Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.

Bild:
<< vorherige Seite

sechstes Buch.
nig sie fordern liesse/ und fragte: was ihr tuhn und ge-
werbe sei? solten sie antworten: daß sie leute weren/ die
gewohnet mit Vieh ümzugehen/ eben wie ihre Väter
getahn. Dan er wolte gern/ daß sie/ im lande Gessen/
sämtlich beieinander allein und absonderlich wohnen
möchten; weil alle Viehhürten/ und die das Vieh
schlachteten/ den Egiptern/ die es vor Götter hielten/
ein greuel weren.

Hierauf begab sich Josef straks zum Könige/ und
sagte ihm solches an. Auch baht er zugleich/ daß der
König seinen Brüdern/ weil sie mit der viehzucht sich
nähreten/ vergönnen möchte im lande Gessen zu woh-
nen. Dan alda war eine fette viehweide/ eine rechte
schmaltzgrube. Alda hatte Josef und Assenat viel
eigene liegende gründe. Zudem gehöhrete das gantze
land ohne das seiner Gemahlin Vater/ als Heliopel-
schem Ertzbischoffe/ zu. Kein besseres und gelegneres
hetten sie wündschen können/ als dieses; da sie von al-
len Egiptern abgesondert wohnen/ und ihr tuhn und
wesen allein haben mochten. Also konte sich kein unwil-
le unter beiden erregen. Also konten sie die Egipter/
welche kein vieh mochten schlachten sehen/ nicht ärgern.

Straks darnach führete Josef auch fünf seiner
jüngsten Brüder zum Könige: welcher sie sehr freund-
lich empfing. Von stunden an fragte er: was ihre nah-
rung sei? Sie antworteten: des Königes knechte ge-
hen mit Vieh üm/ wie unsere Väter getahn. Wir
seind kommen alhier zu wohnen. Dan im lande Ka-
naan
war nichts/ als misgewachs/ zu finden: und wir
hatten kein futter mehr vor unsere heerden: so hart drük-
ten die misjahre das land. Darüm bitten wir unter-
tähnigst/ daß der König im lande Gessen seinen knech-
tenzu wohnen vergönne. Hierauf wendete sich der Kö-
nig nach Josef zu. Es ist euer Vater/ sagt er/ und es
seind eure Brüder/ die zu euch seind kommen. Das

gantze

ſechſtes Buch.
nig ſie fordern lieſſe/ und fragte: was ihr tuhn und ge-
werbe ſei? ſolten ſie antworten: daß ſie leute weren/ die
gewohnet mit Vieh uͤmzugehen/ eben wie ihre Vaͤter
getahn. Dan er wolte gern/ daß ſie/ im lande Geſſen/
ſaͤmtlich beieinander allein und abſonderlich wohnen
moͤchten; weil alle Viehhuͤrten/ und die das Vieh
ſchlachteten/ den Egiptern/ die es vor Goͤtter hielten/
ein greuel weren.

Hierauf begab ſich Joſef ſtraks zum Koͤnige/ und
ſagte ihm ſolches an. Auch baht er zugleich/ daß der
Koͤnig ſeinen Bruͤdern/ weil ſie mit der viehzucht ſich
naͤhreten/ vergoͤnnen moͤchte im lande Geſſen zu woh-
nen. Dan alda war eine fette viehweide/ eine rechte
ſchmaltzgrube. Alda hatte Joſef und Aſſenat viel
eigene liegende gruͤnde. Zudem gehoͤhrete das gantze
land ohne das ſeiner Gemahlin Vater/ als Heliopel-
ſchem Ertzbiſchoffe/ zu. Kein beſſeres und gelegneres
hetten ſie wuͤndſchen koͤnnen/ als dieſes; da ſie von al-
len Egiptern abgeſondert wohnen/ und ihr tuhn und
weſen allein haben mochten. Alſo konte ſich kein unwil-
le unter beiden erregen. Alſo konten ſie die Egipter/
welche kein vieh mochten ſchlachten ſehen/ nicht aͤrgern.

