Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Zöckler, Otto: Die Lehre vom Urstand des Menschen. Gütersloh, 1879.

Bild:
<< vorherige Seite

II. Die Schriftlehre vom Urstande.
sich dann die ergänzenden Berichte über des Neugeschaffenen Ver-
setzung in den Garten Eden, über seine Einweisung in die Herr-
schaft über Pflanzen und Thiere dieses Gartens, sowie über die
Bildung des Weibes als seiner Lebensgefährtin (wörtl.: seiner "ihm
entsprechenden Hilfe"; Luth.: "Gehülfin, die um ihn sei") zunächst
anreihen (1 Mose 2, 8--25). -- Nach Zwischeneintritt der Er-
zählung vom Sündenfalle und dessen nächsten Nachwirkungen folgt
dann, wieder in einem elohistischen Abschnitte, eine erste Rückver-
weisung auf die Erschaffung nach Gottes Bilde: "(an dem Tage)
da Gott den Menschen schuf, machte er ihn nach dem
Gleichniß Gottes; und schuf sie ein Männlein und ein
Fräulein
(Mann und Weib erschuf er sie) und segnete sie,
und hieß ihren Namen Mensch
(Adam) zur Zeit, da sie
geschaffen wurden"
(1 Mose 5, 1. 2). Eine nochmalige Zurück-
weisung auf die gottbildliche Schöpfung läßt gleichfalls der elohistische
Erzähler bald nach dem Sintfluth-Berichte folgen, da wo es sich
um Feststellung der allgemeinen Rechtssatzungen und sittlichen Lebens-
ordnungen der nachsintfluthlichen Menschheit handelt. Der Grundsatz,
daß das Vergießen von Menschenblut mit dem Blute des Mörders
bestraft werden solle, wird hier durch den Hinweis begründet:
"Denn Gott hat den Menschen zu (in) seinem Bilde
gemacht"
(1 Mose 9, 6), woran sich eine Wiederholung des
segnenden Gebotes, fruchtbar zu sein und die Erde zu füllen, das
auch schon die erste Erwähnung des Gottesbildes im Schöpfungs-
berichte begleitet hatte, anschließt. -- Spätere Anklänge an den
Begriff des Gottesbildes bietet das kanonische Alte Testament
hauptsächlich noch im 8. Psalm: "Und du hast ihn um Weniges
geringer gemacht als Gott,
1) und mit Ehre und Herr-
lichkeit ihn gekrönt; hast ihn zum Herrscher gemacht

1) Luther (fehlerhaft der einseitig messianischen Deutung des Psalms zu
Liebe): "Du wirst ihn lassen eine kleine Zeit von Gott verlassen sein, aber" etc.
Ohne Grund im Texte auch die alex. Version, das Targum etc.: "Du hast ihn
ein Weniges unter die Engel erniedriget etc." Vgl. unten.

II. Die Schriftlehre vom Urſtande.
ſich dann die ergänzenden Berichte über des Neugeſchaffenen Ver-
ſetzung in den Garten Eden, über ſeine Einweiſung in die Herr-
ſchaft über Pflanzen und Thiere dieſes Gartens, ſowie über die
Bildung des Weibes als ſeiner Lebensgefährtin (wörtl.: ſeiner „ihm
entſprechenden Hilfe‟; Luth.: „Gehülfin, die um ihn ſei‟) zunächſt
anreihen (1 Moſe 2, 8—25). — Nach Zwiſcheneintritt der Er-
zählung vom Sündenfalle und deſſen nächſten Nachwirkungen folgt
dann, wieder in einem elohiſtiſchen Abſchnitte, eine erſte Rückver-
weiſung auf die Erſchaffung nach Gottes Bilde: „(an dem Tage)
da Gott den Menſchen ſchuf, machte er ihn nach dem
Gleichniß Gottes; und ſchuf ſie ein Männlein und ein
Fräulein
(Mann und Weib erſchuf er ſie) und ſegnete ſie,
und hieß ihren Namen Menſch
(Adam) zur Zeit, da ſie
geſchaffen wurden‟
(1 Moſe 5, 1. 2). Eine nochmalige Zurück-
weiſung auf die gottbildliche Schöpfung läßt gleichfalls der elohiſtiſche
Erzähler bald nach dem Sintfluth-Berichte folgen, da wo es ſich
um Feſtſtellung der allgemeinen Rechtsſatzungen und ſittlichen Lebens-
ordnungen der nachſintfluthlichen Menſchheit handelt. Der Grundſatz,
daß das Vergießen von Menſchenblut mit dem Blute des Mörders
beſtraft werden ſolle, wird hier durch den Hinweis begründet:
„Denn Gott hat den Menſchen zu (in) ſeinem Bilde
gemacht‟
(1 Moſe 9, 6), woran ſich eine Wiederholung des
ſegnenden Gebotes, fruchtbar zu ſein und die Erde zu füllen, das
auch ſchon die erſte Erwähnung des Gottesbildes im Schöpfungs-
berichte begleitet hatte, anſchließt. — Spätere Anklänge an den
Begriff des Gottesbildes bietet das kanoniſche Alte Teſtament
hauptſächlich noch im 8. Pſalm: „Und du haſt ihn um Weniges
geringer gemacht als Gott,
1) und mit Ehre und Herr-
lichkeit ihn gekrönt; haſt ihn zum Herrſcher gemacht

