Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.Der Assenat die königliche Fürstin Nitokris vernehmen. Diesewolte vor unmuht bärsten/ vor hertzweh verschmachten/ ja vor heftiger schmertzempfindligkeit gar sterben. Aber wir wollen diese traurigen auf der königlichen burg las- sen/ und uns zum Josef begeben/ zu sehen/ was sich mit ihm in seinem Würtshause zuträget. Die Ismaelischen Kaufleute hatten nunmehr das Vierzehen tage hatte Josef bei diesem neuen würte ein
Der Aſſenat die koͤnigliche Fuͤrſtin Nitokris vernehmen. Dieſewolte vor unmuht baͤrſten/ vor hertzweh verſchmachten/ ja vor heftiger ſchmertzempfindligkeit gar ſterben. Aber wir wollen dieſe traurigen auf der koͤniglichen burg las- ſen/ und uns zum Joſef begeben/ zu ſehen/ was ſich mit ihm in ſeinem Wuͤrtshauſe zutraͤget. Die Ismaeliſchen Kaufleute hatten nunmehr das Vierzehen tage hatte Joſef bei dieſem neuen wuͤrte ein
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Der Aſſenat
die koͤnigliche Fuͤrſtin Nitokris vernehmen. Dieſe
wolte vor unmuht baͤrſten/ vor hertzweh verſchmachten/
ja vor heftiger ſchmertzempfindligkeit gar ſterben. Aber
wir wollen dieſe traurigen auf der koͤniglichen burg las-
ſen/ und uns zum Joſef begeben/ zu ſehen/ was ſich
mit ihm in ſeinem Wuͤrtshauſe zutraͤget.
Die Ismaeliſchen Kaufleute hatten nunmehr das
mittagsmahl gehalten/ und ſich albereit zur reiſe nach
Nubien faͤrtig gemacht. Die Kamehle ſtunden ſchon
gantz beladen/ und warden eben vor das tohr gefuͤhret/
als Muſai ſeine mitgefaͤhrten folgender geſtalt anre-
dete. Liebe Geſpanſchafter/ ſagte er/ weil wir itzund
nach Nubien zu ziehen gedenken/ da uns der ſchoͤne
Leibeigne nichts nuͤtze ſein wird/ ſo beduͤnkt mich/ daß
es das beſte ſei/ ihn alhier/ bis zu unſerer wiederkunft/
bei einem Kaufmanne zu laßen. Dan in Egipten wird
er uns mehr gelten/ als dort. Die Nubier kauffen ih-
re Leibeignen nur uͤm einen geringen preis. Waruͤm ſol-
len wir ihn dan mitſchleppen? Indem er alſo redete/
erboht ſich ein Egiptiſcher Kaufman/ welcher eben dar-
zu kahm und zu Memfis wohnete/ alſobald/ ihn ſo
lange zu ſich zu nehmen. Weil nun Muſai dieſen Kauf-
man viel jahre gekant/ und wohl wuſte/ daß ihr Leibeig-
ner bei ihm am beſten verwahret ſein wuͤrde; ſo ward
er ihm/ mit aller bewilligung/ uͤbergeben. Und alſo
nahm der Kaufman den truͤbſeeligen Joſef mit ſich in
ſein haus: da ihm iederman/ ſonderlich ſeine Frau
und Toͤchter ſehr freundſeelig begegneten.
Vierzehen tage hatte Joſef bei dieſem neuen wuͤrte
zugebracht/ als eine Hofjungfrau deſſelben Toͤchter
beſuchte. Dieſe war uͤberaus verwundert/ daß ſie den
ſchoͤnen Leibeigenen alhier fand. Ja ſie wuſte zuerſt
nicht/ ob ſie ihren augen gleuben duͤrfte. Daruͤm ſaß
ſie eine guhte weile faſt als ſtum; und eben als iemand/
der den wunderſtein Bet angeſehen. Naͤhrlich wolte
ein
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