Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.Der Assenat hen. Alhier war es/ da man das Freulein Assenat vordem Sonnenbilde niederlegte. Der Ertzbischof täht erst sein gebeht. Darnach traht er zu einem Bekken; welches vor dem Sonnenbilde mit Nielwasser gefüllet stund. Alda sprach er etliche beschwörungs worte: und Potifar selbst täht seine itztgemeldte zweifache frage. Straks hierauf begunte sich das wasser zu bewegen. Es sprang wallen- oder vielmehr hügel-weise in die hö- he. Das war ein zeichen/ daß die Gottheit sich/ die fra- ge zu beantworten/ hinein begeben. Darnach drehete sich das wasser/ als in einem kreuse/ herüm. Endlich hörete man ein dunkeles zischen/ mit einer gleichsam lispelnden stimme: daraus man diese worte gantz ei- gendlich vernehmen konte. Imfal man dieses Kind mir heiligt straks itzund: so wird es/ wan der Niel ist zwanzig mahl gestiegen/ in eines Fremden arm' aufs höchst' erhöhet liegen. Egipten/ schikke dich zu ehren beider mund. Weil nun Potifar diese des Sonnengottes Aus- Schweerlich konte Potifar sich hierzu entschliessen. ter
Der Aſſenat hen. Alhier war es/ da man das Freulein Aſſenat vordem Sonnenbilde niederlegte. Der Ertzbiſchof taͤht erſt ſein gebeht. Darnach traht er zu einem Bekken; welches vor dem Sonnenbilde mit Nielwaſſer gefuͤllet ſtund. Alda ſprach er etliche beſchwoͤrungs worte: und Potifar ſelbſt taͤht ſeine itztgemeldte zweifache frage. Straks hierauf begunte ſich das waſſer zu bewegen. Es ſprang wållen- oder vielmehr huͤgel-weiſe in die hoͤ- he. Das war ein zeichen/ daß die Gottheit ſich/ die fra- ge zu beantworten/ hinein begeben. Darnach drehete ſich das waſſer/ als in einem kreuſe/ heruͤm. Endlich hoͤrete man ein dunkeles ziſchen/ mit einer gleichſam liſpelnden ſtimme: daraus man dieſe worte gantz ei- gendlich vernehmen konte. Imfal man dieſes Kind mir heiligt ſtraks itzund: ſo wird es/ wan der Niel iſt zwanzig mahl geſtiegen/ in eines Fremden arm’ aufs hoͤchſt’ erhoͤhet liegen. Egipten/ ſchikke dich zu ehren beider mund. Weil nun Potifar dieſe des Sonnengottes Aus- Schweerlich konte Potifar ſich hierzu entſchlieſſen. ter
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Der Aſſenat
hen. Alhier war es/ da man das Freulein Aſſenat vor
dem Sonnenbilde niederlegte. Der Ertzbiſchof taͤht
erſt ſein gebeht. Darnach traht er zu einem Bekken;
welches vor dem Sonnenbilde mit Nielwaſſer gefuͤllet
ſtund. Alda ſprach er etliche beſchwoͤrungs worte: und
Potifar ſelbſt taͤht ſeine itztgemeldte zweifache frage.
Straks hierauf begunte ſich das waſſer zu bewegen.
Es ſprang wållen- oder vielmehr huͤgel-weiſe in die hoͤ-
he. Das war ein zeichen/ daß die Gottheit ſich/ die fra-
ge zu beantworten/ hinein begeben. Darnach drehete
ſich das waſſer/ als in einem kreuſe/ heruͤm. Endlich
hoͤrete man ein dunkeles ziſchen/ mit einer gleichſam
liſpelnden ſtimme: daraus man dieſe worte gantz ei-
gendlich vernehmen konte.
Imfal man dieſes Kind mir heiligt ſtraks itzund:
ſo wird es/ wan der Niel iſt zwanzig mahl geſtiegen/
in eines Fremden arm’ aufs hoͤchſt’ erhoͤhet liegen.
Egipten/ ſchikke dich zu ehren beider mund.
Weil nun Potifar dieſe des Sonnengottes Aus-
ſprache nicht eigendlich verſtehen konte; ſo ging er mit
dem Ertzbiſchoffe eine guhte weile daruͤber zu rahte.
Im erſten reimbande war ſeiner frage voͤrderſtes teil
zwar deutlich genug beantwortet: naͤhmlich daß er ſeine
Freulein tochter alſobald dem Sonnengotte heiligen
ſolte. Aber wie und auf waſſerlei weiſe ſolches begehret
wuͤrde/ war nicht angedeutet. Doch machte er dieſen
ſchlus. Weil er ſelbſt gefraget/ wie man das Freulein
Aſſenat am beſten erziehen ſolte? daß des Sonnen-
gottes meinung ſei/ daß ſie zu Heliopel/ in der Son-
nenſtadt/ weil er alda ſein Heiligtuhm und wohnung
hette/ muͤſte erzogen/ und in ſolcher erziehung/ gleich-
ſam von der Welt abgeſondert werden.
Schweerlich konte Potifar ſich hierzu entſchlieſſen.
Schweerlich konte er ſo gar bald von ſeiner lieben Toch-
ter
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