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Zöckler, Otto: Die Lehre vom Urstand des Menschen. Gütersloh, 1879.

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IX. Das Alter des Menschengeschlechts.
in der That bemerkenswerth, daß die nächst der ägyptischen bisjetzt
am Sorgsältigsten und Zuverlässigsten monumental erforschte natio-
nale Ueberlieferung eines andern altorientalischen Culturvolks, der
den Aegyptern in mehrfacher Hinsicht nahestehenden Babylonier, an
einem gleichfalls nicht viel späteren Zeitpunkte, nemlich um 2500
v. Chr., ihr mythisches Gewand zuerst abzustreifen und etwas solidere
Formen anzunehmen beginnt. Oppert glaubt das Jahr 2517 oder
das Datum der ersten medischen Occupation Babylons als den
Ausgangspunkt der beglaubigten Geschichte Altchaldäa's betrachten
zu dürfen, während er alles Frühere -- jene theils noch nachsint-
fluthlichen theils vorsintfluthlichen grauen Urzeiten, welche Berosus
mit dem wildphantastischen Netze seiner cyklischen Saren-Epochen
bedeckt -- als mythisch preisgibt. Sehr gesichert scheint diese
Oppertsche Zeitbestimmung freilich nicht zu sein; Schrader will vom
J. 2517 als einem festen Ausgangspunkte babylonischer Geschichte
nichts wissen; George Smith und Maspero setzen den Zeitpunkt
jener Jnvasion, womit die s. g. endliche Dynastie des Berosos begann,
erst später als Oppert, nemlich frühestens 2450 oder erst gegen
2300; Friedr. Delitzsch aber bezeichnet auch dieß letztere Datum als
ein ganz unsichres -- wie denn überhaupt erst das um 1800 v. Chr.
anhebende altassyrische Reich der Mehrzahl besonnener Forscher auf
diesem Gebiete als monumental wohlgesicherter historischer Boden
gilt. 1) -- Demnach reicht also Altägyptens Geschichte wahrscheinlich,
und die der Euphratreiche vielleicht bis jenseits des zweiten vor-
christlichen Jahrtausends zurück. Was hierin Bedenkliches oder gar
Erschütterndes für die Glaubwürdigkeit der biblischen Zeitrechnung
enthalten sein sollte, ist schwer einzusehen. Denn längere prä-
historische Vorbereitungszeiten, wie z. B. jene angebliche Steinzeit

1) Vgl. einerseits Opperts Vortrag bei jenem Londoner Orientalisten-
congreß 1874 (Report etc., pag. 7, andrerseits Schrader in der Jen. Lit.-Ztg.
1874, S. 824, sowie "Keilinschriften und Geschichtsforschung," 1878, S. 461;
ferner G. Smith, Chaldä. Genesis, S. 164, sowie Friedr. Delitzsch ebendas.,
S. 312; Maspero, a. a. O., S. 167. 284.

IX. Das Alter des Menſchengeſchlechts.
in der That bemerkenswerth, daß die nächſt der ägyptiſchen bisjetzt
am Sorgſältigſten und Zuverläſſigſten monumental erforſchte natio-
nale Ueberlieferung eines andern altorientaliſchen Culturvolks, der
den Aegyptern in mehrfacher Hinſicht naheſtehenden Babylonier, an
einem gleichfalls nicht viel ſpäteren Zeitpunkte, nemlich um 2500
v. Chr., ihr mythiſches Gewand zuerſt abzuſtreifen und etwas ſolidere
Formen anzunehmen beginnt. Oppert glaubt das Jahr 2517 oder
das Datum der erſten mediſchen Occupation Babylons als den
Ausgangspunkt der beglaubigten Geſchichte Altchaldäa’s betrachten
zu dürfen, während er alles Frühere — jene theils noch nachſint-
fluthlichen theils vorſintfluthlichen grauen Urzeiten, welche Beroſus
mit dem wildphantaſtiſchen Netze ſeiner cykliſchen Saren-Epochen
bedeckt — als mythiſch preisgibt. Sehr geſichert ſcheint dieſe
Oppertſche Zeitbeſtimmung freilich nicht zu ſein; Schrader will vom
J. 2517 als einem feſten Ausgangspunkte babyloniſcher Geſchichte
nichts wiſſen; George Smith und Maspéro ſetzen den Zeitpunkt
jener Jnvaſion, womit die ſ. g. endliche Dynaſtie des Beroſos begann,
erſt ſpäter als Oppert, nemlich früheſtens 2450 oder erſt gegen
2300; Friedr. Delitzſch aber bezeichnet auch dieß letztere Datum als
ein ganz unſichres — wie denn überhaupt erſt das um 1800 v. Chr.
anhebende altaſſyriſche Reich der Mehrzahl beſonnener Forſcher auf
dieſem Gebiete als monumental wohlgeſicherter hiſtoriſcher Boden
gilt. 1) — Demnach reicht alſo Altägyptens Geſchichte wahrſcheinlich,
und die der Euphratreiche vielleicht bis jenſeits des zweiten vor-
chriſtlichen Jahrtauſends zurück. Was hierin Bedenkliches oder gar
Erſchütterndes für die Glaubwürdigkeit der bibliſchen Zeitrechnung
enthalten ſein ſollte, iſt ſchwer einzuſehen. Denn längere prä-
hiſtoriſche Vorbereitungszeiten, wie z. B. jene angebliche Steinzeit

