Zinzendorf, Nicolaus Ludwig von: Teutscher Gedichte Erster Theil. Herrnhuth, 1735.1730. [Spaltenumbruch]
Jn die Lust, die viele Brü-der, Und viel Schwestern unsre Glieder, An dem Tage sich gemacht, Da dich GOtt ans Licht ge- bracht, Dessen Denckmahl sie ver- neuert, Und mit Lob in GOTT ge- feyert. Treue Liebe wünscht, ihr Leben Für den Bruder hin zu ge- ben; Wünschet, daß ihm ieder Tag Lauter Jahre werden mag. Jhr ist viel daran gelegen, Daß ein Bruder langen Se- gen, Der durch viele Jahre dringt; Auf das arme Zion bringt; Weil ihr manches Heyl ver- dorben; Wenn ein Held zu früh ver- storben. Zion ist gantz angst und bange, Daß die Bösen all zu lange, Jhm zum Hohn, im Wege stehn Und mit grauen Haaren gehn. Zion wünschet seinen Schaa- ren Knechte, mit viel hundert Jah- ren, Daß es nicht bey dunckeln Schein, Fast verlassen müsse seyn. [Spaltenumbruch] Die Gemeinschaft Märckscher Brüder, Und der Schwestern, welche Glieder, Der wahrhaften Zions-Macht, Die dem HErrn ihr Hertz ge- bracht, Durch diß Blätgen zu er- neuern, Und ihr Creutz-Fest mit zu feyern. Was ist nutz an meinem Leben? Was hat mir der HErr ge- geben, Das nicht einen ieden Tag Andern Brüdern werden mag? Wem ist mehr daran gelegen, Als dem JEsu, der den Se- gen, Der die Ewigkeit durchdringt, Selber auf sein Zion bringt? Wenn ist ihm ein Werck ver- dorben, Wenn ein Knecht zu früh ge- storben? Dem Propheten ward wol bange, Daß er selber allzu lange Solte unter Mesech stehn, Und in Kedars Zelten gehn: Aber ach! die armen Schaa- ren, Deren Narrn von hundert Jahren, Brauchen oft vom Gnaden- Schein Länger angeblickt zu seyn. Zion JEsus O 2
1730. [Spaltenumbruch]
Jn die Luſt, die viele Bruͤ-der, Und viel Schweſtern unſre Glieder, An dem Tage ſich gemacht, Da dich GOtt ans Licht ge- bracht, Deſſen Denckmahl ſie ver- neuert, Und mit Lob in GOTT ge- feyert. Treue Liebe wuͤnſcht, ihr Leben Fuͤr den Bruder hin zu ge- ben; Wuͤnſchet, daß ihm ieder Tag Lauter Jahre werden mag. Jhr iſt viel daran gelegen, Daß ein Bruder langen Se- gen, Der durch viele Jahre dringt; Auf das arme Zion bringt; Weil ihr manches Heyl ver- dorben; Wenn ein Held zu fruͤh ver- ſtorben. Zion iſt gantz angſt und bange, Daß die Boͤſen all zu lange, Jhm zum Hohn, im Wege ſtehn Und mit grauen Haaren gehn. Zion wuͤnſchet ſeinen Schaa- ren Knechte, mit viel hundert Jah- ren, Daß es nicht bey dunckeln Schein, Faſt verlaſſen muͤſſe ſeyn. [Spaltenumbruch] Die Gemeinſchaft Maͤrckſcher Bruͤder, Und der Schweſtern, welche Glieder, Der wahrhaften Zions-Macht, Die dem HErrn ihr Hertz ge- bracht, Durch diß Blaͤtgen zu er- neuern, Und ihr Creutz-Feſt mit zu feyern. Was iſt nutz an meinem Leben? Was hat mir der HErr ge- geben, Das nicht einen ieden Tag Andern Bruͤdern werden mag? Wem iſt mehr daran gelegen, Als dem JEſu, der den Se- gen, Der die Ewigkeit durchdringt, Selber auf ſein Zion bringt? Wenn iſt ihm ein Werck ver- dorben, Wenn ein Knecht zu fruͤh ge- ſtorben? Dem Propheten ward wol bange, Daß er ſelber allzu lange Solte unter Meſech ſtehn, Und in Kedars Zelten gehn: Aber ach! die armen Schaa- ren, Deren Narrn von hundert Jahren, Brauchen oft vom Gnaden- Schein Laͤnger angeblickt zu ſeyn. Zion JEſus O 2
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1730.
Jn die Luſt, die viele Bruͤ-
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Und viel Schweſtern unſre
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An dem Tage ſich gemacht,
Da dich GOtt ans Licht ge-
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Deſſen Denckmahl ſie ver-
neuert,
Und mit Lob in GOTT ge-
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Treue Liebe wuͤnſcht, ihr Leben
Fuͤr den Bruder hin zu ge-
ben;
Wuͤnſchet, daß ihm ieder Tag
Lauter Jahre werden mag.
Jhr iſt viel daran gelegen,
Daß ein Bruder langen Se-
gen,
Der durch viele Jahre dringt;
Auf das arme Zion bringt;
Weil ihr manches Heyl ver-
dorben;
Wenn ein Held zu fruͤh ver-
ſtorben.
Zion iſt gantz angſt und
bange,
Daß die Boͤſen all zu lange,
Jhm zum Hohn, im Wege ſtehn
Und mit grauen Haaren gehn.
Zion wuͤnſchet ſeinen Schaa-
ren
Knechte, mit viel hundert Jah-
ren,
Daß es nicht bey dunckeln
Schein,
Faſt verlaſſen muͤſſe ſeyn.
Zion
Die Gemeinſchaft Maͤrckſcher
Bruͤder,
Und der Schweſtern, welche
Glieder,
Der wahrhaften Zions-Macht,
Die dem HErrn ihr Hertz ge-
bracht,
Durch diß Blaͤtgen zu er-
neuern,
Und ihr Creutz-Feſt mit zu
feyern.
Was iſt nutz an meinem Leben?
Was hat mir der HErr ge-
geben,
Das nicht einen ieden Tag
Andern Bruͤdern werden mag?
Wem iſt mehr daran gelegen,
Als dem JEſu, der den Se-
gen,
Der die Ewigkeit durchdringt,
Selber auf ſein Zion bringt?
Wenn iſt ihm ein Werck ver-
dorben,
Wenn ein Knecht zu fruͤh ge-
ſtorben?
Dem Propheten ward wol
bange,
Daß er ſelber allzu lange
Solte unter Meſech ſtehn,
Und in Kedars Zelten gehn:
Aber ach! die armen Schaa-
ren,
Deren Narrn von hundert
Jahren,
Brauchen oft vom Gnaden-
Schein
Laͤnger angeblickt zu ſeyn.
JEſus
O 2
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Zitationshilfe: | Zinzendorf, Nicolaus Ludwig von: Teutscher Gedichte Erster Theil. Herrnhuth, 1735, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zinzendorf_gedichte_1735/221>, abgerufen am 16.02.2025. |