Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.Kurtzbündige scheuet/ genennet. Den die Indier Kayman heis-sen/ ist zwar auch von der ahrt der Krokodillen/ aber viel kleiner/ als die Egiptischen; wiewohl er so stark zubeis- sen kan/ daß er einem menschen mit einem bisse plötz- lich den fuß ablöset. Er wird gemeiniglich unter die gattungen der Schlangen gezehlet: welches auch sein schwantz aus weiset/ der eben so lang ist als der rumpf; in dessen rükkengrahte man 60 würbelbeine zehlet. Sein lauf ist sehr schnäl: aber des steiffen rükken- grahts wegen/ kan er sich übel ümdrehen oder krümmen. Wan ihn der hunger/ den er vier tage vertragen kan/ drükket; so pfleget er zu weinen/ wie ein Mensch/ die menschen/ wie man sagt/ anzulokken/ damit er sie fref- en möge. Daher werden die betrügerischen trähnen Krokodilsträhnen genennet. Wer mehr vom Kro- kodille zu wissen begehret/ der kan den Aldrovand/ und Jonstohn von den Tieren aufschlagen. Zu den drei letzten zeilen des 87 blats. DEn Habicht nennen die Egipter Bai-et/ das ist levi
Kurtzbuͤndige ſcheuet/ genennet. Den die Indier Kayman heiſ-ſen/ iſt zwar auch von der ahrt der Krokodillen/ aber viel kleiner/ als die Egiptiſchen; wiewohl er ſo ſtark zubeiſ- ſen kan/ daß er einem menſchen mit einem biſſe ploͤtz- lich den fuß abloͤſet. Er wird gemeiniglich unter die gattungen der Schlangen gezehlet: welches auch ſein ſchwantz aus weiſet/ der eben ſo lang iſt als der rumpf; in deſſen ruͤkkengrahte man 60 wuͤrbelbeine zehlet. Sein lauf iſt ſehr ſchnaͤl: aber des ſteiffen ruͤkken- grahts wegen/ kan er ſich uͤbel uͤmdrehen oder kruͤm̃en. Wan ihn der hunger/ den er vier tage vertragen kan/ druͤkket; ſo pfleget er zu weinen/ wie ein Menſch/ die menſchen/ wie man ſagt/ anzulokken/ damit er ſie fref- en moͤge. Daher werden die betruͤgeriſchen traͤhnen Krokodilstraͤhnen genennet. Wer mehr vom Kro- kodille zu wiſſen begehret/ der kan den Aldrovand/ und Jonſtohn von den Tieren aufſchlagen. Zu den drei letzten zeilen des 87 blats. DEn Habicht nennen die Egipter Bai-et/ das iſt levi
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0462" n="438"/><fw place="top" type="header">Kurtzbuͤndige</fw><lb/><hi rendition="#fr">ſcheuet/</hi> genennet. Den die Indier <hi rendition="#aq">Kayman</hi> heiſ-<lb/> ſen/ iſt zwar auch von der ahrt der Krokodillen/ aber viel<lb/> kleiner/ als die Egiptiſchen; wiewohl er ſo ſtark zubeiſ-<lb/> ſen kan/ daß er einem menſchen mit einem biſſe ploͤtz-<lb/> lich den fuß abloͤſet. Er wird gemeiniglich unter die<lb/> gattungen der Schlangen gezehlet: welches auch ſein<lb/> ſchwantz aus weiſet/ der eben ſo lang iſt als der rumpf;<lb/> in deſſen ruͤkkengrahte man 60 wuͤrbelbeine zehlet.<lb/> Sein lauf iſt ſehr ſchnaͤl: aber des ſteiffen ruͤkken-<lb/> grahts wegen/ kan er ſich uͤbel uͤmdrehen oder kruͤm̃en.<lb/> Wan ihn der hunger/ den er vier tage vertragen kan/<lb/> druͤkket; ſo pfleget er zu weinen/ wie ein Menſch/ die<lb/> menſchen/ wie man ſagt/ anzulokken/ damit er ſie fref-<lb/> en moͤge. Daher werden die betruͤgeriſchen traͤhnen<lb/><hi rendition="#fr">Krokodilstraͤhnen</hi> genennet. Wer mehr vom Kro-<lb/> kodille zu wiſſen begehret/ der kan den <hi rendition="#fr">Aldrovand/</hi><lb/> und <hi rendition="#fr">Jonſtohn</hi> von den Tieren aufſchlagen.