Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.

Bild:
<< vorherige Seite

Anmärkungen
stein in zwei fallen lesset. Und durch einen solchen
schildkröhtenwurf hat Eschiles/ der Trauerschauspie-
le erfinder/ wie Kwintilian bezeuget/ sein leben ein-
gebüßet. Dan als er unter dem bloßen himmel bloßes
heuptes saß/ da warf ihm einer von diesen Adlern/ der
seine glatze vor einen stein ansahe/ im flügen eine
Schildkröhte auf das heupt/ dergestalt daß es zer-
schmettert ward; wie Valerius Maximus im 12 h.
seines 9 b. erzehlet. Besiehe auch unsere Horazische
Sittenlehre/
am 64 und 65 bl. des 2 Teiles. Der
Fischadler/ Haliaeetus, Aquila marina, welcher der
schwächste unter allen: der Weisschwantz/ Pygargus,
welcher am allerlängsten lebet; weil er sein weiblein
selten/ und anders nicht/ als mit großen schmertzen der
augen/ besteiget. Welcher unter diesen sechs geschlech-
tern der Adler den Egiptern sei heilig gewesen/ stehet
im zweifel. Doch urteilen etliche/ daß es der erste/
nähmlich der Beinbrecher/ als der edleste/ guhtahr-
tigste und stärkeste/ sei. Warüm er aber dem Jupiter
geheiliget/ und unter das Gestirne gesetzt worden/
darvon kan unser Dichterischer Sternhimmel am
175/ 176/ 177 und 178 blatte gelesen werden.

Von den übrigen Tieren und Vogeln haben wir
schon hier und dar meistenteils erklährung getahn.
Darüm wollen wir nur allein noch etwas vom Son-
nenvogel
beibringen. Also nennen wir den vogel
Fönix auf Hochdeutsch/ gleichwie er auch bei den La-
teinern Avis Titania, und Soligena heisset: weil er/
durch die aufgehenden sonnenstrahlen/ gleichsam wie-
dergebohren wird/ und derselben gläntzende farbe füh-
ret; daher er auch phoinix heisset/ und nicht vom bau-
me Fönix/ welcher eine gattung der Palmen ist/
und/ nachdem er verwelket/ sich aus sich selbsten ver-
[j]ünget/ wie Plinius in 2 h. des 10 b. meinet. Von
seinem alter/ als auch vom orte/ da er sich aufhelt/

und

Anmaͤrkungen
ſtein in zwei fallen leſſet. Und durch einen ſolchen
ſchildkroͤhtenwurf hat Eſchiles/ der Trauerſchauſpie-
le erfinder/ wie Kwintilian bezeuget/ ſein leben ein-
gebuͤßet. Dan als er unter dem bloßen himmel bloßes
heuptes ſaß/ da warf ihm einer von dieſen Adlern/ der
ſeine glatze vor einen ſtein anſahe/ im fluͤgen eine
Schildkroͤhte auf das heupt/ dergeſtalt daß es zer-
ſchmettert ward; wie Valerius Maximus im 12 h.
ſeines 9 b. erzehlet. Beſiehe auch unſere Horaziſche
Sittenlehre/
am 64 und 65 bl. des 2 Teiles. Der
Fiſchadler/ Haliæetus, Aquila marina, welcher der
ſchwaͤchſte unter allen: der Weisſchwantz/ Pygargus,
welcher am allerlaͤngſten lebet; weil er ſein weiblein
ſelten/ und anders nicht/ als mit großen ſchmertzen der
augen/ beſteiget. Welcher unter dieſen ſechs geſchlech-
tern der Adler den Egiptern ſei heilig geweſen/ ſtehet
im zweifel. Doch urteilen etliche/ daß es der erſte/
naͤhmlich der Beinbrecher/ als der edleſte/ guhtahr-
tigſte und ſtaͤrkeſte/ ſei. Waruͤm er aber dem Jupiter
geheiliget/ und unter das Geſtirne geſetzt worden/
darvon kan unſer Dichteriſcher Sternhimmel am
175/ 176/ 177 und 178 blatte geleſen werden.

