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Zschackwitz, Johann Ehrenfried: Historisch-Genealogischer Schau-Platz. Lemgo, 1724.

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In dieses sehr bewährten Verfassers Fußstapffen treten alle die/ so von Russischen oder Moscowitischen Sachen jemahls was geschrieben haben/ sie mögen Pohlen/ Schweden oder Teutsche gewesen seyn/ und nehmen daher Anlaß/ auch des Ruricks zu gedencken.

Aber was geht dis den Mecklenburgern an/ und was haben unsere Fürsten vor Verwandschaft mit dem Rurick? Das zeiget gar eigentlich vorgemeldeter Herberstein/ welcher/ indem er des Ruricks Abkunft aus dem Waregischen Volcke herführet/ auch zugleich beflissen ist zu behaupten/ daß die Wareger und Wagerer vor Zeiten ein Volck gewesen seyn/ so das noch heutiges Tages also genandte Wagerland bewohnet haben/ das itzund zu Holstein gerechnet wird/ vor Zeiten aber den mächtigen Königen der Wenden oder Mecklenburgischen Obetriten unterwürffig gewesen/ welchen die Hertzoge zu Mecklenburg ihren Ursprung und Geburts-Stamm zu dancken haben.

Nicht nur der sehr bekannte Lüneburgische Gene alogist M. Hieronymus Henninges in seinem grossem opere Gene alogico, sondern auch Martinus Cromerus ein Pohinscher/ Petrus Petrejus ein Schwedischer/ Daniel Prinz von Buchau ein teutscher Scribent von Moscovitischen Sachen. Wozu auch wohl billig mag gerechnet werden/ was der berühmte Boxhorn zu Leyden Anno 1630. in einem kleinen Tractätlein sub titul. Respublica Moscoviae in Lateinischer Sprache heraus gegeben hat. Und andere neue Scribenten mehr. Woraus denn erhellet/ daß keiner was näheres / bessers und zuverläßlichers von dergleichen Rußischen Antiquitäten/ bis auf den heutigen Tag habe können hervorbringen/ als offtgerühmter Herr Siegmund Baron von Herberstein gethan/ mit dessen Kalbe sie alle pflügen. Und daher ist alles um so viel probabler und gewisser/ je näher es mit Herbersteins auscultirten Nachrichten und unpassionirten Muthmassungen übereintrisst; je weiter aber etwa ein Schwede Petrejus, soder ein Polack Cromerus, oder sonst jemand der neuen von Herberstein abweicht/ destoweniger verdient er Glauben / er mag auch so viel Dubia erregen/ wie er will. En fin: er malversirt petitione principii.
Damit diese Historie deutlicher vor Augen geleget werde/ wird man des von Herberstein eigene Worte/ so wie sie in des Pantaleons Anno 1563. zu Basel gedruckten Edition zu finden sind/ hieher setzen/ welche pag. 3. also lauten: Man kan nicht wissen/ wer zu erst über die Reussen regieret hat/ denn es waren keine Buchstaben bey ihnen verhanden/ mit welchen die Historien von ihnen mögen verzeichnet und aufgeschrieben werden. Nachdem ihnen aber Michael der König zu Constantinopel die Slavonische Buchstaben und Schrifft in Barbarey gesendet/ als man zehlet nach Erschaffung der Welt nach ihrer Rechnung 9406 Jahr (welches nach der Geburt Christi 898 Jahr gewesen) haben sie damahl zuerst nicht allein die Geschichte/ so mau zu der Zeit gehandelt/ sondern auch alle andere Thaten/ welche sie von ihren Alt-Vätern bekommen/ und in langer Gedächtniß behalten/ angefangen aufzuschreiben und in eine ordentliche Cronick zu setzen/ aus welchen bekannt/ daß die Coseren von etlichen Reussen einen jährlichen Tribut begehret/ nemlich von einem jeden Hause ein Aspreoler Fell. Darnach sind auch die Wareger ihre Herren gewesen. Ich habe aber aus ihren Historien nicht anders von den Coseren oder