Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.

Bild:
<< vorherige Seite

Der Assenat
teilen könne/ ob die erzehlte auslegung des Göttlichert
ausspruches in allen stükken/ dem eigendlichen verstan-
de nach/ getroffen sei. Dan ich laße mich bedünken/ daß
gemelte Erklährung vom dem wahren und rechtem
grundziele zimlich weit abweichet/ und es nur seitwärts
und nebenhin berühret.

Die Jungfrau war über diesen reden sehr erfreuet.
Ja sie verlangte gleichsam mit schmertzen/ eine neue
und nähere Erklährung der dunkelen worte des Gött-
lichen ausspruches zu vernehmen. Was vor einen an-
genehmen dienst/ dachte sie bei sich selbst/ werde ich der
Königlichen Fürstin tuhn/ wan sie dieselbe aus mei-
nem munde wird erzehlen hören. Was vor einen lie-
ben dank werde ich bei der liebreichen Assenat erwer-
ben/ wan meine feder ihr solches offenbahren wird. Ja
mit was vor gnädigen anblikken wird Fürst Potifar
selbsten mir begegnen: und was vor eine gnädige Frau
werde ich wohl an der Fürstin Toote/ des Freuleins
Assenat Frau Mutter/ bekommen; wan ich ihnen die-
ses werde erzehlen müssen. Dan ich weis/ die König-
liche Fürstin wird nicht lange schweigen können. Sie
wird es der Fürstin Toote bald offenbahren; sonder-
lich wan dieses schönen Jünglings neue Erklährung
der Assenat ein grösseres glük/ wie ich verhoffe/ als
die erste/ verheisset. Ohne zweifel wird sie es tuhn. Oh-
ne zweifel stekt was großes darhinter. Ich sehe es die-
sem schönen Jünglinge an den augen an. Und darüm
wil ich ihm üm so viel lieber wilfahren. Darüm wil
ich ihm alles eröfnen/ was ich weis; und solches bald
bald.

Wohlan dan/ sagte sie zum Josef/ weil er das
vertrauen zu meiner wenigen wissenheit träget/ daß sie
ihm mehr als ihm bewust ist/ wiewohl ich aus seinen
reden sehe/ daß er schon viel weis/ zu offenbahren ge-
schikt sei; so wil ich seine bitte vor einen befehl anneh-

men/

Der Aſſenat
teilen koͤnne/ ob die erzehlte auslegung des Goͤttlichert
ausſpruches in allen ſtuͤkken/ dem eigendlichen verſtan-
de nach/ getroffen ſei. Dan ich laße mich beduͤnken/ daß
gemelte Erklaͤhrung vom dem wahren und rechtem
grundziele zimlich weit abweichet/ und es nur ſeitwaͤrts
und nebenhin beruͤhret.

Die Jungfrau war uͤber dieſen reden ſehr erfreuet.
Ja ſie verlangte gleichſam mit ſchmertzen/ eine neue
und naͤhere Erklaͤhrung der dunkelen worte des Goͤtt-
lichen ausſpruches zu vernehmen. Was vor einen an-
genehmen dienſt/ dachte ſie bei ſich ſelbſt/ werde ich der
Koͤniglichen Fuͤrſtin tuhn/ wan ſie dieſelbe aus mei-
nem munde wird erzehlen hoͤren. Was vor einen lie-
ben dank werde ich bei der liebreichen Aſſenat erwer-
ben/ wan meine feder ihr ſolches offenbahren wird. Ja
mit was vor gnaͤdigen anblikken wird Fuͤrſt Potifar
ſelbſten mir begegnen: und was vor eine gnaͤdige Frau
werde ich wohl an der Fuͤrſtin Toote/ des Freuleins
Aſſenat Frau Mutter/ bekommen; wan ich ihnen die-
ſes werde erzehlen muͤſſen. Dan ich weis/ die Koͤnig-
liche Fuͤrſtin wird nicht lange ſchweigen koͤnnen. Sie
wird es der Fuͤrſtin Toote bald offenbahren; ſonder-
lich wan dieſes ſchoͤnen Juͤnglings neue Erklaͤhrung
der Aſſenat ein groͤſſeres gluͤk/ wie ich verhoffe/ als
die erſte/ verheiſſet. Ohne zweifel wird ſie es tuhn. Oh-
ne zweifel ſtekt was großes darhinter. Ich ſehe es die-
ſem ſchoͤnen Juͤnglinge an den augen an. Und daruͤm
wil ich ihm uͤm ſo viel lieber wilfahren. Daruͤm wil
ich ihm alles eroͤfnen/ was ich weis; und ſolches bald
bald.

