilen wollten. Die drei jungen Männer aber beredeten sich, gingen alsbald ins Wirthshaus zum Lindwurm, forderten einen Trunk, forschten gesprächig den Fremden nach, und wer der König sein möge und wo er schlafe, und ob er ein schönes Zimmer habe. Sie kannten aber Alle jeden Winkel des Hauses wohl. Und sie zechten bis tief in die Nacht. Vor Tagesanbruch ritten eilfertig zwölf der fremden Gäste fort bei Sturm und Wetter. Der dreizehnte lag todt im Blute schwimmend auf dem Bette. Er hatte drei Todeswunden. Niemand konnte sagen, wer er sei; doch versicherte der Wirth, der König sei es nicht. Und er hatte Recht; denn der Winterkönig

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T14:15:44Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T14:15:44Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/zschokke_gast_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/zschokke_gast_1910/66
Zitationshilfe: Zschokke, Heinrich: Der todte Gast. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 11. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [59]–219. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zschokke_gast_1910/66>, abgerufen am 23.11.2024.