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Zschackwitz, Johann Ehrenfried: Historisch-Genealogischer Schau-Platz. Lemgo, 1724.

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che ihre Jugend auswendig lernen lassen/ quod unicum apud illos memoriae & annalium genus, welches nemlich das eintzige Mittel wäre/ wodurch denen Teutschen/ statt der Jahr-Bücher/ die beschehene Begebenheiten aufbewahret würden. Allein/ daß der Tacitus von denen meisten und geheimsten Sachen der Teutschen schlechte Nachricht gehabt/ sondern vielmehr alles/ was er davon vor bringet/ aus einen blossen Hörensagen herrühre/ liegt gantz offenbahr am Tage. Tacitus war in Teutschland nicht weit kommen/ die Teutschen Priester aber hielten sowohl ihre Sacra, als auch andere Dinge von denen Teutschen selber überaus geheim/ daher nicht die geringste Vermuthung statt finden kan/ daß sie von selbigen denen Römern ein mehrers berichtet haben solten/ als was vorhin schon jederman unter ihnen etwan wüste / oder doch wissen konnte: warum solten aber die Priester und Barden nicht eine gewisse Arth von einer Schrifft gehabt haben/ welche aller vernünfftigen Wahrscheinlichkeit nach eben diejenige gewesen/ die/ die mitternächtischen Völckere runas hiessen/ ob sie gleich/ al[unleserliches Material] weise Leute nicht vor rathsam befanden/ selbige bekannt werden zulassen/ daher wolten sie die darinnen aufgezeichneten Geschichte der Jugend ihren Gedächtnisse lieber eingepflantzet wissen/ welches von ihnen vornehmlich dieser Ursache wegen geschahe/ damit das Andencken der in den Reimen enthaltener Dinge/ sie sowohl in einem beständigen Dienste gegen die Gottheit bestärckete/ als auch zuverrichtung tapferer Thaten aufmunterte/ als wohin bey einem so kriegerischen Volck/ ihr meistes Absehen gienge. Die Münche/ die auf Befehl der Römischen Päbste/ die Religion denen Teutschen durch Feuer und Schwerd einpredigten/ waren fast durchgängig Ungelehrte/ und mit Aberglauben und Religions-Irrthümern durch und durch durchfütterte Leute/ es mögen nun die Legenden der Heiligen/ u. etlicher Gelehrte/ die diesen Alberteten unbedachtsam folgen/ und in diesen Kothhauffen viele kostbahre Perlen zufinden sich bereden/ von selbigen so vieles Wesen machen als sie wollen. Insonderheit aber/ erhuben diese Münche die Lateinische Sprach über alle andere/ der sie auch eine sonderbahre heiligkeit zulegeten. Sie waren zugleich/ wie nur gedacht/ mit Aberglauben von Vorurtheilen durchgehends eingenommen/ worunter dieser nicht der geringsten einer/ daß sie träumeten/ der Heyden ihre Götzen wären lauter Teufel/ und jene ihre Sacra nichts/ als vollkommene Teufeleyen/ wie etwann mit dieser abgeschmackten Meinung noch heut zu tage viele/ auch sogar Vernünfftige Leute beschmitzet seyn / in welchen besudelten Aberglauben derjenige vollends bestärcket werden kan / der des Nerresers seine ungereimte Noten und anmerckungen lieset/ mit denen er des Rossens sein gelehrtes Werck/ von den Gottes-Diensten der Welt beschweret/ und dieses

V. ejus Juden und Heyden Tempel. Türckische Moschea und streitende Kirche.

che ihre Jugend auswendig lernen lassen/ quod unicum apud illos memoriae & annalium genus, welches nemlich das eintzige Mittel wäre/ wodurch denen Teutschen/ statt der Jahr-Bücher/ die beschehene Begebenheiten aufbewahret würden. Allein/ daß der Tacitus von denen meisten und geheimsten Sachen der Teutschen schlechte Nachricht gehabt/ sondern vielmehr alles/ was er davon vor bringet/ aus einen blossen Hörensagen herrühre/ liegt gantz offenbahr am Tage. Tacitus war in Teutschland nicht weit kommen/ die Teutschen Priester aber hielten sowohl ihre Sacra, als auch andere Dinge von denen Teutschen selber überaus geheim/ daher nicht die geringste Vermuthung statt finden kan/ daß sie von selbigen denen Römern ein mehrers berichtet haben solten/ als was vorhin schon jederman unter ihnen etwan wüste / oder doch wissen konnte: warum solten aber die Priester und Barden nicht eine gewisse Arth von einer Schrifft gehabt haben/ welche aller vernünfftigen Wahrscheinlichkeit nach eben diejenige gewesen/ die/ die mitternächtischen Völckere runas hiessen/ ob sie gleich/ al[unleserliches Material] weise Leute nicht vor rathsam befanden/ selbige bekannt werden zulassen/ daher wolten sie die darinnen aufgezeichneten Geschichte der Jugend ihren Gedächtnisse lieber eingepflantzet wissen/ welches von ihnen vornehmlich dieser Ursache wegen geschahe/ damit das Andencken der in den Reimen enthaltener Dinge/ sie sowohl in einem beständigen Dienste gegen die Gottheit bestärckete/ als auch zuverrichtung tapferer Thaten aufmunterte/ als wohin bey einem so kriegerischen Volck/ ihr meistes Absehen gienge. Die Münche/ die auf Befehl der Römischen Päbste/ die Religion denen Teutschen durch Feuer und Schwerd einpredigten/ waren fast durchgängig Ungelehrte/ und mit Aberglauben und Religions-Irrthümern durch und durch durchfütterte Leute/ es mögen nun die Legenden der Heiligen/ u. etlicher Gelehrte/ die diesen Alberteten unbedachtsam folgen/ und in diesen Kothhauffen viele kostbahre Perlen zufinden sich bereden/ von selbigen so vieles Wesen machen als sie wollen. Insonderheit aber/ erhuben diese Münche die Lateinische Sprach über alle andere/ der sie auch eine sonderbahre heiligkeit zulegeten. Sie waren zugleich/ wie nur gedacht/ mit Aberglauben von Vorurtheilen durchgehends eingenommen/ worunter dieser nicht der geringsten einer/ daß sie träumeten/ der Heyden ihre Götzen wären lauter Teufel/ und jene ihre Sacra nichts/ als vollkommene Teufeleyen/ wie etwann mit dieser abgeschmackten Meinung noch heut zu tage viele/ auch sogar Vernünfftige Leute beschmitzet seyn / in welchen besudelten Aberglauben derjenige vollends bestärcket werden kan / der des Nerresers seine ungereimte Noten und anmerckungen lieset/ mit denen er des Rossens sein gelehrtes Werck/ von den Gottes-Diensten der Welt beschweret/ und dieses

