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Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.

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Der Assenat
nen mit einer gewaltigen macht. Man schlug sie zum
Reiche hinaus. Ihr Feldherr ward gefangen. Den
stelte Josef/ ohne einiges lösegeld/ auf freien fuß.
Darzu verehrte er ihm eine zimliche mänge getreides.
Darzu vergönte er allen Arabern ein sicheres geleite.
Sie mochten frei und ungehindert in Egipten kom-
men/ getreide zu kauffen. Aber nicht mehr als hundert
auf ein mahl. Hetten sie kein geld mehr/ so möchten
sie vieh bringen. Kein lebensvorraht solte ihnen gewei-
gert werden. Durch solche freigebigkeit und vergünsti-
gung/ begühtigte Josef diese wilden Völker dermas-
sen/ daß sie sich überaus friedlich erzeigten. Ja sie
schätzten sich glüklich/ daß man ihnen lebensmittel/ vor
geld oder geldeswährt/ zukommen liesse.

Inmittelst wuchs die Teurung immer mehr und
mehr an. Die hungersnoht ward ie länger ie grösser.
Kein geld/ noch andere sachen/ die man zu gelde ma-
chen konte/ getreide zu kauffen/ waren mehr vor han-
den. Die Egipter schrien üm broht. Sollen wir/
nun/ sagten sie zum Schaltkönige/ vor hunger sterben/
weil wir kein geld haben? Josef antwortete: schaffet
euer vieh her. Da brachten sie das vieh: und er gab ih-
nen broht üm ihre pferde/ schafe/ rinder und esel. Al-
so ernährete er sie dasselbe jahr/ üm alles vieh/ das sie
hatten/ mit brohte. Da nun dieses vierde jahr üm
war/ kahmen sie im fünften wieder zu ihm. Wir kön-
nen/ sagten sie/ unsrem Herrn nicht verhalten/ daß alles
geld und alles vieh hin ist zu unsrem Herrn. Nun haben
wir für ihn nichts mehr übrig/ als nur unsre leiber und
unsre felder. Warüm sollen wir sterben für unsrem Her-
ren? Er kauffe uns und unser land/ und gebe uns broht
und saamen. Wir und unser land wollen dem Könige
leibeigen sein: damit wir leben und nicht sterben/ auch
unser feld nicht veröde. Also kaufte Josef dem Köni-
ge das gantze Egipten. Dan die Egipter/ weil die

hun-

Der Aſſenat
nen mit einer gewaltigen macht. Man ſchlug ſie zum
Reiche hinaus. Ihr Feldherꝛ ward gefangen. Den
ſtelte Joſef/ ohne einiges loͤſegeld/ auf freien fuß.
Darzu verehrte er ihm eine zimliche maͤnge getreides.
Darzu vergoͤnte er allen Arabern ein ſicheres geleite.
Sie mochten frei und ungehindert in Egipten kom-
men/ getreide zu kauffen. Aber nicht mehr als hundert
auf ein mahl. Hetten ſie kein geld mehr/ ſo moͤchten
ſie vieh bringen. Kein lebensvorraht ſolte ihnen gewei-
gert werden. Durch ſolche freigebigkeit und verguͤnſti-
gung/ beguͤhtigte Joſef dieſe wilden Voͤlker dermas-
ſen/ daß ſie ſich uͤberaus friedlich erzeigten. Ja ſie
ſchaͤtzten ſich gluͤklich/ daß man ihnen lebensmittel/ vor
geld oder geldeswaͤhrt/ zukommen lieſſe.

