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Zinzendorf, Nicolaus Ludwig von: Teutscher Gedichte Erster Theil. Herrnhuth, 1735.

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1729.

Sie wolte freyn, die Gottheit warb um sie,
Sie ließ den Mann, und sprach: HErr ich bin hie!

Bestehet ihr in solcher edlen Gnade,
Und gebt euch GOtt auf Band und Freyheit hin,
So bleibet euch ein unverrückter Sinn,
So wachst ihr in der Kraft von Grad zu Grade.
Jhr denckt an nichts, als was euch GOtt gebeut,
Und bleibet frey, wenn ihr gebunden seyd.
HErr JEsu! der du dich als Kindlein regtest,
Wir opfern dir die gantze Kinder-Schaar,
Die ie und ie deins Hertzens Lust-Spiel war,
Und die du auch so manchesmal bewegtest,
Ach Geist des HErrn! komm überschatte sie,
Ach Vater! zeuch ihr Hertze, sie sind hie.
LXXIX. Auf ein Ehe-Jubiläum zu Groß-
Hennersdorf.
OSalomo! hie sind die Menschen-Kinder,
Die haben sich schon funfzig Jahr geliebt,
Jn Freud und Leid gemeynet und geübt.
Wie lange ists, du Seelen-Uberwinder,
Daß du uns überredt und wirs gewagt,
Daß wir die Eh einander zugesagt!
O grosser GOtt! wie viele sind vorhanden.
Die dich als GOtt in Wahrheit angebett,
Die dich als HErrn von Hertzen angeredt,
Die deine Meisterschaft im Geist verstanden:
Wer ist, der deine Hirten-Stäbe kennt,
Wer aber, der dich Lieb in Wollust nennt.
Ach Liebe! ach die meisten Menschen gehen
Mit hohem Aug und krummer Seele hin,
Sie haben einen niederträchtgen Sinn,
Und lassen sich auch nicht zu dir erhöhen.
Die Leiter zu dem Himmel heisset Creutz,
Und diesem Steg entweicht man allerseits.
Des

1729.

Sie wolte freyn, die Gottheit warb um ſie,
Sie ließ den Mann, und ſprach: HErr ich bin hie!

Beſtehet ihr in ſolcher edlen Gnade,
Und gebt euch GOtt auf Band und Freyheit hin,
So bleibet euch ein unverruͤckter Sinn,
So wachſt ihr in der Kraft von Grad zu Grade.
Jhr denckt an nichts, als was euch GOtt gebeut,
Und bleibet frey, wenn ihr gebunden ſeyd.
HErr JEſu! der du dich als Kindlein regteſt,
Wir opfern dir die gantze Kinder-Schaar,
Die ie und ie deins Hertzens Luſt-Spiel war,
Und die du auch ſo manchesmal bewegteſt,
Ach Geiſt des HErrn! komm uͤberſchatte ſie,
Ach Vater! zeuch ihr Hertze, ſie ſind hie.
LXXIX. Auf ein Ehe-Jubilaͤum zu Groß-
Hennersdorf.
OSalomo! hie ſind die Menſchen-Kinder,
Die haben ſich ſchon funfzig Jahr geliebt,
Jn Freud und Leid gemeynet und geuͤbt.
Wie lange iſts, du Seelen-Uberwinder,
Daß du uns uͤberredt und wirs gewagt,
Daß wir die Eh einander zugeſagt!
O groſſer GOtt! wie viele ſind vorhanden.
Die dich als GOtt in Wahrheit angebett,
Die dich als HErrn von Hertzen angeredt,
Die deine Meiſterſchaft im Geiſt verſtanden:
Wer iſt, der deine Hirten-Staͤbe kennt,
Wer aber, der dich Lieb in Wolluſt nennt.
Ach Liebe! ach die meiſten Menſchen gehen
Mit hohem Aug und krummer Seele hin,
Sie haben einen niedertraͤchtgen Sinn,
Und laſſen ſich auch nicht zu dir erhoͤhen.
Die Leiter zu dem Himmel heiſſet Creutz,
Und dieſem Steg entweicht man allerſeits.
Des
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[186/0196] 1729. Sie wolte freyn, die Gottheit warb um ſie, Sie ließ den Mann, und ſprach: HErr ich bin hie! Beſtehet ihr in ſolcher edlen Gnade, Und gebt euch GOtt auf Band und Freyheit hin, So bleibet euch ein unverruͤckter Sinn, So wachſt ihr in der Kraft von Grad zu Grade. Jhr denckt an nichts, als was euch GOtt gebeut, Und bleibet frey, wenn ihr gebunden ſeyd. HErr JEſu! der du dich als Kindlein regteſt, Wir opfern dir die gantze Kinder-Schaar, Die ie und ie deins Hertzens Luſt-Spiel war, Und die du auch ſo manchesmal bewegteſt, Ach Geiſt des HErrn! komm uͤberſchatte ſie, Ach Vater! zeuch ihr Hertze, ſie ſind hie. LXXIX. Auf ein Ehe-Jubilaͤum zu Groß- Hennersdorf. OSalomo! hie ſind die Menſchen-Kinder, Die haben ſich ſchon funfzig Jahr geliebt, Jn Freud und Leid gemeynet und geuͤbt. Wie lange iſts, du Seelen-Uberwinder, Daß du uns uͤberredt und wirs gewagt, Daß wir die Eh einander zugeſagt! O groſſer GOtt! wie viele ſind vorhanden. Die dich als GOtt in Wahrheit angebett, Die dich als HErrn von Hertzen angeredt, Die deine Meiſterſchaft im Geiſt verſtanden: Wer iſt, der deine Hirten-Staͤbe kennt, Wer aber, der dich Lieb in Wolluſt nennt. Ach Liebe! ach die meiſten Menſchen gehen Mit hohem Aug und krummer Seele hin, Sie haben einen niedertraͤchtgen Sinn, Und laſſen ſich auch nicht zu dir erhoͤhen. Die Leiter zu dem Himmel heiſſet Creutz, Und dieſem Steg entweicht man allerſeits. Des

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Zitationshilfe: Zinzendorf, Nicolaus Ludwig von: Teutscher Gedichte Erster Theil. Herrnhuth, 1735, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zinzendorf_gedichte_1735/196>, abgerufen am 28.11.2024.