Von den uͤbrigen Tieren und Vogeln haben wir
ſchon hier und dar meiſtenteils erklaͤhrung getahn.
Daruͤm wollen wir nur allein noch etwas vom Son-
nenvogel
beibringen. Alſo nennen wir den vogel
Foͤnix auf Hochdeutſch/ gleichwie er auch bei den La-
teinern Avis Titania, und Soligena heiſſet: weil er/
durch die aufgehenden ſonnenſtrahlen/ gleichſam wie-
dergebohren wird/ und derſelben glaͤntzende farbe fuͤh-
ret; daher er auch ϕοίνιξ heiſſet/ und nicht vom bau-
me Foͤnix/ welcher eine gattung der Palmen iſt/
und/ nachdem er verwelket/ ſich aus ſich ſelbſten ver-
[j]uͤnget/ wie Plinius in 2 h. des 10 b. meinet. Von
ſeinem alter/ als auch vom orte/ da er ſich aufhelt/

und
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0519" n="495"/><fw place="top" type="header">Anma&#x0364;rkungen</fw><lb/>
&#x017F;tein in zwei fallen le&#x017F;&#x017F;et. Und durch einen &#x017F;olchen<lb/>
&#x017F;childkro&#x0364;htenwurf hat <hi rendition="#fr">E&#x017F;chiles/</hi> der Trauer&#x017F;chau&#x017F;pie-<lb/>
le erfinder/ wie <hi rendition="#fr">Kwintilian</hi> bezeuget/ &#x017F;ein leben ein-<lb/>
gebu&#x0364;ßet. Dan als er unter dem bloßen himmel bloßes<lb/>
heuptes &#x017F;aß/ da warf ihm einer von die&#x017F;en Adlern/ der<lb/>
&#x017F;eine glatze vor einen &#x017F;tein an&#x017F;ahe/ im flu&#x0364;gen eine<lb/>
Schildkro&#x0364;hte auf das heupt/ derge&#x017F;talt daß es zer-<lb/>
&#x017F;chmettert ward; wie <hi rendition="#fr">Valerius Maximus</hi> im 12 h.<lb/>
&#x017F;eines 9 b. erzehlet. Be&#x017F;iehe auch un&#x017F;ere <hi rendition="#fr">Horazi&#x017F;che<lb/>
Sittenlehre/</hi> am 64 und 65 bl. des 2 Teiles. Der<lb/><hi rendition="#fr">Fi&#x017F;chadler/</hi> <hi rendition="#aq">Haliæetus, Aquila marina,</hi> welcher der<lb/>
&#x017F;chwa&#x0364;ch&#x017F;te unter allen: der <hi rendition="#fr">Weis&#x017F;chwantz/</hi> <hi rendition="#aq">Pygargus,</hi><lb/>
welcher am allerla&#x0364;ng&#x017F;ten lebet; weil er &#x017F;ein weiblein<lb/>
&#x017F;elten/ und anders nicht/ als mit großen &#x017F;chmertzen der<lb/>
augen/ be&#x017F;teiget. Welcher unter die&#x017F;en &#x017F;echs ge&#x017F;chlech-<lb/>
tern der Adler den Egiptern &#x017F;ei heilig gewe&#x017F;en/ &#x017F;tehet<lb/>
im zweifel. Doch urteilen etliche/ daß es der er&#x017F;te/<lb/>
na&#x0364;hmlich der <hi rendition="#fr">Beinbrecher/</hi> als der edle&#x017F;te/ guhtahr-<lb/>
tig&#x017F;te und &#x017F;ta&#x0364;rke&#x017F;te/ &#x017F;ei. Waru&#x0364;m er aber dem Jupiter<lb/>
geheiliget/ und unter das Ge&#x017F;tirne ge&#x017F;etzt worden/<lb/>
darvon kan un&#x017F;er <hi rendition="#fr">Dichteri&#x017F;cher Sternhimmel</hi> am<lb/>
175/ 176/ 177 und 178 blatte gele&#x017F;en werden.</p><lb/>
            <p>Von den u&#x0364;brigen Tieren und Vogeln haben wir<lb/>
&#x017F;chon hier und dar mei&#x017F;tenteils erkla&#x0364;hrung getahn.<lb/>
Daru&#x0364;m wollen wir nur allein noch etwas vom <hi rendition="#fr">Son-<lb/>
nenvogel</hi> beibringen. Al&#x017F;o nennen wir den vogel<lb/><hi rendition="#fr">Fo&#x0364;nix</hi> auf Hochdeut&#x017F;ch/ gleichwie er auch bei den La-<lb/>
