Zollikofer, Georg Joachim: Andachtsübungen und Gebete zum Privatgebrauche für nachdenkende und gutgesinnte Christen. Leipzig, 1785.Wie muß man nachdenken? peinlich seyn. Er wird ein klares Bewußtseynvon seinem vorhergegangenen Zustande und von seinem Verhalten in demselben haben, denn die- ses Bewußtseyn ist das, was ihn von den Thie- ren unterscheidet, was ihn zum menschlichen Geiste erhebt; und welchen Einfluß muß nicht dieses Bewußtseyn auf seine Glückseligkeit ha- ben! Er wird gewisse Neigungen, Begierden, Fertigkeiten in jenen Zustand mitbringen; und die werden gut oder böse, edel oder niedrig, Quellen der Zufriedenheit, oder Quellen der Unruhe und des Elendes für ihn seyn. Die Unsterblichkeit kann also nicht jedem Menschen gleich erfreulich, sie kann es nur demjenigen seyn, der hier so gedacht und gelebt hat, wie Menschen, die zu solchen großen Dingen be- stimmt sind, denken und leben sollen. Eine dritte Beschäfftigung des nachden- Lehre
Wie muß man nachdenken? peinlich ſeyn. Er wird ein klares Bewußtſeynvon ſeinem vorhergegangenen Zuſtande und von ſeinem Verhalten in demſelben haben, denn die- ſes Bewußtſeyn iſt das, was ihn von den Thie- ren unterſcheidet, was ihn zum menſchlichen Geiſte erhebt; und welchen Einfluß muß nicht dieſes Bewußtſeyn auf ſeine Glückſeligkeit ha- ben! Er wird gewiſſe Neigungen, Begierden, Fertigkeiten in jenen Zuſtand mitbringen; und die werden gut oder böſe, edel oder niedrig, Quellen der Zufriedenheit, oder Quellen der Unruhe und des Elendes für ihn ſeyn. Die Unſterblichkeit kann alſo nicht jedem Menſchen gleich erfreulich, ſie kann es nur demjenigen ſeyn, der hier ſo gedacht und gelebt hat, wie Menſchen, die zu ſolchen großen Dingen be- ſtimmt ſind, denken und leben ſollen. Eine dritte Beſchäfftigung des nachden- Lehre
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Wie muß man nachdenken?
peinlich ſeyn. Er wird ein klares Bewußtſeyn
von ſeinem vorhergegangenen Zuſtande und von
ſeinem Verhalten in demſelben haben, denn die-
ſes Bewußtſeyn iſt das, was ihn von den Thie-
ren unterſcheidet, was ihn zum menſchlichen
Geiſte erhebt; und welchen Einfluß muß nicht
dieſes Bewußtſeyn auf ſeine Glückſeligkeit ha-
ben! Er wird gewiſſe Neigungen, Begierden,
Fertigkeiten in jenen Zuſtand mitbringen; und
die werden gut oder böſe, edel oder niedrig,
Quellen der Zufriedenheit, oder Quellen der
Unruhe und des Elendes für ihn ſeyn. Die
Unſterblichkeit kann alſo nicht jedem Menſchen
gleich erfreulich, ſie kann es nur demjenigen
ſeyn, der hier ſo gedacht und gelebt hat, wie
Menſchen, die zu ſolchen großen Dingen be-
ſtimmt ſind, denken und leben ſollen.
Eine dritte Beſchäfftigung des nachden-
kenden Menſchen iſt die, daß er die Wahrheit
deſſen, was er weiß und glaubet, oder was ihm
vorgetragen wird, unterſuchet, nach den Grün-
den davon forſchet, und nach größerer Gewiß-
heit ſtrebet. Er fraget ſich alſo ſelbſt: iſt das,
was ich für wahr halte, oder was andere dafür
ausgeben, wirklich wahr, und was für Beweiſe
habe ich davon? Wie ſtimmet dieſer Satz, dieſe
Lehre
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