Zschackwitz, Johann Ehrenfried: Historisch-Genealogischer Schau-Platz. Lemgo, 1724.hielten; so haben sie doch auch nicht in Erdhöhlen gestecket/ als die Füchs- und Maulwürffe/ oder gleich denen Fröschen unterm Wasser gewohnet/ wie nohtwendig eins von beyden folgen müste/ wann des Taciti seine unwarheits-volle Beschreibung von Teutschland wahr seyn solte. Es wiederleget dieser Römische Aufschneider sich auch selbsten/ wann er von seinem erschrecklichen Helden / dem Germanico prahlet ob habe selbiger in der Catten-Land/ nicht nur deren Haupt-Stadt Matthium, sondern auch alle Dörffer und Gauen (pagos vicosque) angezündet und verbrannt. Ist aber nun Mattium die Haupt-Stadt gewesen/ so müssen die Catten unstreitig noch mehr Städte gehabt haben/ denn es sonst überaus lächerlich heraus käme/ in einem Lande einen Orth zur Haupt-Stadt anzugeben/ da sonst keine andere Städte verhanden wären. Wann auch Germanicus, der Catten Dörffer und Wälder angezündet/ so kan das Land unmöglich dermassen wildt unbebauet und wüste gewesen seyn/ als der einfältige Tacitus selbiges allenthalben abmahlet; gewiß ist es ein recht grosses Glück vor ihm/ daß seine dunckele und verworne Schreib-Arth/ selben bey der Nachwelt / den Ruhm eines gelährten Geschichtschreibers zuwege gebracht/ sintemahl es bey dem Ausspruch jenes klugen Mannes bleibet: es hätten die Ausleger des Taciti selben gelährter gemachet/ als er in der That sey. Woher aber die Catten den Nahmen bekommen/ und was solcher in ihrer Sprach bedeute/ darf man eben nicht lange suchen/ sondern nur die Beschreibung/ die erwehnter Tacitus von ihnen machet/ ein wenig mit Bedacht und in Absicht auf der Teutschen ihre vormahligen Lebens-Arth/ ansehen und erwegen. Er saget also: sie wären ein verschlagen/ verschmitzt/ kriegerisch und verwegen Volck gewesen/ das sich vor keinen Feind entsetzet/ sondern vielmehr bis auf den Todt gefochten/ die Faulen auf das äusserste gehasset / Tag und Nacht sich wachsam erwiesen/ und wann es am freundlichsten ausgesehen / dennoch ein wildes und kriegerisch Gesichte behalten. Warum solten nun um sothaner Eigenschafften willen/ entweder sie selber/ oder aber andere benachbarte Völcker/ sie nicht mit den Nahmen der Katzen beleget haben? sintemahl die Nieder-Sachsen noch jetzo eine Katze/ Katt zu nennen pflegen/ es auch/ wie schon offt erinnert worden/ die alten Völcker also im Brauch hatten / von ihren Gemüths/ und Leibes Eigenschafften einander zubenahmsen. Denn dieses wird sich schwehrlich jemand bereden lassen/ als ob die Teutschen ihre Nahmen von den Griechen und Römern empfangen: und ob gleich der sonst Gelahrte Hachenberg zu behaupten vermeinet/ ob wären die meisten Teutschen Wörter aus der Griechischen und Lateinischen Sprache entsprossen/ so hat er doch in diesem Stücke gar ärgerlich geschlägelt/ wozu ihn nichts an- L. cit. De mor. Germ. c. 30. 31. Dissert. 7. Germ. med.