1) Luther (fehlerhaft der einſeitig meſſianiſchen Deutung des Pſalms zu
Liebe): „Du wirſt ihn laſſen eine kleine Zeit von Gott verlaſſen ſein, aber‟ ꝛc.
Ohne Grund im Texte auch die alex. Verſion, das Targum ꝛc.: „Du haſt ihn
ein Weniges unter die Engel erniedriget ꝛc.‟ Vgl. unten.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0066" n="56"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">II.</hi> Die Schriftlehre vom Ur&#x017F;tande.</fw><lb/>
&#x017F;ich dann die ergänzenden Berichte über des Neuge&#x017F;chaffenen Ver-<lb/>
&#x017F;etzung in den Garten Eden, über &#x017F;eine Einwei&#x017F;ung in die Herr-<lb/>
&#x017F;chaft über Pflanzen und Thiere die&#x017F;es Gartens, &#x017F;owie über die<lb/>
Bildung des Weibes als &#x017F;einer Lebensgefährtin (wörtl.: &#x017F;einer &#x201E;ihm<lb/>
ent&#x017F;prechenden Hilfe&#x201F;; Luth.: &#x201E;Gehülfin, die um ihn &#x017F;ei&#x201F;) zunäch&#x017F;t<lb/>
anreihen (1 Mo&#x017F;e 2, 8&#x2014;25). &#x2014; Nach Zwi&#x017F;cheneintritt der Er-<lb/>
zählung vom Sündenfalle und de&#x017F;&#x017F;en näch&#x017F;ten Nachwirkungen folgt<lb/>
dann, wieder in einem elohi&#x017F;ti&#x017F;chen Ab&#x017F;chnitte, eine er&#x017F;te Rückver-<lb/>
wei&#x017F;ung auf die Er&#x017F;chaffung nach Gottes Bilde: &#x201E;(an dem Tage)<lb/><hi rendition="#g">da Gott den Men&#x017F;chen &#x017F;chuf, machte er ihn nach dem<lb/>
Gleichniß Gottes; und &#x017F;chuf &#x017F;ie ein Männlein und ein<lb/>
Fräulein</hi> (Mann und Weib er&#x017F;chuf er &#x017F;ie) <hi rendition="#g">und &#x017F;egnete &#x017F;ie,<lb/>
und hieß ihren Namen Men&#x017F;ch</hi> (Adam) <hi rendition="#g">zur Zeit, da &#x017F;ie<lb/>
ge&#x017F;chaffen wurden&#x201F;</hi> (1 Mo&#x017F;e 5, 1. 2). Eine nochmalige Zurück-<lb/>
wei&#x017F;ung auf die gottbildliche Schöpfung läßt gleichfalls der elohi&#x017F;ti&#x017F;che<lb/>
Erzähler bald nach dem Sintfluth-Berichte folgen, da wo es &#x017F;ich<lb/>
um Fe&#x017F;t&#x017F;tellung der allgemeinen Rechts&#x017F;atzungen und &#x017F;ittlichen Lebens-<lb/>
ordnungen der nach&#x017F;intfluthlichen Men&#x017F;chheit handelt. Der Grund&#x017F;atz,<lb/>
daß das Vergießen von Men&#x017F;chenblut mit dem Blute des Mörders<lb/>
be&#x017F;traft werden &#x017F;olle, wird hier durch den Hinweis begründet:<lb/><hi rendition="#g">&#x201E;Denn Gott hat den Men&#x017F;chen zu</hi> (in) <hi rendition="#g">&#x017F;einem Bilde<lb/>
gemacht&#x201F;</hi> (1 Mo&#x017F;e 9, 6), woran &#x017F;ich eine Wiederholung des<lb/>
&#x017F;egnenden Gebotes, fruchtbar zu &#x017F;ein und die Erde zu füllen, das<lb/>
auch &#x017F;chon die er&#x017F;te Erwähnung des Gottesbildes im Schöpfungs-<lb/>
berichte begleitet hatte, an&#x017F;chließt. &#x2014; Spätere Anklänge an den<lb/>
Begriff des Gottesbildes bietet das kanoni&#x017F;che Alte Te&#x017F;tament<lb/>
haupt&#x017F;ächlich noch im 8. P&#x017F;alm: <hi rendition="#g">&#x201E;Und du ha&#x017F;t ihn um Weniges<lb/>
geringer gemacht als Gott,</hi><note place="foot" n="1)">Luther (fehlerhaft der ein&#x017F;eitig me&#x017F;&#x017F;iani&#x017F;chen Deutung des P&#x017F;alms zu<lb/>