Waregern / von welchem Lande oder wer sie gewesen/ dann den blossen einigen Nahmen / gewißlich mögen erkundigen. Dieweil sie aber das Baltische/ Preussische und Liefländische Meer/ welches auch ein Theil ihres Landes von Schweden absondert/ das Waregisch-Meer nennen/ vermeynte ich zuerst es wären die Schweden/ Dännemarcker oder Preussen/ von wegen der Nachbahrschafft ihre Fürsten gewesen. Weil aber gnugsam bekannt/ daß Wagria vor Zeiten eine nahmhaffte Stadt und Landschafft der Wandaler oder Wenden nicht weit von Lübeck und dem Fürstenthum Holsatzgelegen/ sol das Baltische Meer nach etlichen Meynungen von denenselben auch den Nahmen empfangen haben. Dieses Meer mit samt den grossen Meer-Schooß/ welche Teutschland von Dennemarck / desgleichen Preussen/ Lieffland und ein Theil der Moscau von Schweden absondert/ behält bey den Russen noch auf heutigen Tag seinen Nahmen Warezkoje Morie oder das Waregische Meer geheissen: Vorab/ weil die Wenden zu derselben Zeit gewaltige Leute/ dazu sich der Reussen Sprache/ Geberden und Religion gebraucht. Deshalben bedaucht mich/ es haben die Reussen aus den Wagrien oder Waregern ihre Fürsten/ und nicht von den Ausländischen beruffen/ welche einer andern Religion/ Geberden und Sprache gewesen. Denn als die Reussen auf eine Zeit sich des Fürstenthums halben mit einander gezancket und einander tödlich feind geworden/ sind zuletzt unter ihnen grosse Gespann und Zwietrachten entstanden. Deshalben hat Gostomissel ein weiser/ verständiger Mann/ so in Novgardia eines grossen Ansehens gewesen / zuerst gerathen/ man solte zu den Waregen senden/ und die drey Brüder / welche bey denselben groß gehalten/ ermahnen/ daß sie ihr Reich wolten annehmen. Alsbald man diesen Rathschlag verstanden/ hat man die Legaten abgefertiget/ und diese Brüder zu ihre Fürsten beruffen: Wie auch diese zu Lande kommen/ haben sie das Reich welches ihnen freywillig angebothen / unter sich getheilet. Der Rurick, hat das Fürstenthum zu Novogardia bekommen und seinen Fürstlichen Sitz zu Lagoga verordnet. Sinaus der andere/ hat sich an den weissen See (Bielojeczerow) gelägert. Trouwor der dritte/ ist an das Plescoische Fürstenthum erwehlet/ und hat in der Stadt Schwartzech Hof gehalten. Nach ihrer Chronick Abtheilung/ sollen in dem 6370. Jahre von Erschaffung der Welt/ diese Brüder an das Regiment gekommen seyn. Wie nun die zween ohne Leibes-Erden abgestorben/ sind die Fürstenthum alle auf den übergebliebenen Rurick kommen/ welcher die Schlösser unter seine Freund und Diener ausgetheilet. u. s. w. Hactenus Herberstein.

In dieses sehr bewährten Verfassers Fußstapffen treten alle die/ so von Russischen oder Moscowitischen Sachen jemahls was geschrieben haben/ sie mögen Pohlen/ Schweden oder Teutsche gewesen seyn/ und nehmen daher Anlaß/ auch des Ruricks zu gedencken.

Aber was geht dis den Mecklenburgern an/ und was haben unsere Fürsten vor Verwandschaft mit dem Rurick? Das zeiget gar eigentlich vorgemeldeter Herberstein/ welcher/ indem er des Ruricks Abkunft aus dem Waregischen Volcke herführet/ auch zugleich beflissen ist zu behaupten/ daß die Wareger und Wagerer vor Zeiten ein Volck gewesen seyn/ so das noch heutiges Tages also genandte Wagerland bewohnet haben/ das itzund zu Holstein gerechnet wird/ vor Zeiten aber den mächtigen Königen der Wenden oder Mecklenburgischen Obetriten unterwürffig gewesen/ welchen die Hertzoge zu Mecklenburg ihren Ursprung und Geburts-Stamm zu dancken haben.