Inmittelſt wuchs die Teurung immer mehr und
mehr an. Die hungersnoht ward ie laͤnger ie groͤſſer.
Kein geld/ noch andere ſachen/ die man zu gelde ma-
chen konte/ getreide zu kauffen/ waren mehr vor han-
den. Die Egipter ſchrien uͤm broht. Sollen wir/
nun/ ſagten ſie zum Schaltkoͤnige/ vor hunger ſterben/
weil wir kein geld haben? Joſef antwortete: ſchaffet
euer vieh her. Da brachten ſie das vieh: und er gab ih-
nen broht uͤm ihre pferde/ ſchafe/ rinder und eſel. Al-
ſo ernaͤhrete er ſie daſſelbe jahr/ uͤm alles vieh/ das ſie
hatten/ mit brohte. Da nun dieſes vierde jahr uͤm
war/ kahmen ſie im fuͤnften wieder zu ihm. Wir koͤn-
nen/ ſagten ſie/ unſrem Herꝛn nicht verhalten/ daß alles
geld und alles vieh hin iſt zu unſrem Herꝛn. Nun haben
wir fuͤr ihn nichts mehr uͤbrig/ als nur unſre leiber und
unſre felder. Waruͤm ſollen wir ſterben fuͤr unſrem Her-
ren? Er kauffe uns und unſer land/ und gebe uns broht
und ſaamen. Wir und unſer land wollen dem Koͤnige
leibeigen ſein: damit wir leben und nicht ſterben/ auch
unſer feld nicht veroͤde. Alſo kaufte Joſef dem Koͤni-
ge das gantze Egipten. Dan die Egipter/ weil die

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[288/0312] Der Aſſenat nen mit einer gewaltigen macht. Man ſchlug ſie zum Reiche hinaus. Ihr Feldherꝛ ward gefangen. Den ſtelte Joſef/ ohne einiges loͤſegeld/ auf freien fuß. Darzu verehrte er ihm eine zimliche maͤnge getreides. Darzu vergoͤnte er allen Arabern ein ſicheres geleite. Sie mochten frei und ungehindert in Egipten kom- men/ getreide zu kauffen. Aber nicht mehr als hundert auf ein mahl. Hetten ſie kein geld mehr/ ſo moͤchten ſie vieh bringen. Kein lebensvorraht ſolte ihnen gewei- gert werden. Durch ſolche freigebigkeit und verguͤnſti- gung/ beguͤhtigte Joſef dieſe wilden Voͤlker dermas- ſen/ daß ſie ſich uͤberaus friedlich erzeigten. Ja ſie ſchaͤtzten ſich gluͤklich/ daß man ihnen lebensmittel/ vor geld oder geldeswaͤhrt/ zukommen lieſſe. Inmittelſt wuchs die Teurung immer mehr und mehr an. Die hungersnoht ward ie laͤnger ie groͤſſer. Kein geld/ noch andere ſachen/ die man zu gelde ma- chen konte/ getreide zu kauffen/ waren mehr vor han- den. Die Egipter ſchrien uͤm broht. Sollen wir/ nun/ ſagten ſie zum Schaltkoͤnige/ vor hunger ſterben/ weil wir kein geld haben? Joſef antwortete: ſchaffet euer vieh her. Da brachten ſie das vieh: und er gab ih- nen broht uͤm ihre pferde/ ſchafe/ rinder und eſel. Al- ſo ernaͤhrete er ſie daſſelbe jahr/ uͤm alles vieh/ das ſie hatten/ mit brohte. Da nun dieſes vierde jahr uͤm war/ kahmen ſie im fuͤnften wieder zu ihm. Wir koͤn- nen/ ſagten ſie/ unſrem Herꝛn nicht verhalten/ daß alles geld und alles vieh hin iſt zu unſrem Herꝛn. Nun haben wir fuͤr ihn nichts mehr uͤbrig/ als nur unſre leiber und unſre felder. Waruͤm ſollen wir ſterben fuͤr unſrem Her- ren? Er kauffe uns und unſer land/ und gebe uns broht und ſaamen. Wir und unſer land wollen dem Koͤnige leibeigen ſein: damit wir leben und nicht ſterben/ auch unſer feld nicht veroͤde. Alſo kaufte Joſef dem Koͤni- ge das gantze Egipten. Dan die Egipter/ weil die hun-

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Zitationshilfe: Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670, S. 288. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/312>, abgerufen am 12.05.2024.