Zschokke, Heinrich: Der todte Gast. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 11. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [59]–219. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Pfui, Ihr seid doch nicht schon eifersüchtig? Machen wir Beide einen Bund mit einander, versteht mich wohl.... Ich verstehe nur zu gut. Daraus wird diesmal nichts! Gott bewahre mich! Ihr führet mich bei Eurer jungen Putzmacherin ein, und ich versöhne sie mit Eurer Narbe. Der Polizeibeamte machte eine Bewegung, als ginge ihm ein Schauer über den Leib. Dann lud er mit trockener Amtsmiene den Herrn von Hahn ein, ihm zum Bürgermeister zu folgen. Ich werde kommen; aber Eure Begleitung durch die Stadt verbitt' ich mir. Ich habe Befehl so. Und ich befehle das Gegentheil. Also geht und meldet's dem Herrn Bürgermeister. Macht Ihr die geringsten Umstände, so zählet keinen Augenblick mehr auf Euer Mädchen! Herr, um Gotteswillen! sagte der ehrliche Schnurrbart in großer Beklemmung Ich gehorche, lassen Sie, gnädiger Herr, um Gotteswillen das unschuldige Blut am Leben! Ich hoffe, Ihr traut mir doch nicht zu, ich werde Euch das Mädchen aus purer Liebe fressen? Ihr Ehrenwort, gnädiger Herr, Sie verschonen das arme Kind; dann will ich für Sie thun, was Sie befehlen, und sollten Sie meinen eigenen Tod begehren. Pfui, Ihr seid doch nicht schon eifersüchtig? Machen wir Beide einen Bund mit einander, versteht mich wohl.... Ich verstehe nur zu gut. Daraus wird diesmal nichts! Gott bewahre mich! Ihr führet mich bei Eurer jungen Putzmacherin ein, und ich versöhne sie mit Eurer Narbe. Der Polizeibeamte machte eine Bewegung, als ginge ihm ein Schauer über den Leib. Dann lud er mit trockener Amtsmiene den Herrn von Hahn ein, ihm zum Bürgermeister zu folgen. Ich werde kommen; aber Eure Begleitung durch die Stadt verbitt' ich mir. Ich habe Befehl so. Und ich befehle das Gegentheil. Also geht und meldet's dem Herrn Bürgermeister. Macht Ihr die geringsten Umstände, so zählet keinen Augenblick mehr auf Euer Mädchen! Herr, um Gotteswillen! sagte der ehrliche Schnurrbart in großer Beklemmung Ich gehorche, lassen Sie, gnädiger Herr, um Gotteswillen das unschuldige Blut am Leben! Ich hoffe, Ihr traut mir doch nicht zu, ich werde Euch das Mädchen aus purer Liebe fressen? Ihr Ehrenwort, gnädiger Herr, Sie verschonen das arme Kind; dann will ich für Sie thun, was Sie befehlen, und sollten Sie meinen eigenen Tod begehren. <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="15"> <p><pb facs="#f0136"/> Pfui, Ihr seid doch nicht schon eifersüchtig? Machen wir Beide einen Bund mit einander, versteht mich wohl....</p><lb/> <p>Ich verstehe nur zu gut. Daraus wird diesmal nichts! Gott bewahre mich!</p><lb/> <p>Ihr führet mich bei Eurer jungen Putzmacherin ein, und ich versöhne sie mit Eurer Narbe.</p><lb/> <p>Der Polizeibeamte machte eine Bewegung, als ginge ihm ein Schauer über den Leib. Dann lud er mit trockener Amtsmiene den Herrn von Hahn ein, ihm zum Bürgermeister zu folgen.</p><lb/> <p>Ich werde kommen; aber Eure Begleitung durch die Stadt verbitt' ich mir.</p><lb/> <p>Ich habe Befehl so.</p><lb/> <p>Und ich befehle das Gegentheil. Also geht und meldet's dem Herrn Bürgermeister. Macht Ihr die geringsten Umstände, so zählet keinen Augenblick mehr auf Euer Mädchen!</p><lb/> <p>Herr, um Gotteswillen! sagte der ehrliche Schnurrbart in großer Beklemmung Ich gehorche, lassen Sie, gnädiger Herr, um Gotteswillen das unschuldige Blut am Leben!</p><lb/> <p>Ich hoffe, Ihr traut mir doch nicht zu, ich werde Euch das Mädchen aus purer Liebe fressen?</p><lb/> <p>Ihr Ehrenwort, gnädiger Herr, Sie verschonen das arme Kind; dann will ich für Sie thun, was Sie befehlen, und sollten Sie meinen eigenen Tod begehren.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [0136]
Pfui, Ihr seid doch nicht schon eifersüchtig? Machen wir Beide einen Bund mit einander, versteht mich wohl....
Ich verstehe nur zu gut. Daraus wird diesmal nichts! Gott bewahre mich!
Ihr führet mich bei Eurer jungen Putzmacherin ein, und ich versöhne sie mit Eurer Narbe.
Der Polizeibeamte machte eine Bewegung, als ginge ihm ein Schauer über den Leib. Dann lud er mit trockener Amtsmiene den Herrn von Hahn ein, ihm zum Bürgermeister zu folgen.
Ich werde kommen; aber Eure Begleitung durch die Stadt verbitt' ich mir.
Ich habe Befehl so.
Und ich befehle das Gegentheil. Also geht und meldet's dem Herrn Bürgermeister. Macht Ihr die geringsten Umstände, so zählet keinen Augenblick mehr auf Euer Mädchen!
Herr, um Gotteswillen! sagte der ehrliche Schnurrbart in großer Beklemmung Ich gehorche, lassen Sie, gnädiger Herr, um Gotteswillen das unschuldige Blut am Leben!
Ich hoffe, Ihr traut mir doch nicht zu, ich werde Euch das Mädchen aus purer Liebe fressen?
Ihr Ehrenwort, gnädiger Herr, Sie verschonen das arme Kind; dann will ich für Sie thun, was Sie befehlen, und sollten Sie meinen eigenen Tod begehren.
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Zitationshilfe: | Zschokke, Heinrich: Der todte Gast. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 11. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [59]–219. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zschokke_gast_1910/136>, abgerufen am 16.02.2025. |