Wohlan dan/ ſagte ſie zum Joſef/ weil er das
vertrauen zu meiner wenigen wiſſenheit traͤget/ daß ſie
ihm mehr als ihm bewuſt iſt/ wiewohl ich aus ſeinen
reden ſehe/ daß er ſchon viel weis/ zu offenbahren ge-
ſchikt ſei; ſo wil ich ſeine bitte vor einen befehl anneh-

men/
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0058" n="34"/><fw place="top" type="header">Der A&#x017F;&#x017F;enat</fw><lb/>
teilen ko&#x0364;nne/ ob die erzehlte auslegung des Go&#x0364;ttlichert<lb/>
aus&#x017F;pruches in allen &#x017F;tu&#x0364;kken/ dem eigendlichen ver&#x017F;tan-<lb/>
de nach/ getroffen &#x017F;ei. Dan ich laße mich bedu&#x0364;nken/ daß<lb/>
gemelte Erkla&#x0364;hrung vom dem wahren und rechtem<lb/>
grundziele zimlich weit abweichet/ und es nur &#x017F;eitwa&#x0364;rts<lb/>
und nebenhin beru&#x0364;hret.</p><lb/>
        <p>Die Jungfrau war u&#x0364;ber die&#x017F;en reden &#x017F;ehr erfreuet.<lb/>
Ja &#x017F;ie verlangte gleich&#x017F;am mit &#x017F;chmertzen/ eine neue<lb/>
und na&#x0364;here Erkla&#x0364;hrung der dunkelen worte des Go&#x0364;tt-<lb/>
lichen aus&#x017F;pruches zu vernehmen. Was vor einen an-<lb/>
genehmen dien&#x017F;t/ dachte &#x017F;ie bei &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t/ werde ich der<lb/>
Ko&#x0364;niglichen Fu&#x0364;r&#x017F;tin tuhn/ wan &#x017F;ie die&#x017F;elbe aus mei-<lb/>
nem munde wird erzehlen ho&#x0364;ren. Was vor einen lie-<lb/>
ben dank werde ich bei der liebreichen <hi rendition="#fr">A&#x017F;&#x017F;enat</hi> erwer-<lb/>
ben/ wan meine feder ihr &#x017F;olches offenbahren wird. Ja<lb/>
mit was vor gna&#x0364;digen anblikken wird Fu&#x0364;r&#x017F;t <hi rendition="#fr">Potifar</hi><lb/>
&#x017F;elb&#x017F;ten mir begegnen: und was vor eine gna&#x0364;dige Frau<lb/>
werde ich wohl an der Fu&#x0364;r&#x017F;tin <hi rendition="#fr">Toote/</hi> des Freuleins<lb/><hi rendition="#fr">A&#x017F;&#x017F;enat</hi> Frau Mutter/ bekommen; wan ich ihnen die-<lb/>
&#x017F;es werde erzehlen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en. Dan ich weis/ die Ko&#x0364;nig-<lb/>
liche Fu&#x0364;r&#x017F;tin wird nicht lange &#x017F;chweigen ko&#x0364;nnen. Sie<lb/>
wird es der Fu&#x0364;r&#x017F;tin <hi rendition="#fr">Toote</hi> bald offenbahren; &#x017F;onder-<lb/>
lich wan die&#x017F;es &#x017F;cho&#x0364;nen Ju&#x0364;nglings neue Erkla&#x0364;hrung<lb/>
der <hi rendition="#fr">A&#x017F;&#x017F;enat</hi> ein gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;eres glu&#x0364;k/ wie ich verhoffe/ als<lb/>
die er&#x017F;te/ verhei&#x017F;&#x017F;et. Ohne zweifel wird &#x017F;ie es tuhn. Oh-<lb/>
ne zweifel &#x017F;tekt was großes darhinter. Ich &#x017F;ehe es die-<lb/>
&#x017F;em &#x017F;cho&#x0364;nen Ju&#x0364;nglinge an den augen an. Und daru&#x0364;m<lb/>