</p> </div><lb/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#fr">Zu den drei letzten zeilen des 87 blats.</hi> </head><lb/> <p><hi rendition="#in">D</hi>En <hi rendition="#fr">Habicht</hi> nennen die Egipter <hi rendition="#fr">Bai-et/</hi> das iſt<lb/><hi rendition="#fr">ſeelen-hertz/</hi> oder <hi rendition="#fr">eine behertzte ſeele;</hi> weil ſei-<lb/> ne feurige natur mit der Seelen natur uͤbereinkommet.<lb/> Daher iſt er auch bei ihnen der Seele ſinbild: derer uͤm-<lb/> ſchweif/ wie die Egipter meinen/ das Hertz iſt. Daß<lb/> aber die Seele eine feurige eigenſchaft an ſich habe/<lb/> darinnen ſtimmen/ mit den Egiptern/ die Griechen<lb/> und Roͤhmer uͤberein. Unter den Roͤhmern ſagt <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">Fa-<lb/> bius</hi></hi> in ſeiner 10 Rede: <hi rendition="#aq">Animam flammei vigoris im-<lb/> petum, perennitatemque non ex noſtro igne ſumen-<lb/> tem, ſed quo ſidera volant, & quo ſacri torquentur<lb/> axes, inde venire, unde rerum omnium auctorem pa-<lb/> rentemque ſpiritum ducimus, nec interire, nec ullo<lb/> mortalitatis affici fato. Sed quoties humani corporis<lb/> carcerem effregerit, & exonerata membris mortalibus</hi><lb/> <fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq">levi</hi></fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [438/0462]
Kurtzbuͤndige
ſcheuet/ genennet. Den die Indier Kayman heiſ-
ſen/ iſt zwar auch von der ahrt der Krokodillen/ aber viel
kleiner/ als die Egiptiſchen; wiewohl er ſo ſtark zubeiſ-
ſen kan/ daß er einem menſchen mit einem biſſe ploͤtz-
lich den fuß abloͤſet. Er wird gemeiniglich unter die
gattungen der Schlangen gezehlet: welches auch ſein
ſchwantz aus weiſet/ der eben ſo lang iſt als der rumpf;
in deſſen ruͤkkengrahte man 60 wuͤrbelbeine zehlet.
Sein lauf iſt ſehr ſchnaͤl: aber des ſteiffen ruͤkken-
grahts wegen/ kan er ſich uͤbel uͤmdrehen oder kruͤm̃en.
Wan ihn der hunger/ den er vier tage vertragen kan/
druͤkket; ſo pfleget er zu weinen/ wie ein Menſch/ die
menſchen/ wie man ſagt/ anzulokken/ damit er ſie fref-
en moͤge. Daher werden die betruͤgeriſchen traͤhnen
Krokodilstraͤhnen genennet. Wer mehr vom Kro-
kodille zu wiſſen begehret/ der kan den Aldrovand/
und Jonſtohn von den Tieren aufſchlagen.
Zu den drei letzten zeilen des 87 blats.
DEn Habicht nennen die Egipter Bai-et/ das iſt
ſeelen-hertz/ oder eine behertzte ſeele; weil ſei-
ne feurige natur mit der Seelen natur uͤbereinkommet.
Daher iſt er auch bei ihnen der Seele ſinbild: derer uͤm-
ſchweif/ wie die Egipter meinen/ das Hertz iſt. Daß
aber die Seele eine feurige eigenſchaft an ſich habe/
darinnen ſtimmen/ mit den Egiptern/ die Griechen
und Roͤhmer uͤberein. Unter den Roͤhmern ſagt Fa-
bius in ſeiner 10 Rede: Animam flammei vigoris im-
petum, perennitatemque non ex noſtro igne ſumen-
tem, ſed quo ſidera volant, & quo ſacri torquentur
axes, inde venire, unde rerum omnium auctorem pa-
rentemque ſpiritum ducimus, nec interire, nec ullo
mortalitatis affici fato. Sed quoties humani corporis
carcerem effregerit, & exonerata membris mortalibus
levi
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/462 |
Zitationshilfe: | Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670, S. 438. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/462>, abgerufen am 17.02.2025. |