Nicht nur der sehr bekannte Lüneburgische Gene alogist M. Hieronymus Henninges in seinem grossem opere Gene alogico, sondern auch Martinus Cromerus ein Pohinscher/ Petrus Petrejus ein Schwedischer/ Daniel Prinz von Buchau ein teutscher Scribent von Moscovitischen Sachen. Wozu auch wohl billig mag gerechnet werden/ was der berühmte Boxhorn zu Leyden Anno 1630. in einem kleinen Tractätlein sub titul. Respublica Moscoviae in Lateinischer Sprache heraus gegeben hat. Und andere neue Scribenten mehr. Woraus denn erhellet/ daß keiner was näheres / bessers und zuverläßlichers von dergleichen Rußischen Antiquitäten/ bis auf den heutigen Tag habe können hervorbringen/ als offtgerühmter Herr Siegmund Baron von Herberstein gethan/ mit dessen Kalbe sie alle pflügen. Und daher ist alles um so viel probabler und gewisser/ je näher es mit Herbersteins auscultirten Nachrichten und unpassionirten Muthmassungen übereintrisst; je weiter aber etwa ein Schwede Petrejus, soder ein Polack Cromerus, oder sonst jemand der neuen von Herberstein abweicht/ destoweniger verdient er Glauben / er mag auch so viel Dubia erregen/ wie er will. En fin: er malversirt petitione principii.
Damit diese Historie deutlicher vor Augen geleget werde/ wird man des von Herberstein eigene Worte/ so wie sie in des Pantaleons Anno 1563. zu Basel gedruckten Edition zu finden sind/ hieher setzen/ welche pag. 3. also lauten: Man kan nicht wissen/ wer zu erst über die Reussen regieret hat/ denn es waren keine Buchstaben bey ihnen verhanden/ mit welchen die Historien von ihnen mögen verzeichnet und aufgeschrieben werden. Nachdem ihnen aber Michael der König zu Constantinopel die Slavonische Buchstaben und Schrifft in Barbarey gesendet/ als man zehlet nach Erschaffung der Welt nach ihrer Rechnung 9406 Jahr (welches nach der Geburt Christi 898 Jahr gewesen) haben sie damahl zuerst nicht allein die Geschichte/ so mau zu der Zeit gehandelt/ sondern auch alle andere Thaten/ welche sie von ihren Alt-Vätern bekommen/ und in langer Gedächtniß behalten/ angefangen aufzuschreiben und in eine ordentliche Cronick zu setzen/ aus welchen bekannt/ daß die Coseren von etlichen Reussen einen jährlichen Tribut begehret/ nemlich von einem jeden Hause ein Aspreoler Fell. Darnach sind auch die Wareger ihre Herren gewesen. Ich habe aber aus ihren Historien nicht anders von den Coseren oder Waregern / von welchem Lande oder wer sie gewesen/ dann den blossen einigen Nahmen / gewißlich mögen erkundigen. Dieweil sie aber das Baltische/ Preussische und Liefländische Meer/ welches auch ein Theil ihres Landes von Schweden absondert/ das Waregisch-Meer nennen/ vermeynte ich zuerst es wären die Schweden/ Dännemarcker oder Preussen/ von wegen der Nachbahrschafft ihre Fürsten gewesen. Weil aber gnugsam bekannt/ daß Wagria vor Zeiten eine nahmhaffte Stadt und Landschafft der Wandaler oder Wenden nicht weit von Lübeck und dem Fürstenthum Holsatzgelegen/ sol das Baltische Meer nach etlichen Meynungen von denenselben auch den Nahmen empfangen haben. Dieses Meer mit samt den grossen Meer-Schooß/ welche Teutschland von Dennemarck / desgleichen Preussen/ Lieffland und ein Theil der Moscau von Schweden absondert/ behält bey den Russen noch auf heutigen Tag seinen Nahmen Warezkoje Morie oder das Waregische Meer geheissen: Vorab/ weil die Wenden zu derselben Zeit gewaltige Leute/ dazu sich der Reussen Sprache/ Geberden und Religion gebraucht. Deshalben bedaucht mich/ es haben die Reussen aus den Wagrien oder Waregern ihre Fürsten/ und nicht von den Ausländischen beruffen/ welche einer andern Religion/ Geberden und Sprache gewesen. Denn als die Reussen