Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.siebendes Buch. betrübteste zeitung. Ach! sagte er/ eure Söhne undTöchter aßen und trunken im hause ihres ältesten Bru- ders; da kahm ein großer sturmwind aus der Wild- nüs/ und sties so gewaltig auf die vier [e]kken des hau- ses/ das es über einen hauffen fiel/ und alle menschen erschlug/ bis auf mich/ der ich allein der gefahr ent- kommen. Weil nun dieser fromme Job sich dem Josef rent-
ſiebendes Buch. betruͤbteſte zeitung. Ach! ſagte er/ eure Soͤhne undToͤchter aßen und trunken im hauſe ihres aͤlteſten Bru- ders; da kahm ein großer ſturmwind aus der Wild- nuͤs/ und ſties ſo gewaltig auf die vier [e]kken des hau- ſes/ das es uͤber einen hauffen fiel/ und alle menſchen erſchlug/ bis auf mich/ der ich allein der gefahr ent- kommen. Weil nun dieſer fromme Job ſich dem Joſef rent-
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ſiebendes Buch.
betruͤbteſte zeitung. Ach! ſagte er/ eure Soͤhne und
Toͤchter aßen und trunken im hauſe ihres aͤlteſten Bru-
ders; da kahm ein großer ſturmwind aus der Wild-
nuͤs/ und ſties ſo gewaltig auf die vier ekken des hau-
ſes/ das es uͤber einen hauffen fiel/ und alle menſchen
erſchlug/ bis auf mich/ der ich allein der gefahr ent-
kommen.
Weil nun dieſer fromme Job ſich dem Joſef
nicht allein ſeiner Schweſter Dina wegen/ ſondern auch
von ſeinem Obergroßvater Abraham her/ deſſen Bru-
ders Nahors ſohn er war/ mit bluhtsfreundſchaft zu-
getahn befand; ſo ging ihm ſein ungluͤk ſehr nahe zu her-
tzen. Er erſchrak und entſetzte ſich ſo heftig uͤber dieſer
unvermuhteten zeitung/ daß er eine guhte weile kaum
reden konte. Ja als er vernahm/ daß dem frommen
Job des andern tages darauf noch ein fuͤnftes ungluͤk
zugeſtoßen/ und ſein gantzer leib uͤber und uͤber mit boͤ-
ſen blattern geſchlagen worden: da ward er noch viel-
mehr zum wehleiden bewegt. Ach! ſagte er/ geſchiehet
dieſes am gruͤhnen holtze/ was wird am duͤrren geſche-
hen? Job iſt ſchlecht und recht; er iſt Gottesfuͤrchtig;
er meidet das boͤſe: und hierinnen hat er ſeines gleichen
nicht. Gleichwohl hat ihm ein ſo gar großes ungluͤk be-
gegnen muͤſſen. Gleichwohl iſt ihm ein ſo unertraͤgli-
ches kreutz aufgelegt worden. Ach! wir arme Menſchen/
was ſeind wir? Mus der froͤmmeſte alſo leiden; was/
werde dan ich/ und einander/ die wir lange ſo from nicht
ſeind/ leiden muͤſſen? Doch was wil ich ſagen? Es iſt
ein zeichen/ daß Gott ihn hertzlich liebet; weil er ihn ſo
vaͤterlich zuͤchtiget. Dan es iſt einmahl gewis/ daß wir
ſchweerlich anders/ als durch viel truͤbſaal/ und zeitli-
ches leiden/ zur ewigen freude gelangen koͤnnen. So
mus es ſein. Darzu ſeind wir in dieſer zeitligkeit be-
ſtimt. Ich habe das meinige auch erfahren. Meine
ſeelige Liebſte hat kreutzes und leidens genug/ und ich ih-
rent-
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Zitationshilfe: | Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670, S. 333. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/357>, abgerufen am 28.07.2024. |