teinern <hi rendition="#aq">Avis Titania,</hi> und <hi rendition="#aq">Soligena</hi> hei&#x017F;&#x017F;et: weil er/<lb/>
durch die aufgehenden &#x017F;onnen&#x017F;trahlen/ gleich&#x017F;am wie-<lb/>
dergebohren wird/ und der&#x017F;elben gla&#x0364;ntzende farbe fu&#x0364;h-<lb/>
ret; daher er auch &#x03D5;&#x03BF;&#x03AF;&#x03BD;&#x03B9;&#x03BE; hei&#x017F;&#x017F;et/ und nicht vom bau-<lb/>
me <hi rendition="#fr">Fo&#x0364;nix/</hi> welcher eine gattung der <hi rendition="#fr">Palmen</hi> i&#x017F;t/<lb/>
und/ nachdem er verwelket/ &#x017F;ich aus &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;ten ver-<lb/><supplied>j</supplied>u&#x0364;nget/ wie <hi rendition="#fr">Plinius</hi> in 2 h. des 10 b. meinet. Von<lb/>
&#x017F;einem alter/ als auch vom orte/ da er &#x017F;ich aufhelt/<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">und</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[495/0519] Anmaͤrkungen ſtein in zwei fallen leſſet. Und durch einen ſolchen ſchildkroͤhtenwurf hat Eſchiles/ der Trauerſchauſpie- le erfinder/ wie Kwintilian bezeuget/ ſein leben ein- gebuͤßet. Dan als er unter dem bloßen himmel bloßes heuptes ſaß/ da warf ihm einer von dieſen Adlern/ der ſeine glatze vor einen ſtein anſahe/ im fluͤgen eine Schildkroͤhte auf das heupt/ dergeſtalt daß es zer- ſchmettert ward; wie Valerius Maximus im 12 h. ſeines 9 b. erzehlet. Beſiehe auch unſere Horaziſche Sittenlehre/ am 64 und 65 bl. des 2 Teiles. Der Fiſchadler/ Haliæetus, Aquila marina, welcher der ſchwaͤchſte unter allen: der Weisſchwantz/ Pygargus, welcher am allerlaͤngſten lebet; weil er ſein weiblein ſelten/ und anders nicht/ als mit großen ſchmertzen der augen/ beſteiget. Welcher unter dieſen ſechs geſchlech- tern der Adler den Egiptern ſei heilig geweſen/ ſtehet im zweifel. Doch urteilen etliche/ daß es der erſte/ naͤhmlich der Beinbrecher/ als der edleſte/ guhtahr- tigſte und ſtaͤrkeſte/ ſei. Waruͤm er aber dem Jupiter geheiliget/ und unter das Geſtirne geſetzt worden/ darvon kan unſer Dichteriſcher Sternhimmel am 175/ 176/ 177 und 178 blatte geleſen werden. Von den uͤbrigen Tieren und Vogeln haben wir ſchon hier und dar meiſtenteils erklaͤhrung getahn. Daruͤm wollen wir nur allein noch etwas vom Son- nenvogel beibringen. Alſo nennen wir den vogel Foͤnix auf Hochdeutſch/ gleichwie er auch bei den La- teinern Avis Titania, und Soligena heiſſet: weil er/ durch die aufgehenden ſonnenſtrahlen/ gleichſam wie- dergebohren wird/ und derſelben glaͤntzende farbe fuͤh- ret; daher er auch ϕοίνιξ heiſſet/ und nicht vom bau- me Foͤnix/ welcher eine gattung der Palmen iſt/ und/ nachdem er verwelket/ ſich aus ſich ſelbſten ver- juͤnget/ wie Plinius in 2 h. des 10 b. meinet. Von ſeinem alter/ als auch vom orte/ da er ſich aufhelt/ und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/519
Zitationshilfe: Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670, S. 495. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/519>, abgerufen am 18.05.2024.