Zschokke, Heinrich: Der todte Gast. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 11. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [59]–219. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.hatte, fuhr er plötzlich zusammen, als er den langen, schwarzen, blassen Herrn gegen sich zuschreiten sah und fragen hörte mit hohler Stimme: was willst du? Die Gestalt schien ihm jetzt noch schwärzer, länger und bleicher zu sein, als er sich gedacht hatte. Halten zu Gnaden, sagte der Erschrockene mit einem Gesichte, worin sichtbar die Todesangst lag, ich wollte nicht zu Ihnen, sondern zum Herrn Banquier von Hahn. Der bin ich. Sie selbst? sagte der arme Mensch zitternd, weil ihm zu Muthe ward, als klebten seine Fußsohlen fester am Boden; um Gotteswillen, lassen Sie mich wieder gehen. Ich halte dich nicht. Wer hat dich geschickt? Fräulein Bantes. Weßwegen? Diesen Brief sollen Sie ... . Mit diesen Worten, die er nicht vollendete, weil der Banquier einen Schritt näher kam, warf er demselben den Brief vor die Füße und lief in vollem Sprunge davon. Der Banquier sagte halblaut für sich: Sind die Leute hier zu Lande allesammt närrisch? Er las Friederikens Zeilen, runzelte die Stirne, nickte mit dem Kopfe und ging pfeifend im Zimmer auf und ab. Indem ward wieder leise an die Thür gepocht. Schüchtern trat der Wirth herein, ehrerbietig die Mütze in der Hand, unter vielen Verbeugungen. hatte, fuhr er plötzlich zusammen, als er den langen, schwarzen, blassen Herrn gegen sich zuschreiten sah und fragen hörte mit hohler Stimme: was willst du? Die Gestalt schien ihm jetzt noch schwärzer, länger und bleicher zu sein, als er sich gedacht hatte. Halten zu Gnaden, sagte der Erschrockene mit einem Gesichte, worin sichtbar die Todesangst lag, ich wollte nicht zu Ihnen, sondern zum Herrn Banquier von Hahn. Der bin ich. Sie selbst? sagte der arme Mensch zitternd, weil ihm zu Muthe ward, als klebten seine Fußsohlen fester am Boden; um Gotteswillen, lassen Sie mich wieder gehen. Ich halte dich nicht. Wer hat dich geschickt? Fräulein Bantes. Weßwegen? Diesen Brief sollen Sie ... . Mit diesen Worten, die er nicht vollendete, weil der Banquier einen Schritt näher kam, warf er demselben den Brief vor die Füße und lief in vollem Sprunge davon. Der Banquier sagte halblaut für sich: Sind die Leute hier zu Lande allesammt närrisch? Er las Friederikens Zeilen, runzelte die Stirne, nickte mit dem Kopfe und ging pfeifend im Zimmer auf und ab. Indem ward wieder leise an die Thür gepocht. Schüchtern trat der Wirth herein, ehrerbietig die Mütze in der Hand, unter vielen Verbeugungen. <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="15"> <p><pb facs="#f0131"/> hatte, fuhr er plötzlich zusammen, als er den langen, schwarzen, blassen Herrn gegen sich zuschreiten sah und fragen hörte mit hohler Stimme: was willst du? Die Gestalt schien ihm jetzt noch schwärzer, länger und bleicher zu sein, als er sich gedacht hatte.</p><lb/> <p>Halten zu Gnaden, sagte der Erschrockene mit einem Gesichte, worin sichtbar die Todesangst lag, ich wollte nicht zu Ihnen, sondern zum Herrn Banquier von Hahn.</p><lb/> <p>Der bin ich.</p><lb/> <p>Sie selbst? sagte der arme Mensch zitternd, weil ihm zu Muthe ward, als klebten seine Fußsohlen fester am Boden; um Gotteswillen, lassen Sie mich wieder gehen.</p><lb/> <p>Ich halte dich nicht. Wer hat dich geschickt?</p><lb/> <p>Fräulein Bantes.</p><lb/> <p>Weßwegen?</p><lb/> <p>Diesen Brief sollen Sie ... . Mit diesen Worten, die er nicht vollendete, weil der Banquier einen Schritt näher kam, warf er demselben den Brief vor die Füße und lief in vollem Sprunge davon.</p><lb/> <p>Der Banquier sagte halblaut für sich: Sind die Leute hier zu Lande allesammt närrisch? Er las Friederikens Zeilen, runzelte die Stirne, nickte mit dem Kopfe und ging pfeifend im Zimmer auf und ab.</p><lb/> <p>Indem ward wieder leise an die Thür gepocht. Schüchtern trat der Wirth herein, ehrerbietig die Mütze in der Hand, unter vielen Verbeugungen.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [0131]
hatte, fuhr er plötzlich zusammen, als er den langen, schwarzen, blassen Herrn gegen sich zuschreiten sah und fragen hörte mit hohler Stimme: was willst du? Die Gestalt schien ihm jetzt noch schwärzer, länger und bleicher zu sein, als er sich gedacht hatte.
Halten zu Gnaden, sagte der Erschrockene mit einem Gesichte, worin sichtbar die Todesangst lag, ich wollte nicht zu Ihnen, sondern zum Herrn Banquier von Hahn.
Der bin ich.
Sie selbst? sagte der arme Mensch zitternd, weil ihm zu Muthe ward, als klebten seine Fußsohlen fester am Boden; um Gotteswillen, lassen Sie mich wieder gehen.
Ich halte dich nicht. Wer hat dich geschickt?
Fräulein Bantes.
Weßwegen?
Diesen Brief sollen Sie ... . Mit diesen Worten, die er nicht vollendete, weil der Banquier einen Schritt näher kam, warf er demselben den Brief vor die Füße und lief in vollem Sprunge davon.
Der Banquier sagte halblaut für sich: Sind die Leute hier zu Lande allesammt närrisch? Er las Friederikens Zeilen, runzelte die Stirne, nickte mit dem Kopfe und ging pfeifend im Zimmer auf und ab.
Indem ward wieder leise an die Thür gepocht. Schüchtern trat der Wirth herein, ehrerbietig die Mütze in der Hand, unter vielen Verbeugungen.
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Zitationshilfe: | Zschokke, Heinrich: Der todte Gast. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 11. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [59]–219. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zschokke_gast_1910/131>, abgerufen am 16.02.2025. |