Straks darnach fuͤhrete Joſef auch fuͤnf ſeiner
juͤngſten Bruͤder zum Koͤnige: welcher ſie ſehr freund-
lich empfing. Von ſtunden an fragte er: was ihre nah-
rung ſei? Sie antworteten: des Koͤniges knechte ge-
hen mit Vieh uͤm/ wie unſere Vaͤter getahn. Wir
ſeind kommen alhier zu wohnen. Dan im lande Ka-
naan
war nichts/ als misgewachs/ zu finden: und wir
hatten kein futter mehr vor unſere heerden: ſo hart druͤk-
ten die misjahre das land. Daruͤm bitten wir unter-
taͤhnigſt/ daß der Koͤnig im lande Geſſen ſeinen knech-
tenzu wohnen vergoͤnne. Hierauf wendete ſich der Koͤ-
nig nach Joſef zu. Es iſt euer Vater/ ſagt er/ und es
ſeind eure Bruͤder/ die zu euch ſeind kommen. Das

gantze
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0309" n="285"/><fw place="top" type="header">&#x017F;ech&#x017F;tes Buch.</fw><lb/>
nig &#x017F;ie fordern lie&#x017F;&#x017F;e/ und fragte: was ihr tuhn und ge-<lb/>
werbe &#x017F;ei? &#x017F;olten &#x017F;ie antworten: daß &#x017F;ie leute weren/ die<lb/>
gewohnet mit Vieh u&#x0364;mzugehen/ eben wie ihre Va&#x0364;ter<lb/>
getahn. Dan er wolte gern/ daß &#x017F;ie/ im lande <hi rendition="#fr">Ge&#x017F;&#x017F;en/</hi><lb/>
&#x017F;a&#x0364;mtlich beieinander allein und ab&#x017F;onderlich wohnen<lb/>
mo&#x0364;chten; weil alle Viehhu&#x0364;rten/ und die das Vieh<lb/>
&#x017F;chlachteten/ den <hi rendition="#fr">Egiptern/</hi> die es vor Go&#x0364;tter hielten/<lb/>
ein greuel weren.</p><lb/>
        <p>Hierauf begab &#x017F;ich <hi rendition="#fr">Jo&#x017F;ef</hi> &#x017F;traks zum Ko&#x0364;nige/ und<lb/>
&#x017F;agte ihm &#x017F;olches an. Auch baht er zugleich/ daß der<lb/>
Ko&#x0364;nig &#x017F;einen Bru&#x0364;dern/ weil &#x017F;ie mit der viehzucht &#x017F;ich<lb/>
na&#x0364;hreten/ vergo&#x0364;nnen mo&#x0364;chte im lande <hi rendition="#fr">Ge&#x017F;&#x017F;en</hi> zu woh-<lb/>
nen. Dan alda war eine fette viehweide/ eine rechte<lb/>
&#x017F;chmaltzgrube. Alda hatte <hi rendition="#fr">Jo&#x017F;ef</hi> und <hi rendition="#fr">A&#x017F;&#x017F;enat</hi> viel<lb/>
eigene liegende gru&#x0364;nde. Zudem geho&#x0364;hrete das gantze<lb/>
land ohne das &#x017F;einer Gemahlin Vater/ als Heliopel-<lb/>
&#x017F;chem Ertzbi&#x017F;choffe/ zu. Kein be&#x017F;&#x017F;eres und gelegneres<lb/>
hetten &#x017F;ie wu&#x0364;nd&#x017F;chen ko&#x0364;nnen/ als die&#x017F;es; da &#x017F;ie von al-<lb/>
len <hi rendition="#fr">Egiptern</hi> abge&#x017F;ondert wohnen/ und ihr tuhn und<lb/>
we&#x017F;en allein haben mochten. Al&#x017F;o konte &#x017F;ich kein unwil-<lb/>
le unter beiden erregen. Al&#x017F;o konten &#x017F;ie die <hi rendition="#fr">Egipter/</hi><lb/>
welche kein vieh mochten &#x017F;chlachten &#x017F;ehen/ nicht a&#x0364;rgern.</p><lb/>
        <p>Straks darnach fu&#x0364;hrete <hi rendition="#fr">Jo&#x017F;ef</hi> auch fu&#x0364;nf &#x017F;einer<lb/>
ju&#x0364;ng&#x017F;ten Bru&#x0364;der zum Ko&#x0364;nige: welcher &#x017F;ie &#x017F;ehr freund-<lb/>
lich empfing. Von &#x017F;tunden an fragte er: was ihre nah-<lb/>