auf eine Zeit sich des Fürstenthums halben mit einander gezancket und einander tödlich feind geworden/ sind zuletzt unter ihnen grosse Gespann und Zwietrachten entstanden. Deshalben hat Gostomissel ein weiser/ verständiger Mann/ so in Novgardia eines grossen Ansehens gewesen / zuerst gerathen/ man solte zu den Waregen senden/ und die drey Brüder / welche bey denselben groß gehalten/ ermahnen/ daß sie ihr Reich wolten annehmen. Alsbald man diesen Rathschlag verstanden/ hat man die Legaten abgefertiget/ und diese Brüder zu ihre Fürsten beruffen: Wie auch diese zu Lande kommen/ haben sie das Reich welches ihnen freywillig angebothen / unter sich getheilet. Der Rurick, hat das Fürstenthum zu Novogardia bekommen und seinen Fürstlichen Sitz zu Lagoga verordnet. Sinaus der andere/ hat sich an den weissen See (Bielojeczerow) gelägert. Trouwor der dritte/ ist an das Plescoische Fürstenthum erwehlet/ und hat in der Stadt Schwartzech Hof gehalten. Nach ihrer Chronick Abtheilung/ sollen in dem 6370. Jahre von Erschaffung der Welt/ diese Brüder an das Regiment gekommen seyn. Wie nun die zween ohne Leibes-Erden abgestorben/ sind die Fürstenthum alle auf den übergebliebenen Rurick kommen/ welcher die Schlösser unter seine Freund und Diener ausgetheilet. u. s. w. Hactenus Herberstein.
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        <p>In dieses sehr bewährten Verfassers Fußstapffen treten alle die/ so von                      Russischen oder Moscowitischen Sachen jemahls was geschrieben haben/ sie mögen                      Pohlen/ Schweden oder Teutsche gewesen seyn/ und nehmen daher Anlaß/ auch des                      Ruricks zu gedencken. <note place="foot">Nicht nur der sehr bekannte                          Lüneburgische Gene alogist M. Hieronymus Henninges in seinem grossem opere                          Gene alogico, sondern auch Martinus Cromerus ein Pohinscher/ Petrus                          Petrejus ein Schwedischer/ Daniel Prinz von Buchau ein teutscher Scribent                          von Moscovitischen Sachen. Wozu auch wohl billig mag gerechnet werden/ was                          der berühmte Boxhorn zu Leyden Anno 1630. in einem kleinen Tractätlein sub                          titul. Respublica Moscoviae in Lateinischer Sprache heraus gegeben hat. Und                          andere neue Scribenten mehr. Woraus denn erhellet/ daß keiner was näheres /                          bessers und zuverläßlichers von dergleichen Rußischen Antiquitäten/ bis auf                          den heutigen Tag habe können hervorbringen/ als offtgerühmter Herr Siegmund                          Baron von Herberstein gethan/ mit dessen Kalbe sie alle pflügen. Und daher                          ist alles um so viel probabler und gewisser/ je näher es mit Herbersteins                          auscultirten Nachrichten und unpassionirten Muthmassungen übereintrisst; je                          weiter aber etwa ein Schwede Petrejus, soder ein Polack Cromerus, oder sonst                          jemand der neuen von Herberstein abweicht/ destoweniger verdient er Glauben                         / er mag auch so viel Dubia erregen/ wie er will. En fin: er malversirt                          petitione principii.</note></p>