V. ejus Juden und Heyden Tempel. Türckische Moschea und streitende Kirche.
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[420/0468] che ihre Jugend auswendig lernen lassen/ quod unicum apud illos memoriae & annalium genus, welches nemlich das eintzige Mittel wäre/ wodurch denen Teutschen/ statt der Jahr-Bücher/ die beschehene Begebenheiten aufbewahret würden. Allein/ daß der Tacitus von denen meisten und geheimsten Sachen der Teutschen schlechte Nachricht gehabt/ sondern vielmehr alles/ was er davon vor bringet/ aus einen blossen Hörensagen herrühre/ liegt gantz offenbahr am Tage. Tacitus war in Teutschland nicht weit kommen/ die Teutschen Priester aber hielten sowohl ihre Sacra, als auch andere Dinge von denen Teutschen selber überaus geheim/ daher nicht die geringste Vermuthung statt finden kan/ daß sie von selbigen denen Römern ein mehrers berichtet haben solten/ als was vorhin schon jederman unter ihnen etwan wüste / oder doch wissen konnte: warum solten aber die Priester und Barden nicht eine gewisse Arth von einer Schrifft gehabt haben/ welche aller vernünfftigen Wahrscheinlichkeit nach eben diejenige gewesen/ die/ die mitternächtischen Völckere runas hiessen/ ob sie gleich/ al_ weise Leute nicht vor rathsam befanden/ selbige bekannt werden zulassen/ daher wolten sie die darinnen aufgezeichneten Geschichte der Jugend ihren Gedächtnisse lieber eingepflantzet wissen/ welches von ihnen vornehmlich dieser Ursache wegen geschahe/ damit das Andencken der in den Reimen enthaltener Dinge/ sie sowohl in einem beständigen Dienste gegen die Gottheit bestärckete/ als auch zuverrichtung tapferer Thaten aufmunterte/ als wohin bey einem so kriegerischen Volck/ ihr meistes Absehen gienge. Die Münche/ die auf Befehl der Römischen Päbste/ die Religion denen Teutschen durch Feuer und Schwerd einpredigten/ waren fast durchgängig Ungelehrte/ und mit Aberglauben und Religions-Irrthümern durch und durch durchfütterte Leute/ es mögen nun die Legenden der Heiligen/ u. etlicher Gelehrte/ die diesen Alberteten unbedachtsam folgen/ und in diesen Kothhauffen viele kostbahre Perlen zufinden sich bereden/ von selbigen so vieles Wesen machen als sie wollen. Insonderheit aber/ erhuben diese Münche die Lateinische Sprach über alle andere/ der sie auch eine sonderbahre heiligkeit zulegeten. Sie waren zugleich/ wie nur gedacht/ mit Aberglauben von Vorurtheilen durchgehends eingenommen/ worunter dieser nicht der geringsten einer/ daß sie träumeten/ der Heyden ihre Götzen wären lauter Teufel/ und jene ihre Sacra nichts/ als vollkommene Teufeleyen/ wie etwann mit dieser abgeschmackten Meinung noch heut zu tage viele/ auch sogar Vernünfftige Leute beschmitzet seyn / in welchen besudelten Aberglauben derjenige vollends bestärcket werden kan / der des Nerresers seine ungereimte Noten und anmerckungen lieset/ mit denen er des Rossens sein gelehrtes Werck/ von den Gottes-Diensten der Welt beschweret/ und dieses V. ejus Juden und Heyden Tempel. Türckische Moschea und streitende Kirche.

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Zitationshilfe: Zschackwitz, Johann Ehrenfried: Historisch-Genealogischer Schau-Platz. Lemgo, 1724, S. 420. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zschackwitz_schauplatz_1724/468>, abgerufen am 23.11.2024.