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Zöckler, Otto: Die Lehre vom Urstand des Menschen. Gütersloh, 1879.

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IX. Das Alter des Menschengeschlechts.
fang unsres Jahrhunderts haben eine Beeinflussung der Zustände
der irdischen Organismenwelt überhaupt, nicht bloß der menschlichen,
durch große astronomische Revolutionen, beziehungsweise durch die
von denselben bewirkten Wechsel des Klima's darzuthun versucht.
Lamarck in seiner "Hydrogeologie" (1801) ließ durch den Mond
ein langsames Vorrücken der größten Wassermassen von Osten nach
Westen zu, und ebendadurch eine chronische Versetzung des Erd-
schwerpunkts verbunden mit entsprechenden Einwirkungen auf das
Organismenleben bewirkt werden. Bertrand hatte kurz zuvor (1799)
ähnliche Veränderungen, bestehend in abwechselndem Ueberschwemmt-
werden beider Erdhälften innerhalb gewisser langer Perioden, durch
die Einwirkung eines Kometen auf den Erdmagnetismus hervor-
gebracht werden lassen. August de Bergh aus Hamburg, Schiffs-
kapitän in englischen Diensten und astronomischer Gelehrter (+ 1864),
lehrte eine allmählige Veränderung der Apsidenlinie der Erdbahn
als Ursache gewisser seculärer Umwälzungen der Niveauverhältnisse
unsres Planeten sowie seiner klimatischen Zustände. Das Wesent-
liche seiner Theorie bildeten seit Anfang der 40er Jahre der fran-
zösische Mathematiker Adhemar und der englische Geologe James
Croll zu ihren vielbesprochenen Versuchen einer Erklärung des geo-
logischen Phänomens der Eiszeiten fort. Nach dem Ersteren findet,
in Folge periodischer Aenderungen der Excentrizität der Erdbahn,
abwechselnd für die Nordhälfte und dann für die Südhälfte des
Planeten eine Zeit vermehrter Wasserbedeckung und stärkerer Ver-
eisung der Pole statt, und zwar wechseln diese Zustände nach ihm
ungefähr von 10 000 zu 10 000 Jahren; vor etlichen hundert Jahren
hatte die südliche Hemisphäre ihre größte Vereisungsphase, in etwa
9900 Jahren wird für die Nordhälfte der Zeitpunkt stärkster Ver-
eisung gekommen sein. Croll that tiefere Griffe in den Schatz astro-
nomischer Unendlichkeiten; sowohl die Zwischenzeiten zwischen den
verschiednen Eisperioden als die Länge von diesen selbst suchte er
nach vielen Myriaden Jahren zu berechnen; so gab er der großen,
angeblich eine Reihe von Schwankungen zwischen Epochen höchster