        <p>Aber was geht dis den Mecklenburgern an/ und was haben unsere Fürsten vor                      Verwandschaft mit dem Rurick? Das zeiget gar eigentlich vorgemeldeter                      Herberstein/ welcher/ indem er des Ruricks Abkunft aus dem Waregischen Volcke                      herführet/ auch zugleich beflissen ist zu behaupten/ daß die Wareger und                      Wagerer vor Zeiten ein Volck gewesen seyn/ so das noch heutiges Tages also                      genandte Wagerland bewohnet haben/ das itzund zu Holstein gerechnet wird/ vor                      Zeiten aber den mächtigen Königen der Wenden oder Mecklenburgischen Obetriten                      unterwürffig gewesen/ welchen die Hertzoge zu Mecklenburg ihren Ursprung und                      Geburts-Stamm zu dancken haben. <note place="foot">Damit diese Historie                          deutlicher vor Augen geleget werde/ wird man des von Herberstein eigene                          Worte/ so wie sie in des Pantaleons Anno 1563. zu Basel gedruckten Edition                          zu finden sind/ hieher setzen/ welche pag. 3. also lauten: Man kan nicht                          wissen/ wer zu erst über die Reussen regieret hat/ denn es waren keine                          Buchstaben bey ihnen verhanden/ mit welchen die Historien von ihnen mögen                          verzeichnet und aufgeschrieben werden. Nachdem ihnen aber Michael der König                          zu Constantinopel die Slavonische Buchstaben und Schrifft in Barbarey                          gesendet/ als man zehlet nach Erschaffung der Welt nach ihrer Rechnung 9406                          Jahr (welches nach der Geburt Christi 898 Jahr gewesen) haben sie damahl                          zuerst nicht allein die Geschichte/ so mau zu der Zeit gehandelt/ sondern                          auch alle andere Thaten/ welche sie von ihren Alt-Vätern bekommen/ und in                          langer Gedächtniß behalten/ angefangen aufzuschreiben und in eine                          ordentliche Cronick zu setzen/ aus welchen bekannt/ daß die Coseren von                          etlichen Reussen einen jährlichen Tribut begehret/ nemlich von einem jeden                          Hause ein Aspreoler Fell. Darnach sind auch die Wareger ihre Herren gewesen.                          Ich habe aber aus ihren Historien nicht anders von den Coseren oder Waregern                         / von welchem Lande oder wer sie gewesen/ dann den blossen einigen Nahmen /                          gewißlich mögen erkundigen. Dieweil sie aber das Baltische/ Preussische und                          Liefländische Meer/ welches auch ein Theil ihres Landes von Schweden                          absondert/ das Waregisch-Meer nennen/ vermeynte ich zuerst es wären die                          Schweden/ Dännemarcker oder Preussen/ von wegen der Nachbahrschafft ihre                          Fürsten gewesen. Weil aber gnugsam bekannt/ daß Wagria vor Zeiten eine                          nahmhaffte Stadt und Landschafft der Wandaler oder Wenden nicht weit von                          Lübeck und dem Fürstenthum Holsatzgelegen/ sol das Baltische Meer nach                          etlichen Meynungen von denenselben auch den Nahmen empfangen haben. Dieses                          Meer mit samt den grossen Meer-Schooß/ welche Teutschland von Dennemarck /                          desgleichen Preussen/ Lieffland und ein Theil der Moscau von Schweden                          absondert/ behält bey den Russen noch auf heutigen Tag seinen Nahmen                          Warezkoje Morie oder das Waregische Meer geheissen: Vorab/ weil die Wenden                          zu derselben Zeit gewaltige Leute/ dazu sich der Reussen Sprache/ Geberden                          und Religion gebraucht. Deshalben bedaucht mich/ es haben die Reussen aus                          den Wagrien oder Waregern ihre Fürsten/ und nicht von den Ausländischen                          beruffen/ welche einer andern Religion/ Geberden und Sprache gewesen. 