Liebe): &#x201E;Du wir&#x017F;t ihn la&#x017F;&#x017F;en eine kleine Zeit von Gott verla&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ein, aber&#x201F; &#xA75B;c.<lb/>
Ohne Grund im Texte auch die alex. Ver&#x017F;ion, das Targum &#xA75B;c.: &#x201E;Du ha&#x017F;t ihn<lb/>
ein Weniges <hi rendition="#g">unter die Engel</hi> erniedriget &#xA75B;c.&#x201F; Vgl. unten.</note> <hi rendition="#g">und mit Ehre und Herr-<lb/>
lichkeit ihn gekrönt; ha&#x017F;t ihn zum Herr&#x017F;cher gemacht</hi><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[56/0066] II. Die Schriftlehre vom Urſtande. ſich dann die ergänzenden Berichte über des Neugeſchaffenen Ver- ſetzung in den Garten Eden, über ſeine Einweiſung in die Herr- ſchaft über Pflanzen und Thiere dieſes Gartens, ſowie über die Bildung des Weibes als ſeiner Lebensgefährtin (wörtl.: ſeiner „ihm entſprechenden Hilfe‟; Luth.: „Gehülfin, die um ihn ſei‟) zunächſt anreihen (1 Moſe 2, 8—25). — Nach Zwiſcheneintritt der Er- zählung vom Sündenfalle und deſſen nächſten Nachwirkungen folgt dann, wieder in einem elohiſtiſchen Abſchnitte, eine erſte Rückver- weiſung auf die Erſchaffung nach Gottes Bilde: „(an dem Tage) da Gott den Menſchen ſchuf, machte er ihn nach dem Gleichniß Gottes; und ſchuf ſie ein Männlein und ein Fräulein (Mann und Weib erſchuf er ſie) und ſegnete ſie, und hieß ihren Namen Menſch (Adam) zur Zeit, da ſie geſchaffen wurden‟ (1 Moſe 5, 1. 2). Eine nochmalige Zurück- weiſung auf die gottbildliche Schöpfung läßt gleichfalls der elohiſtiſche Erzähler bald nach dem Sintfluth-Berichte folgen, da wo es ſich um Feſtſtellung der allgemeinen Rechtsſatzungen und ſittlichen Lebens- ordnungen der nachſintfluthlichen Menſchheit handelt. Der Grundſatz, daß das Vergießen von Menſchenblut mit dem Blute des Mörders beſtraft werden ſolle, wird hier durch den Hinweis begründet: „Denn Gott hat den Menſchen zu (in) ſeinem Bilde gemacht‟ (1 Moſe 9, 6), woran ſich eine Wiederholung des ſegnenden Gebotes, fruchtbar zu ſein und die Erde zu füllen, das auch ſchon die erſte Erwähnung des Gottesbildes im Schöpfungs- berichte begleitet hatte, anſchließt. — Spätere Anklänge an den Begriff des Gottesbildes bietet das kanoniſche Alte Teſtament hauptſächlich noch im 8. Pſalm: „Und du haſt ihn um Weniges geringer gemacht als Gott, 1) und mit Ehre und Herr- lichkeit ihn gekrönt; haſt ihn zum Herrſcher gemacht 1) Luther (fehlerhaft der einſeitig meſſianiſchen Deutung des Pſalms zu Liebe): „Du wirſt ihn laſſen eine kleine Zeit von Gott verlaſſen ſein, aber‟ ꝛc. Ohne Grund im Texte auch die alex. Verſion, das Targum ꝛc.: „Du haſt ihn ein Weniges unter die Engel erniedriget ꝛc.‟ Vgl. unten.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/zoeckler_lehre_1879
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/zoeckler_lehre_1879/66
Zitationshilfe: Zöckler, Otto: Die Lehre vom Urstand des Menschen. Gütersloh, 1879, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zoeckler_lehre_1879/66>, abgerufen am 24.11.2024.