hielten; so haben sie doch auch nicht in Erdhöhlen gestecket/ als die Füchs- und Maulwürffe/ oder gleich denen Fröschen unterm Wasser gewohnet/ wie nohtwendig eins von beyden folgen müste/ wann des Taciti seine unwarheits-volle Beschreibung von Teutschland wahr seyn solte. Es wiederleget dieser Römische Aufschneider sich auch selbsten/ wann er von seinem erschrecklichen Helden / dem Germanico prahlet ob habe selbiger in der Catten-Land/ nicht nur deren Haupt-Stadt Matthium, sondern auch alle Dörffer und Gauen (pagos vicosque) angezündet und verbrannt. Ist aber nun Mattium die Haupt-Stadt gewesen/ so müssen die Catten unstreitig noch mehr Städte gehabt haben/ denn es sonst überaus lächerlich heraus käme/ in einem Lande einen Orth zur Haupt-Stadt anzugeben/ da sonst keine andere Städte verhanden wären. Wann auch Germanicus, der Catten Dörffer und Wälder angezündet/ so kan das Land unmöglich dermassen wildt unbebauet und wüste gewesen seyn/ als der einfältige Tacitus selbiges allenthalben abmahlet; gewiß ist es ein recht grosses Glück vor ihm/ daß seine dunckele und verworne Schreib-Arth/ selben bey der Nachwelt / den Ruhm eines gelährten Geschichtschreibers zuwege gebracht/ sintemahl es bey dem Ausspruch jenes klugen Mannes bleibet: es hätten die Ausleger des Taciti selben gelährter gemachet/ als er in der That sey. Woher aber die Catten den Nahmen bekommen/ und was solcher in ihrer Sprach bedeute/ darf man eben nicht lange suchen/ sondern nur die Beschreibung/ die erwehnter Tacitus von ihnen machet/ ein wenig mit Bedacht und in Absicht auf der Teutschen ihre vormahligen Lebens-Arth/ ansehen und erwegen. Er saget also: sie wären ein verschlagen/ verschmitzt/ kriegerisch und verwegen Volck gewesen/ das sich vor keinen Feind entsetzet/ sondern vielmehr bis auf den Todt gefochten/ die Faulen auf das äusserste gehasset / Tag und Nacht sich wachsam erwiesen/ und wann es am freundlichsten ausgesehen / dennoch ein wildes und kriegerisch Gesichte behalten. Warum solten nun um sothaner Eigenschafften willen/ entweder sie selber/ oder aber andere benachbarte Völcker/ sie nicht mit den Nahmen der Katzen beleget haben? sintemahl die Nieder-Sachsen noch jetzo eine Katze/ Katt zu nennen pflegen/ es auch/ wie schon offt erinnert worden/ die alten Völcker also im Brauch hatten / von ihren Gemüths/ und Leibes Eigenschafften einander zubenahmsen. Denn dieses wird sich schwehrlich jemand bereden lassen/ als ob die Teutschen ihre Nahmen von den Griechen und Römern empfangen: und ob gleich der sonst Gelahrte Hachenberg zu behaupten vermeinet/ ob wären die meisten Teutschen Wörter aus der Griechischen und Lateinischen Sprache entsprossen/ so hat er doch in diesem Stücke gar ärgerlich geschlägelt/ wozu ihn nichts an- L. cit. De mor. Germ. c. 30. 31. Dissert. 7. Germ. med.
<TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0505" n="457"/> hielten; so haben sie doch auch nicht in Erdhöhlen gestecket/ als die Füchs- und Maulwürffe/ oder gleich denen Fröschen unterm Wasser gewohnet/ wie nohtwendig eins von beyden folgen müste/ wann des Taciti seine unwarheits-volle Beschreibung von Teutschland wahr seyn solte. Es wiederleget dieser Römische Aufschneider sich auch selbsten/ wann er von seinem erschrecklichen Helden / dem Germanico prahlet <note place="foot">L. cit.</note> ob habe selbiger in der Catten-Land/ nicht nur deren Haupt-Stadt Matthium, sondern auch alle Dörffer und Gauen (pagos vicosque) angezündet und verbrannt. Ist aber nun Mattium die Haupt-Stadt gewesen/ so müssen die Catten unstreitig noch mehr Städte gehabt haben/ denn es sonst überaus lächerlich heraus käme/ in einem Lande einen Orth zur Haupt-Stadt anzugeben/ da sonst keine andere Städte verhanden wären. Wann auch Germanicus, der Catten Dörffer und Wälder angezündet/ so kan das Land unmöglich dermassen wildt unbebauet und wüste gewesen seyn/ als der einfältige Tacitus selbiges allenthalben abmahlet; gewiß ist es ein recht grosses Glück vor ihm/ daß seine dunckele und verworne Schreib-Arth/ selben bey der Nachwelt / den Ruhm eines gelährten Geschichtschreibers zuwege gebracht/ sintemahl es bey dem Ausspruch jenes klugen Mannes bleibet: es hätten die Ausleger des Taciti selben gelährter gemachet/ als er in der That sey. Woher aber die Catten den Nahmen bekommen/ und was solcher in ihrer Sprach bedeute/ darf man eben nicht lange suchen/ sondern nur die Beschreibung/ die erwehnter Tacitus von ihnen machet/ ein wenig mit Bedacht und in Absicht auf der Teutschen ihre vormahligen Lebens-Arth/ ansehen und erwegen. Er saget <note place="foot">De mor. Germ. c. 30. 