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Der Rurick, hat das Fürstenthum zu Novogardia bekommen                          und seinen Fürstlichen Sitz zu Lagoga verordnet. Sinaus der andere/ hat                          sich an den weissen See (Bielojeczerow) gelägert. Trouwor der dritte/ ist                          an das Plescoische Fürstenthum erwehlet/ und hat in der Stadt Schwartzech                          Hof gehalten. Nach ihrer Chronick Abtheilung/ sollen in dem 6370. Jahre von                          Erschaffung der Welt/ diese Brüder an das Regiment gekommen seyn. Wie nun                          die zween ohne Leibes-Erden abgestorben/ sind die Fürstenthum alle auf den                          übergebliebenen Rurick kommen/ welcher die Schlösser unter seine Freund und                          Diener ausgetheilet. u. s. w. Hactenus Herberstein.</note></p>
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[408/0456] In dieses sehr bewährten Verfassers Fußstapffen treten alle die/ so von Russischen oder Moscowitischen Sachen jemahls was geschrieben haben/ sie mögen Pohlen/ Schweden oder Teutsche gewesen seyn/ und nehmen daher Anlaß/ auch des Ruricks zu gedencken. Aber was geht dis den Mecklenburgern an/ und was haben unsere Fürsten vor Verwandschaft mit dem Rurick? Das zeiget gar eigentlich vorgemeldeter Herberstein/ welcher/ indem er des Ruricks Abkunft aus dem Waregischen Volcke herführet/ auch zugleich beflissen ist zu behaupten/ daß die Wareger und Wagerer vor Zeiten ein Volck gewesen seyn/ so das noch heutiges Tages also genandte Wagerland bewohnet haben/ das itzund zu Holstein gerechnet wird/ vor Zeiten aber den mächtigen Königen der Wenden oder Mecklenburgischen Obetriten unterwürffig gewesen/ welchen die Hertzoge zu Mecklenburg ihren Ursprung und Geburts-Stamm zu dancken haben. Nicht nur der sehr bekannte Lüneburgische Gene alogist M. Hieronymus Henninges in seinem grossem opere Gene alogico, sondern auch Martinus Cromerus ein Pohinscher/ Petrus Petrejus ein Schwedischer/ Daniel Prinz von Buchau ein teutscher Scribent von Moscovitischen Sachen. Wozu auch wohl billig mag gerechnet werden/ was der berühmte Boxhorn zu Leyden Anno 1630. in einem kleinen Tractätlein sub titul. Respublica Moscoviae in Lateinischer Sprache heraus gegeben hat. Und andere neue Scribenten mehr. Woraus denn erhellet/ daß keiner was näheres / bessers und zuverläßlichers von dergleichen Rußischen Antiquitäten/ bis auf den heutigen Tag habe können hervorbringen/ als offtgerühmter Herr Siegmund Baron von Herberstein gethan/ mit dessen Kalbe sie alle pflügen. Und daher ist alles um so viel probabler und gewisser/ je näher es mit Herbersteins auscultirten Nachrichten und unpassionirten Muthmassungen übereintrisst; je weiter aber etwa ein Schwede Petrejus, soder ein Polack Cromerus, oder sonst jemand der neuen von Herberstein abweicht/ destoweniger verdient er Glauben / er mag auch so viel Dubia erregen/ wie er will. En fin: er malversirt petitione principii. Damit diese Historie deutlicher vor Augen geleget werde/ wird man des von Herberstein eigene Worte/ so wie sie in des Pantaleons Anno 1563. zu Basel gedruckten Edition zu finden sind/ hieher setzen/ welche pag. 3. also lauten: Man kan nicht wissen/ wer zu erst über die Reussen regieret hat/ denn es waren keine Buchstaben bey ihnen verhanden/ mit welchen die Historien von ihnen mögen verzeichnet und aufgeschrieben werden. Nachdem ihnen aber Michael der König zu Constantinopel die Slavonische Buchstaben