IX. Das Alter des Menſchengeſchlechts.
fang unſres Jahrhunderts haben eine Beeinfluſſung der Zuſtände
der irdiſchen Organismenwelt überhaupt, nicht bloß der menſchlichen,
durch große aſtronomiſche Revolutionen, beziehungsweiſe durch die
von denſelben bewirkten Wechſel des Klima’s darzuthun verſucht.
Lamarck in ſeiner „Hydrogeologie‟ (1801) ließ durch den Mond
ein langſames Vorrücken der größten Waſſermaſſen von Oſten nach
Weſten zu, und ebendadurch eine chroniſche Verſetzung des Erd-
ſchwerpunkts verbunden mit entſprechenden Einwirkungen auf das
Organismenleben bewirkt werden. Bertrand hatte kurz zuvor (1799)
ähnliche Veränderungen, beſtehend in abwechſelndem Ueberſchwemmt-
werden beider Erdhälften innerhalb gewiſſer langer Perioden, durch
die Einwirkung eines Kometen auf den Erdmagnetismus hervor-
gebracht werden laſſen. Auguſt de Bergh aus Hamburg, Schiffs-
kapitän in engliſchen Dienſten und aſtronomiſcher Gelehrter († 1864),
lehrte eine allmählige Veränderung der Apſidenlinie der Erdbahn
als Urſache gewiſſer ſeculärer Umwälzungen der Niveauverhältniſſe
unſres Planeten ſowie ſeiner klimatiſchen Zuſtände. Das Weſent-
liche ſeiner Theorie bildeten ſeit Anfang der 40er Jahre der fran-
zöſiſche Mathematiker Adhémar und der engliſche Geologe James
Croll zu ihren vielbeſprochenen Verſuchen einer Erklärung des geo-
logiſchen Phänomens der Eiszeiten fort. Nach dem Erſteren findet,
in Folge periodiſcher Aenderungen der Excentrizität der Erdbahn,
abwechſelnd für die Nordhälfte und dann für die Südhälfte des
Planeten eine Zeit vermehrter Waſſerbedeckung und ſtärkerer Ver-
eiſung der Pole ſtatt, und zwar wechſeln dieſe Zuſtände nach ihm
ungefähr von 10 000 zu 10 000 Jahren; vor etlichen hundert Jahren
hatte die ſüdliche Hemiſphäre ihre größte Vereiſungsphaſe, in etwa
9900 Jahren wird für die Nordhälfte der Zeitpunkt ſtärkſter Ver-
eiſung gekommen ſein. Croll that tiefere Griffe in den Schatz aſtro-
nomiſcher Unendlichkeiten; ſowohl die Zwiſchenzeiten zwiſchen den
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[300/0310] IX. Das Alter des Menſchengeſchlechts. fang unſres Jahrhunderts haben eine Beeinfluſſung der Zuſtände der irdiſchen Organismenwelt überhaupt, nicht bloß der menſchlichen, durch große aſtronomiſche Revolutionen, beziehungsweiſe durch die von denſelben bewirkten Wechſel des Klima’s darzuthun verſucht. Lamarck in ſeiner „Hydrogeologie‟ (1801) ließ durch den Mond ein langſames Vorrücken der größten Waſſermaſſen von Oſten nach Weſten zu, und ebendadurch eine chroniſche Verſetzung des Erd- ſchwerpunkts verbunden mit entſprechenden Einwirkungen auf das Organismenleben bewirkt werden. Bertrand hatte kurz zuvor (1799) ähnliche Veränderungen, beſtehend in abwechſelndem Ueberſchwemmt- werden beider Erdhälften innerhalb gewiſſer langer Perioden, durch die Einwirkung eines Kometen auf den Erdmagnetismus hervor- gebracht werden laſſen. Auguſt de Bergh aus Hamburg, Schiffs- kapitän in engliſchen Dienſten und aſtronomiſcher Gelehrter († 1864), lehrte eine allmählige Veränderung der Apſidenlinie der Erdbahn als Urſache gewiſſer ſeculärer Umwälzungen der Niveauverhältniſſe unſres Planeten ſowie ſeiner klimatiſchen Zuſtände. Das Weſent- liche ſeiner Theorie bildeten ſeit Anfang der 40er Jahre der fran- zöſiſche Mathematiker Adhémar und der engliſche Geologe James Croll zu ihren vielbeſprochenen Verſuchen einer Erklärung des geo- logiſchen Phänomens der Eiszeiten fort. Nach dem Erſteren findet, in Folge periodiſcher Aenderungen der Excentrizität der Erdbahn, abwechſelnd für die Nordhälfte und dann für die Südhälfte des Planeten eine Zeit vermehrter Waſſerbedeckung und ſtärkerer Ver- eiſung der Pole ſtatt, und zwar wechſeln dieſe Zuſtände nach ihm ungefähr von 10 000 zu 10 000 Jahren; vor etlichen hundert Jahren hatte die ſüdliche Hemiſphäre ihre größte Vereiſungsphaſe, in etwa 9900 Jahren wird für die Nordhälfte der Zeitpunkt ſtärkſter Ver- eiſung gekommen ſein. Croll that tiefere Griffe in den Schatz aſtro- nomiſcher Unendlichkeiten; ſowohl die Zwiſchenzeiten zwiſchen den verſchiednen Eisperioden als die Länge von dieſen ſelbſt ſuchte er nach vielen Myriaden Jahren zu berechnen; ſo gab er der großen, angeblich eine Reihe von Schwankungen zwiſchen Epochen höchſter

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Zitationshilfe: Zöckler, Otto: Die Lehre vom Urstand des Menschen. Gütersloh, 1879, S. 300. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zoeckler_lehre_1879/310>, abgerufen am 22.11.2024.