wil ich ihm u&#x0364;m &#x017F;o viel lieber wilfahren. Daru&#x0364;m wil<lb/>
ich ihm alles ero&#x0364;fnen/ was ich weis; und &#x017F;olches bald<lb/>
bald.</p><lb/>
        <p>Wohlan dan/ &#x017F;agte &#x017F;ie zum <hi rendition="#fr">Jo&#x017F;ef/</hi> weil er das<lb/>
vertrauen zu meiner wenigen wi&#x017F;&#x017F;enheit tra&#x0364;get/ daß &#x017F;ie<lb/>
ihm mehr als ihm bewu&#x017F;t i&#x017F;t/ wiewohl ich aus &#x017F;einen<lb/>
reden &#x017F;ehe/ daß er &#x017F;chon viel weis/ zu offenbahren ge-<lb/>
&#x017F;chikt &#x017F;ei; &#x017F;o wil ich &#x017F;eine bitte vor einen befehl anneh-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">men/</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[34/0058] Der Aſſenat teilen koͤnne/ ob die erzehlte auslegung des Goͤttlichert ausſpruches in allen ſtuͤkken/ dem eigendlichen verſtan- de nach/ getroffen ſei. Dan ich laße mich beduͤnken/ daß gemelte Erklaͤhrung vom dem wahren und rechtem grundziele zimlich weit abweichet/ und es nur ſeitwaͤrts und nebenhin beruͤhret. Die Jungfrau war uͤber dieſen reden ſehr erfreuet. Ja ſie verlangte gleichſam mit ſchmertzen/ eine neue und naͤhere Erklaͤhrung der dunkelen worte des Goͤtt- lichen ausſpruches zu vernehmen. Was vor einen an- genehmen dienſt/ dachte ſie bei ſich ſelbſt/ werde ich der Koͤniglichen Fuͤrſtin tuhn/ wan ſie dieſelbe aus mei- nem munde wird erzehlen hoͤren. Was vor einen lie- ben dank werde ich bei der liebreichen Aſſenat erwer- ben/ wan meine feder ihr ſolches offenbahren wird. Ja mit was vor gnaͤdigen anblikken wird Fuͤrſt Potifar ſelbſten mir begegnen: und was vor eine gnaͤdige Frau werde ich wohl an der Fuͤrſtin Toote/ des Freuleins Aſſenat Frau Mutter/ bekommen; wan ich ihnen die- ſes werde erzehlen muͤſſen. Dan ich weis/ die Koͤnig- liche Fuͤrſtin wird nicht lange ſchweigen koͤnnen. Sie wird es der Fuͤrſtin Toote bald offenbahren; ſonder- lich wan dieſes ſchoͤnen Juͤnglings neue Erklaͤhrung der Aſſenat ein groͤſſeres gluͤk/ wie ich verhoffe/ als die erſte/ verheiſſet. Ohne zweifel wird ſie es tuhn. Oh- ne zweifel ſtekt was großes darhinter. Ich ſehe es die- ſem ſchoͤnen Juͤnglinge an den augen an. Und daruͤm wil ich ihm uͤm ſo viel lieber wilfahren. Daruͤm wil ich ihm alles eroͤfnen/ was ich weis; und ſolches bald bald. Wohlan dan/ ſagte ſie zum Joſef/ weil er das vertrauen zu meiner wenigen wiſſenheit traͤget/ daß ſie ihm mehr als ihm bewuſt iſt/ wiewohl ich aus ſeinen reden ſehe/ daß er ſchon viel weis/ zu offenbahren ge- ſchikt ſei; ſo wil ich ſeine bitte vor einen befehl anneh- men/

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/58
Zitationshilfe: Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/58>, abgerufen am 08.05.2024.