und Schrifft in Barbarey gesendet/ als man zehlet nach Erschaffung der Welt nach ihrer Rechnung 9406 Jahr (welches nach der Geburt Christi 898 Jahr gewesen) haben sie damahl zuerst nicht allein die Geschichte/ so mau zu der Zeit gehandelt/ sondern auch alle andere Thaten/ welche sie von ihren Alt-Vätern bekommen/ und in langer Gedächtniß behalten/ angefangen aufzuschreiben und in eine ordentliche Cronick zu setzen/ aus welchen bekannt/ daß die Coseren von etlichen Reussen einen jährlichen Tribut begehret/ nemlich von einem jeden Hause ein Aspreoler Fell. Darnach sind auch die Wareger ihre Herren gewesen. Ich habe aber aus ihren Historien nicht anders von den Coseren oder Waregern / von welchem Lande oder wer sie gewesen/ dann den blossen einigen Nahmen / gewißlich mögen erkundigen. Dieweil sie aber das Baltische/ Preussische und Liefländische Meer/ welches auch ein Theil ihres Landes von Schweden absondert/ das Waregisch-Meer nennen/ vermeynte ich zuerst es wären die Schweden/ Dännemarcker oder Preussen/ von wegen der Nachbahrschafft ihre Fürsten gewesen. Weil aber gnugsam bekannt/ daß Wagria vor Zeiten eine nahmhaffte Stadt und Landschafft der Wandaler oder Wenden nicht weit von Lübeck und dem Fürstenthum Holsatzgelegen/ sol das Baltische Meer nach etlichen Meynungen von denenselben auch den Nahmen empfangen haben. Dieses Meer mit samt den grossen Meer-Schooß/ welche Teutschland von Dennemarck / desgleichen Preussen/ Lieffland und ein Theil der Moscau von Schweden absondert/ behält bey den Russen noch auf heutigen Tag seinen Nahmen Warezkoje Morie oder das Waregische Meer geheissen: Vorab/ weil die Wenden zu derselben Zeit gewaltige Leute/ dazu sich der Reussen Sprache/ Geberden und Religion gebraucht. Deshalben bedaucht mich/ es haben die Reussen aus den Wagrien oder Waregern ihre Fürsten/ und nicht von den Ausländischen beruffen/ welche einer andern Religion/ Geberden und Sprache gewesen. Denn als die Reussen auf eine Zeit sich des Fürstenthums halben mit einander gezancket und einander tödlich feind geworden/ sind zuletzt unter ihnen grosse Gespann und Zwietrachten entstanden. Deshalben hat Gostomissel ein weiser/ verständiger Mann/ so in Novgardia eines grossen Ansehens gewesen / zuerst gerathen/ man solte zu den Waregen senden/ und die drey Brüder / welche bey denselben groß gehalten/ ermahnen/ daß sie ihr Reich wolten annehmen. Alsbald man diesen Rathschlag verstanden/ hat man die Legaten abgefertiget/ und diese Brüder zu ihre Fürsten beruffen: Wie auch diese zu Lande kommen/ haben sie das Reich welches ihnen freywillig angebothen / unter sich getheilet. Der Rurick, hat das Fürstenthum zu Novogardia bekommen und seinen Fürstlichen Sitz zu Lagoga verordnet. Sinaus der andere/ hat sich an den weissen See (Bielojeczerow) gelägert. Trouwor der dritte/ ist an das Plescoische Fürstenthum erwehlet/ und hat in der Stadt Schwartzech Hof gehalten. Nach ihrer Chronick Abtheilung/ sollen in dem 6370. Jahre von Erschaffung der Welt/ diese Brüder an das Regiment gekommen seyn. Wie nun die zween ohne Leibes-Erden abgestorben/ sind die Fürstenthum alle auf den übergebliebenen Rurick kommen/ welcher die Schlösser unter seine Freund und Diener ausgetheilet. u. s. w. Hactenus Herberstein.

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  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



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Zitationshilfe: Zschackwitz, Johann Ehrenfried: Historisch-Genealogischer Schau-Platz. Lemgo, 1724, S. 408. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zschackwitz_schauplatz_1724/456>, abgerufen am 19.05.2024.