rung &#x017F;ei? Sie antworteten: des Ko&#x0364;niges knechte ge-<lb/>
hen mit Vieh u&#x0364;m/ wie un&#x017F;ere Va&#x0364;ter getahn. Wir<lb/>
&#x017F;eind kommen alhier zu wohnen. Dan im lande <hi rendition="#fr">Ka-<lb/>
naan</hi> war nichts/ als misgewachs/ zu finden: und wir<lb/>
hatten kein futter mehr vor un&#x017F;ere heerden: &#x017F;o hart dru&#x0364;k-<lb/>
ten die misjahre das land. Daru&#x0364;m bitten wir unter-<lb/>
ta&#x0364;hnig&#x017F;t/ daß der Ko&#x0364;nig im lande <hi rendition="#fr">Ge&#x017F;&#x017F;en</hi> &#x017F;einen knech-<lb/>
tenzu wohnen vergo&#x0364;nne. Hierauf wendete &#x017F;ich der Ko&#x0364;-<lb/>
nig nach <hi rendition="#fr">Jo&#x017F;ef</hi> zu. Es i&#x017F;t euer Vater/ &#x017F;agt er/ und es<lb/>
&#x017F;eind eure Bru&#x0364;der/ die zu euch &#x017F;eind kommen. Das<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">gantze</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[285/0309] ſechſtes Buch. nig ſie fordern lieſſe/ und fragte: was ihr tuhn und ge- werbe ſei? ſolten ſie antworten: daß ſie leute weren/ die gewohnet mit Vieh uͤmzugehen/ eben wie ihre Vaͤter getahn. Dan er wolte gern/ daß ſie/ im lande Geſſen/ ſaͤmtlich beieinander allein und abſonderlich wohnen moͤchten; weil alle Viehhuͤrten/ und die das Vieh ſchlachteten/ den Egiptern/ die es vor Goͤtter hielten/ ein greuel weren. Hierauf begab ſich Joſef ſtraks zum Koͤnige/ und ſagte ihm ſolches an. Auch baht er zugleich/ daß der Koͤnig ſeinen Bruͤdern/ weil ſie mit der viehzucht ſich naͤhreten/ vergoͤnnen moͤchte im lande Geſſen zu woh- nen. Dan alda war eine fette viehweide/ eine rechte ſchmaltzgrube. Alda hatte Joſef und Aſſenat viel eigene liegende gruͤnde. Zudem gehoͤhrete das gantze land ohne das ſeiner Gemahlin Vater/ als Heliopel- ſchem Ertzbiſchoffe/ zu. Kein beſſeres und gelegneres hetten ſie wuͤndſchen koͤnnen/ als dieſes; da ſie von al- len Egiptern abgeſondert wohnen/ und ihr tuhn und weſen allein haben mochten. Alſo konte ſich kein unwil- le unter beiden erregen. Alſo konten ſie die Egipter/ welche kein vieh mochten ſchlachten ſehen/ nicht aͤrgern. Straks darnach fuͤhrete Joſef auch fuͤnf ſeiner juͤngſten Bruͤder zum Koͤnige: welcher ſie ſehr freund- lich empfing. Von ſtunden an fragte er: was ihre nah- rung ſei? Sie antworteten: des Koͤniges knechte ge- hen mit Vieh uͤm/ wie unſere Vaͤter getahn. Wir ſeind kommen alhier zu wohnen. Dan im lande Ka- naan war nichts/ als misgewachs/ zu finden: und wir hatten kein futter mehr vor unſere heerden: ſo hart druͤk- ten die misjahre das land. Daruͤm bitten wir unter- taͤhnigſt/ daß der Koͤnig im lande Geſſen ſeinen knech- tenzu wohnen vergoͤnne. Hierauf wendete ſich der Koͤ- nig nach Joſef zu. Es iſt euer Vater/ ſagt er/ und es ſeind eure Bruͤder/ die zu euch ſeind kommen. Das gantze

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/309
Zitationshilfe: Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670, S. 285. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/309>, abgerufen am 12.05.2024.