Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.erstes Buch. dem Könige geschenbet werden. Aus dessen hand wirdmich niemand erretten. Meine leibeigenschaft wird währen/ so lange ich lebe. Wo seind nun meine treu- me/ die mir so viel glükkes und ehre bedeuten solten? Ach! wie ist ihre bedeutung verschwunden? Meine ein- bildung hat mich betrogen. Meine hofnung ist nun zer- runnen. Ich gedachte zu herrschen: aber nun sehe ich/ daß ich ewig werde dienen müssen. Ach weh mir! daß sich das blat also verkehret. Möchte ich doch nur ewig dienstbar sein in meines Vaters hause! Möchten doch nur meine Brüder ewig über mich herschen! Ach! wie wohl solte mir sein. Aber nun mus ich dienen in der fremde. Fremde werden ihre grausamkeit über mich ausschütten. Ach weh mir! ach weh mir! ach weh/ und immer weh! In solchen trübseeligen gedanken brachte er die er- A v
erſtes Buch. dem Koͤnige geſchenbet werden. Aus deſſen hand wirdmich niemand erretten. Meine leibeigenſchaft wird waͤhren/ ſo lange ich lebe. Wo ſeind nun meine treu- me/ die mir ſo viel gluͤkkes und ehre bedeuten ſolten? Ach! wie iſt ihre bedeutung verſchwunden? Meine ein- bildung hat mich betrogen. Meine hofnung iſt nun zer- runnen. Ich gedachte zu herꝛſchen: aber nun ſehe ich/ daß ich ewig werde dienen muͤſſen. Ach weh mir! daß ſich das blat alſo verkehret. Moͤchte ich doch nur ewig dienſtbar ſein in meines Vaters hauſe! Moͤchten doch nur meine Bruͤder ewig uͤber mich herſchen! Ach! wie wohl ſolte mir ſein. Aber nun mus ich dienen in der fremde. Fremde werden ihre grauſamkeit uͤber mich ausſchuͤtten. Ach weh mir! ach weh mir! ach weh/ und immer weh! In ſolchen truͤbſeeligen gedanken brachte er die er- A v
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erſtes Buch.
dem Koͤnige geſchenbet werden. Aus deſſen hand wird
mich niemand erretten. Meine leibeigenſchaft wird
waͤhren/ ſo lange ich lebe. Wo ſeind nun meine treu-
me/ die mir ſo viel gluͤkkes und ehre bedeuten ſolten?
Ach! wie iſt ihre bedeutung verſchwunden? Meine ein-
bildung hat mich betrogen. Meine hofnung iſt nun zer-
runnen. Ich gedachte zu herꝛſchen: aber nun ſehe ich/
daß ich ewig werde dienen muͤſſen. Ach weh mir! daß
ſich das blat alſo verkehret. Moͤchte ich doch nur ewig
dienſtbar ſein in meines Vaters hauſe! Moͤchten doch
nur meine Bruͤder ewig uͤber mich herſchen! Ach! wie
wohl ſolte mir ſein. Aber nun mus ich dienen in der
fremde. Fremde werden ihre grauſamkeit uͤber mich
ausſchuͤtten. Ach weh mir! ach weh mir! ach weh/
und immer weh!
In ſolchen truͤbſeeligen gedanken brachte er die
gantze nacht zu. Er ſtund zwar auf/ ſo bald der tag an-
gebrochen/ in willens/ im garten hinter dem hauſe/ ſei-
nen unmuht ein wenig zu vertreiben. Aber die ſchweer-
muht/ und die angſt ſeines hertzens folgeten ihm uͤberal
nach. Nirgend fand er ruhe. Nirgend wuſte er troſt
zu ſuchen. Alle uhrweſen ſchienen ihm zuwider. Alle ge-
ſchoͤpfe ſchienen ihn verlaßen zu haben. Nur allein die
Beume ſtelleten ſich mitleidendlich an. Alſo lies er ſich
beduͤnken. Alſo ſchlos er aus ihren abhangenden blaͤt-
tern. Alſo urteilete er aus ihren niedergebogenen zwei-
gen. Was er alhier ferner vor gedanken hatte/ iſt eher
zu errahten/ als aus zu ſprechen. Zuletzt begunte ihm
dieſer luſtort ſeine unluſt noch mehr zu heuffen. Und
daruͤm eilete er wieder hinaus. Aber im ausgehen
kahm ihm einer von den Iſmaelern entgegen. Auf!
ſprach er mit harter ſtimme/ auf! und mache dich flugs
faͤrtig. Itzund ſoltu dem Koͤnige uͤbergeben werden.
Dieſes wort Koͤnig war ihm als ein donner zu hoͤren.
Es gieng ihm als ein donnerkeul durchs hertze. Ja es
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