Zesen, Philip von: Neues Buß- und Gebätt-buch. Schaffhausen, 1660.Morgenseuffzer. gleich aufgehen/ und die schwarze Finsternußmeiner seelen/ den greülichen sünden-schwarm/ vertreiben möchte! Ach! wann doch mit den lei- bes-augen zugleich/ und straks jezund/ auch die augen meines Verstandts möchten erleüchtet werden/ daß ich die heilige Sonne/ die unver- gängliche Sonne/ die seeligmachende Sonne entblöset schauen/ und herzinniglichen grüssen könnte. Die nacht ist das bild der höllen da eine unaufhörliche nacht zugegen; der tag aber das bild deß himmels/ da ein jmmerwährender tag zu- finden. Ach! mein Gott/ mein Gott/ du ur- sprung deß wahren liechts/ du Sonne der Ge- rechtigkeit/ laß mich doch auch also das schröken der höllen überwinden/ gleich wie ich durch dei- ne gnade das schröken diser nacht überwunden und erweke in mir den vorschmak der unver- gänglichen freüdigkeit deß ewigen liechtes/ wie du mir eüsserlich die vergängliche freüdigkeit dises zeitlichen tageliechtes erweket. Ach! laß mich doch auch allhier einen strahl jenes ewigen tages von fernen erbliken; und wann es dir ge- fallen wirdt mich auß diser zeitligkeit in die ewi- ge ewigkeit zuversezen/ ach! so verleihe ja gnä- diglich/ daß ich würdig erfunden werde/ dort denselben deinen ewigwährenden tag/ dein al- lerheiligstes/ unaußlöschliches liecht/ deine ewig- scheinende Sonne/ ja dich selbst von angesicht zu
Morgenſeuffzer. gleich aufgehen/ und die ſchwarze Finſternußmeiner ſeelen/ den greülichen ſünden-ſchwarm/ vertreiben moͤchte! Ach! wann doch mit den lei- bes-augen zugleich/ und ſtraks jezund/ auch die augen meines Verſtandts moͤchten erleuͤchtet werden/ daß ich die heilige Sonne/ die unver- gaͤngliche Sonne/ die ſeeligmachende Sonne entbloͤſet ſchauen/ und herzinniglichen gruͤſſen koͤñte. Die nacht iſt das bild der hoͤllen da eine unaufhoͤrliche nacht zugegen; der tag aber das bild deß him̃els/ da ein jm̃erwaͤhrender tag zu- finden. Ach! mein Gott/ mein Gott/ du ur- ſprung deß wahren liechts/ du Soñe der Ge- rechtigkeit/ laß mich doch auch alſo das ſchroͤken der hoͤllen überwinden/ gleich wie ich durch dei- ne gnade das ſchroͤken diſer nacht uͤberwunden und erweke in mir den vorſchmak der unver- gaͤnglichen freüdigkeit deß ewigen liechtes/ wie du mir eüſſerlich die vergaͤngliche freüdigkeit diſes zeitlichen tageliechtes erweket. Ach! laß mich doch auch allhier einen ſtrahl jenes ewigen tages von fernen erbliken; und wann es dir ge- fallen wirdt mich auß diſer zeitligkeit in die ewi- ge ewigkeit zuverſezen/ ach! ſo verleihe ja gnaͤ- diglich/ daß ich würdig erfunden werde/ dort denſelben deinen ewigwaͤhrenden tag/ dein al- lerheiligſtes/ unaußloͤſchliches liecht/ deine ewig- ſcheinende Sonne/ ja dich ſelbſt von angeſicht zu
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Morgenſeuffzer.
gleich aufgehen/ und die ſchwarze Finſternuß
meiner ſeelen/ den greülichen ſünden-ſchwarm/
vertreiben moͤchte! Ach! wann doch mit den lei-
bes-augen zugleich/ und ſtraks jezund/ auch die
augen meines Verſtandts moͤchten erleuͤchtet
werden/ daß ich die heilige Sonne/ die unver-
gaͤngliche Sonne/ die ſeeligmachende Sonne
entbloͤſet ſchauen/ und herzinniglichen gruͤſſen
koͤñte. Die nacht iſt das bild der hoͤllen da eine
unaufhoͤrliche nacht zugegen; der tag aber das
bild deß him̃els/ da ein jm̃erwaͤhrender tag zu-
finden. Ach! mein Gott/ mein Gott/ du ur-
ſprung deß wahren liechts/ du Soñe der Ge-
rechtigkeit/ laß mich doch auch alſo das ſchroͤken
der hoͤllen überwinden/ gleich wie ich durch dei-
ne gnade das ſchroͤken diſer nacht uͤberwunden
und erweke in mir den vorſchmak der unver-
gaͤnglichen freüdigkeit deß ewigen liechtes/ wie
du mir eüſſerlich die vergaͤngliche freüdigkeit
diſes zeitlichen tageliechtes erweket. Ach! laß
mich doch auch allhier einen ſtrahl jenes ewigen
tages von fernen erbliken; und wann es dir ge-
fallen wirdt mich auß diſer zeitligkeit in die ewi-
ge ewigkeit zuverſezen/ ach! ſo verleihe ja gnaͤ-
diglich/ daß ich würdig erfunden werde/ dort
denſelben deinen ewigwaͤhrenden tag/ dein al-
lerheiligſtes/ unaußloͤſchliches liecht/ deine ewig-
ſcheinende Sonne/ ja dich ſelbſt von angeſicht
zu
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(2023-05-24T12:24:22Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
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