31.</note> also: sie wären ein verschlagen/ verschmitzt/ kriegerisch und verwegen Volck gewesen/ das sich vor keinen Feind entsetzet/ sondern vielmehr bis auf den Todt gefochten/ die Faulen auf das äusserste gehasset / Tag und Nacht sich wachsam erwiesen/ und wann es am freundlichsten ausgesehen / dennoch ein wildes und kriegerisch Gesichte behalten. Warum solten nun um sothaner Eigenschafften willen/ entweder sie selber/ oder aber andere benachbarte Völcker/ sie nicht mit den Nahmen der Katzen beleget haben? sintemahl die Nieder-Sachsen noch jetzo eine Katze/ Katt zu nennen pflegen/ es auch/ wie schon offt erinnert worden/ die alten Völcker also im Brauch hatten / von ihren Gemüths/ und Leibes Eigenschafften einander zubenahmsen. Denn dieses wird sich schwehrlich jemand bereden lassen/ als ob die Teutschen ihre Nahmen von den Griechen und Römern empfangen: und ob gleich der sonst Gelahrte Hachenberg <note place="foot">Dissert. 7. Germ. med.</note> zu behaupten vermeinet/ ob wären die meisten Teutschen Wörter aus der Griechischen und Lateinischen Sprache entsprossen/ so hat er doch in diesem Stücke gar ärgerlich geschlägelt/ wozu ihn nichts an- </p> </div> </body> </text> </TEI> [457/0505]
hielten; so haben sie doch auch nicht in Erdhöhlen gestecket/ als die Füchs- und Maulwürffe/ oder gleich denen Fröschen unterm Wasser gewohnet/ wie nohtwendig eins von beyden folgen müste/ wann des Taciti seine unwarheits-volle Beschreibung von Teutschland wahr seyn solte. Es wiederleget dieser Römische Aufschneider sich auch selbsten/ wann er von seinem erschrecklichen Helden / dem Germanico prahlet ob habe selbiger in der Catten-Land/ nicht nur deren Haupt-Stadt Matthium, sondern auch alle Dörffer und Gauen (pagos vicosque) angezündet und verbrannt. Ist aber nun Mattium die Haupt-Stadt gewesen/ so müssen die Catten unstreitig noch mehr Städte gehabt haben/ denn es sonst überaus lächerlich heraus käme/ in einem Lande einen Orth zur Haupt-Stadt anzugeben/ da sonst keine andere Städte verhanden wären. Wann auch Germanicus, der Catten Dörffer und Wälder angezündet/ so kan das Land unmöglich dermassen wildt unbebauet und wüste gewesen seyn/ als der einfältige Tacitus selbiges allenthalben abmahlet; gewiß ist es ein recht grosses Glück vor ihm/ daß seine dunckele und verworne Schreib-Arth/ selben bey der Nachwelt / den Ruhm eines gelährten Geschichtschreibers zuwege gebracht/ sintemahl es bey dem Ausspruch jenes klugen Mannes bleibet: es hätten die Ausleger des Taciti selben gelährter gemachet/ als er in der That sey. Woher aber die Catten den Nahmen bekommen/ und was solcher in ihrer Sprach bedeute/ darf man eben nicht lange suchen/ sondern nur die Beschreibung/ die erwehnter Tacitus von ihnen machet/ ein wenig mit Bedacht und in Absicht auf der Teutschen ihre vormahligen Lebens-Arth/ ansehen und erwegen. Er saget also: sie wären ein verschlagen/ verschmitzt/ kriegerisch und verwegen Volck gewesen/ das sich vor keinen Feind entsetzet/ sondern vielmehr bis auf den Todt gefochten/ die Faulen auf das äusserste gehasset / Tag und Nacht sich wachsam erwiesen/ und wann es am freundlichsten ausgesehen / dennoch ein wildes und kriegerisch Gesichte behalten. Warum solten nun um sothaner Eigenschafften willen/ entweder sie selber/ oder aber andere benachbarte Völcker/ sie nicht mit den Nahmen der Katzen beleget haben? sintemahl die Nieder-Sachsen noch jetzo eine Katze/ Katt zu nennen pflegen/ es auch/ wie schon offt erinnert worden/ die alten Völcker also im Brauch hatten / von ihren Gemüths/ und Leibes Eigenschafften einander zubenahmsen. Denn dieses wird sich schwehrlich jemand bereden lassen/ als ob die Teutschen ihre Nahmen von den Griechen und Römern empfangen: und ob gleich der sonst Gelahrte Hachenberg zu behaupten vermeinet/ ob wären die meisten Teutschen Wörter aus der Griechischen und Lateinischen Sprache entsprossen/ so hat er doch in diesem Stücke gar ärgerlich geschlägelt/ wozu ihn nichts an-
L. cit.
De mor. Germ. c. 30. 31.
Dissert. 7. Germ. med.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/zschackwitz_schauplatz_1724 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/zschackwitz_schauplatz_1724/505 |
Zitationshilfe: | Zschackwitz, Johann Ehrenfried: Historisch-Genealogischer Schau-Platz. Lemgo, 1724, S. 457. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zschackwitz_schauplatz_1724/505>, abgerufen am 16.07.2024. |