1) Vgl. einerſeits Opperts Vortrag bei jenem Londoner Orientaliſten-
congreß 1874 (Report etc., pag. 7, andrerſeits Schrader in der Jen. Lit.-Ztg.
1874, S. 824, ſowie „Keilinſchriften und Geſchichtsforſchung,‟ 1878, S. 461;
ferner G. Smith, Chaldä. Geneſis, S. 164, ſowie Friedr. Delitzſch ebendaſ.,
S. 312; Maspéro, a. a. O., S. 167. 284.
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[297/0307] IX. Das Alter des Menſchengeſchlechts. in der That bemerkenswerth, daß die nächſt der ägyptiſchen bisjetzt am Sorgſältigſten und Zuverläſſigſten monumental erforſchte natio- nale Ueberlieferung eines andern altorientaliſchen Culturvolks, der den Aegyptern in mehrfacher Hinſicht naheſtehenden Babylonier, an einem gleichfalls nicht viel ſpäteren Zeitpunkte, nemlich um 2500 v. Chr., ihr mythiſches Gewand zuerſt abzuſtreifen und etwas ſolidere Formen anzunehmen beginnt. Oppert glaubt das Jahr 2517 oder das Datum der erſten mediſchen Occupation Babylons als den Ausgangspunkt der beglaubigten Geſchichte Altchaldäa’s betrachten zu dürfen, während er alles Frühere — jene theils noch nachſint- fluthlichen theils vorſintfluthlichen grauen Urzeiten, welche Beroſus mit dem wildphantaſtiſchen Netze ſeiner cykliſchen Saren-Epochen bedeckt — als mythiſch preisgibt. Sehr geſichert ſcheint dieſe Oppertſche Zeitbeſtimmung freilich nicht zu ſein; Schrader will vom J. 2517 als einem feſten Ausgangspunkte babyloniſcher Geſchichte nichts wiſſen; George Smith und Maspéro ſetzen den Zeitpunkt jener Jnvaſion, womit die ſ. g. endliche Dynaſtie des Beroſos begann, erſt ſpäter als Oppert, nemlich früheſtens 2450 oder erſt gegen 2300; Friedr. Delitzſch aber bezeichnet auch dieß letztere Datum als ein ganz unſichres — wie denn überhaupt erſt das um 1800 v. Chr. anhebende altaſſyriſche Reich der Mehrzahl beſonnener Forſcher auf dieſem Gebiete als monumental wohlgeſicherter hiſtoriſcher Boden gilt. 1) — Demnach reicht alſo Altägyptens Geſchichte wahrſcheinlich, und die der Euphratreiche vielleicht bis jenſeits des zweiten vor- chriſtlichen Jahrtauſends zurück. Was hierin Bedenkliches oder gar Erſchütterndes für die Glaubwürdigkeit der bibliſchen Zeitrechnung enthalten ſein ſollte, iſt ſchwer einzuſehen. Denn längere prä- hiſtoriſche Vorbereitungszeiten, wie z. B. jene angebliche Steinzeit 1) Vgl. einerſeits Opperts Vortrag bei jenem Londoner Orientaliſten- congreß 1874 (Report etc., pag. 7, andrerſeits Schrader in der Jen. Lit.-Ztg. 1874, S. 824, ſowie „Keilinſchriften und Geſchichtsforſchung,‟ 1878, S. 461; ferner G. Smith, Chaldä. Geneſis, S. 164, ſowie Friedr. Delitzſch ebendaſ., S. 312; Maspéro, a. a. O., S. 167. 284.

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Zitationshilfe: Zöckler, Otto: Die Lehre vom Urstand des Menschen. Gütersloh, 1879, S. 297. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zoeckler_lehre_1879/307>, abgerufen am 22.11.2024.